50.000 Menschen fliehen in Panik zu Zügen, Parkplätzen und eingerichteten Sicherheitszonen - dies ist ein regelrechtes Horrorszenario für jedwede Zivilschutz-Organisation. Für die Entwickler von Evakuierungsplänen und Leitsystemen, die auch im Katastrophenfall greifen, gilt es daher zunächst folgende Fragen zu beachten: Wer läuft wo hin? Welche Wege werden bevorzugt? Wo ist ein sicherer Fluchtpunkt?
Für eine realitätsnahe Simulation brauchen die Forscher daher zunächst die echten Bewegungsdaten und Laufwege von Menschen. Daran arbeiten im Rahmen von REPKA gemeinsam die Projektpartner Technische Universität Kaiserslautern, der Arbeitskreis Notfallmanagement und Katastrophenschutz der Stadt Kaiserslautern, Fraunhofer IIS, IT2media und Siemens. Im Mittelpunkt dabei: Die Evakuierung selbst und die Situation, die sich ergibt, wenn eine große Menschenmenge ein Gebäude bereits verlassen hat und dann weiter in Sicherheit gebracht werden soll
Nahtlos lokalisieren mit WLAN, GPS und GSM
Da ohnehin fast jeder ein Handy oder Smartphone dabei hat, bietet es sich an, die Daten über eine robuste Lokalisierungstechnologie für Mobiltelefone zu erhalten. Hier kommt awiloc ins Spiel, eine Technologie des Fraunhofer IIS zur autarken Positionsbestimmung in Städten und Gebäuden, die im Rahmen des Forschungsprojektes REPKA die Ortung über WLAN, GPS und Mobilfunk kombiniert. Von autark spricht man, da die Position ohne Datenkommunikation direkt auf dem mobilen Endgerät berechnet wird. Diese gegen Ausfälle und Netzüberlastung robuste Lokalisierungstechnologie für mobile Endgeräte ermöglicht auch im Ernstfall ein Leitsystem, das Menschen helfen kann, einen sicheren Fluchtpunkt zu erreichen - und das auch unter Berücksichtigung personenspezifischer Bedürfnisse (z. B. durch eine Behinderung). Dieses vom Projektpartner IT2media auf Basis der Geoinformationssysteme von Map and Route geplante, individuelle Leitsystem ermöglicht darüber hinaus auf Basis der awiloc-Technologie u. a. die Aussendung eines Hilferufs mit Übertragung der eigenen Position, Bereitstellung von nützlichen lokalen Zusatzinformationen und das Treffen mit Freunden und Familie außerhalb der Gefahrenzone.
Innovationen und Anwendungen
In einer groß angelegten Evakuierungsübung, die für 2011 geplant ist, sollen die Bewegungsdaten im Umfeld des Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern gewonnen werden. Am Ende stehen damit die Basisdaten für eine Softwarebibliothek zur Verfügung, mit deren Hilfe die Einsatzkräfte für viele mögliche Szenarien im Voraus planen und üben können.
Die Forschung zur regionalen Evakuierung knüpft an entsprechende Ergebnisse aus der Gebäudeevakuierung an und schließt damit eine wichtige Sicherheitslücke, denn die Evakuierung von Regionen wurde bisher vernachlässigt. Begleitend werden die technischen Innovationen auf ihre Verständlichkeit und Akzeptanz hin überprüft und eine sozialwissenschaftlich orientierte Angst- und Panikforschung durchgeführt. Die Einbeziehung aller am Szenario beteiligten Personen ist das entscheidende Merkmal des Projekts. So entsteht keine Einzellösung, sondern eine ganzheitliche Systeminnovation. Gefördert wird REPKA durch das BMBF im Rahmen des Forschungsprogramms »Forschung für die zivile Sicherheit«. Wie REPKA zukünftig hilft, in einer Gefahrensituation an einen sicheren Ort zu kommen, können Besucher auf der CeBIT 2010 in Halle 9, Stand B36 am Exponat awiloc kennenlernen.