Winzige Dimensionen, große Wirkung - Nano-Partikel verfügen über ein besonders großes Verhältnis von Oberfläche zu Volumen. Das macht sie äußerst effizient und reaktiv. Es reichen schon geringe Mengen aus, um große Wirkungen zu erzielen. Diesen Effekt nutzen Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT in Pfinztal bei Karlsruhe für neuartige Beschichtungen. Dazu arbeiten sie Nano-Wirkstoffe in Polymersysteme ein. Diese Schichten lassen sich einfach wie Farbe oder Lacke auftragen.
Nano-Partikel fein in Polymere verteilen
»Die besonderen Eigenschaften der Nano-Komposite können sich jedoch nur entfalten, wenn sich die Partikel nicht anhäufen und eine Agglomeration vermieden wird«, erläutert Helmut Schmid vom Fraunhofer ICT. Der Wissenschaftler entwickelte gemeinsam mit Instituts-Kollegen ein Verfahren, mit dem sich Nano-Partikel gleichmäßig in der Polymermatrix verteilen lassen. »Die Integration der Nano-Materialien in das Kunststoff-System dient darüber hinaus auch der Sicherheit. Denn die Bindungskräfte verhindern, dass einzelne Nano-Partikel unkontrolliert freigesetzt werden«, erläutert Schmid. »Das kann man mit Hilfe der Spurenanalytik nachweisen, die Stoffe in sehr geringen Konzentrationen erfasst.«
Das Verfahren ist hochflexibel und für die Verarbeitung unterschiedlichster Nano-Materialien geeignet. Weitere Vorteile: Die winzigen Werkstoffe lassen sich sogar in umweltfreundliche, wasserbasierte Kunststoff-Systeme einbinden, die kaum flüchtige organische Verbindungen freisetzen. Diese Beschichtungen können ohne vorherige Grundierung (Primer) direkt aufgetragen werden - Experten bezeichnen das als »direct-to-metal«. Die Schichten verhindern zudem, dass Sauerstoff an das Metall gelangt und schützen so vor Korrosion.
Energie sparen mit Farbwechsel
In einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt arbeiteten ICT-Forscher gemeinsam mit Industrie-Partnern an neuartigen Nano-Schichten für Metalldrähte und Bänder. Dabei entwickelten die Experten schaltbare, thermochrome Beschichtungen, die je nach Temperatur ihre Farbe ändern und so entweder Wärme absorbieren oder zurückstrahlen. »Werden Metallbänder damit versehen, verfügen sie über ganz besondere Eigenschaften: Liegen die Temperaturen unter 30° Celsius, nimmt die schwarze Schicht Wärme auf. Wird es allerdings heißer, ändert sich die Farbe. Der nun transparente Lack reflektiert die Infrarot-Strahlen«, erklärt Schmid. So beschichtete Bänder und Drähte sind für Anwendungen in der Architektur interessant. Sie lassen sich verweben und als »wärmeregulierende« Außen-Verkleidung von Wänden und Fassaden nutzen. Sie helfen, die Gebäude passiv zu klimatisieren und so die Betriebskosten zu senken. Die Forscher arbeiten noch an weiteren Nano-Systemen wie etwa Beschichtungen mit Lumineszenz-Eigenschaften. Solche Effekte sind zum Beispiel für Sicherheitsmarkierungen interessant. Sie können aber auch helfen, Marken-Produkte eindeutig von Raubkopien zu unterscheiden, da die Plagiate nicht über solche leuchtenden Nanoschichten verfügen.
Metall- und Kohlenstoff-Nanoschichten für Partikel und Pulver
Auf Nanotechnologie setzen auch Forscherinnen und Forscher vom Anwendungszentrum für Plasma und Photonik des Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik IST. Sie funktionalisieren Partikel mit Kohlenstoff- oder Metallschichten. Interessant sind spezifische Partikel, die mit einer 1-2 Nanometer dünnen Kohlenstoffschicht ummantelt und so elektrisch leitfähiger werden, für den Einsatz in Lithium-Ionen-Batterien. Die Leistung der Batterien wird auf diese Weise optimiert.
Beschichtete Mikropartikel haben weitere Vorteile: Umhüllt man zum Beispiel Edelstahlpartikel mit Titannitrid oder Kupfer, agglomeriert das Material nicht mehr. Mit dem so aufbereiteten Pulver lassen sich dann temperaturempfindliche Materialien wie Kunststoff oder Papier metallisieren. Aber wie lassen sich dünne Metallschichten homogen auf dreidimensionalen Oberflächen erzeugen? Die IST-Wissenschaftler setzen hierfür das Plasma-Sprühen ein. Dabei werden zum Beispiel Edelstahlpartikel in einem Plasma bei Atmosphärendruck thermisch aktiviert und schlagen sich als Metallfilm auf dem zu beschichtenden Material nieder.
Auf der Hannover-Messe stellen die Fraunhofer-Forscher diese und weitere Ergebnisse auf dem Gemeinschaftsstand »Erfolgsfaktor Oberfläche« in Halle 3 vor.