Moderne Produktionsanlagen in Branchen wie Chemie, Petrochemie, Pharmazie, Öl- und Gasversorgung sind hochkomplex und einer Vielzahl von Gefährdungen ausgesetzt. Tanks, Behälter, Rohrleitungen und Verbindungselemente sind oftmals für den Laien unvorstellbaren Drücken und Temperaturen ausgesetzt, unter denen unsere täglichen Produkte – beispielsweise Kunststoffe – hergestellt werden. Die Drücke und Temperaturen müssen jederzeit beherrscht werden, Dabei helfen Experimente, die Sicherheit nachzuweisen. Die Absicherung solcher Anlagen ist deshalb längst eine Wissenschaft für sich geworden und wird von hochspezialisierten Instituten wie dem CSE Center of Safety Excellence erforscht, entwickelt und vorangetrieben. Das Fraunhofer ICT ist u.a. Spezialist für verfahrenstechnische Fragestellungen bei hohen Drücken. Dies war letztlich auch der Anschub für die Kooperation beider Partner und den Bau der Anlage durch das CSE Center of Safety Excellence auf dem Gelände und mit Unterstützung des Fraunhofer ICT.
Ein zentraler Aspekt der Absicherung ist die exakte Prüfung von sicherheitstechnischen Einrichtungen. Allerdings stehen bisher weltweit nur wenige Versuchsanlagen zur Verfügung, die es mit den extrem hohen Drücken und gewaltigen Leitungsdurchmessern heutiger Anlagen aufnehmen können. Genau dafür wurde der „HIGH PRESSURE LOOP“ entwickelt. „In unseren Versuchsanlagen werden wir mit Drücken bis zu 3400 bar und Durchmessern von bis zu 1,4 Metern testen können.“ erläutert CSE-Institutsleiter und Geschäftsführer Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schmidt. „Solche Dimensionen sind weltweit eine Rarität. Wir sind sehr stolz, dass wir für die vielen industriellen Hochdruck-Produktionsanlagen nun einen Versuchskreislauf für Sicherheitsforschung und Entwicklung auf dem neuesten Stand der Technik anbieten können. Ohne die Förderung des CSE Center of Safety Excellence durch viele Unternehmen und Einrichtungen, insbesondere der Irene und Friedrich Vorwerk Stiftung, wäre dies sicher nicht möglich gewesen.“
Für den Laien vorstellbar werden Drücke in solchen Größenordnungen erst durch den Vergleich: Im Marianengraben, der mit rund 11000 Metern tiefsten Stelle im Pazifischen Ozean, herrschen gerade einmal 1070 bar Druck vor. Vergleichbare und auch höhere Drücke werden beispielsweise bei der Produktion von Polymeren oder synthetischen Wachsen benötigt. Sie stellen entsprechend extreme Anforderungen an die Anlagensicherheit.
„Im HIGH PRESSURE LOOP werden zukünftig unterschiedlichste Funktions- und Leistungstest im Hoch- und Niederdruckbereich durchgeführt“ sagt Armin Keßler, Projektleiter des Centers am Fraunhofer ICT. Weiterhin kann ein breites Spektrum an Armaturentests abgedeckt werden, beispielsweise für Sicherheitsventile, Berstscheiben, Klappen, Stellventile, Blenden und Düsen. Der Versuchskreislauf soll vom National Board in den USA (ASME) und vom TÜV zertifiziert werden. Durch die Zertifizierung wird die Messgenauigkeit des Prüfstands belegt und auch die Kalibrierung von sicherheitstechnischen Messgeräten ermöglicht.
Im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Anlage wird in zwei spektakulären Versuchen demonstriert, welche Kräfte selbst in niedrigen Drucksituationen entstehen. Für eine spannende Unterhaltung der Gäste ist also gesorgt.
Das CSE Center of Safety Excellence ist ein hochspezialisierter Partner für Forschung, Entwicklung und Lehre in der Prozess- und Anlagensicherheit. Das CSE-Institut schlägt als gemeinnütziges Unternehmen mittlerweile im fünften Jahr die Brücke von der universitären Forschung und Lehre zu den konkreten sicherheitstechnischen Anforderungen in der Industrie. „Die Sicherheit der technischen Anlagen von Morgen wird am CSE-Institut erforscht und getestet“, so Prof. Dr. Jürgen Schmidt. Dabei ist die Absicherung von Anlagen längst nicht mehr statisch: Sicherheit entwickelt sich dynamisch weiter, insbesondere im Umfeld von Industrie 4.0.