Nach rund dreijähriger Bauzeit ist der Erweiterungsbau des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen mit einem Festakt seiner offiziellen Nutzung übergeben worden. Neben dem bayerischen Wirtschaftsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger wünschten auch Erlangens Oberbürgermeister Dr. Florian Janik, der Präsident der Universität Erlangen-Nürnberg Prof. Joachim Hornegger und Fraunhofer-Vorstandsmitglied Andreas Meuer in ihren Grußworten dem IISB viel Erfolg bei den zukünftigen Forschungsarbeiten.
Reallabor für die Energieforschung
Zusammen mit umfangreichen Außenanlagen entstanden knapp 3.000 m2 Nutzfläche für Büros und Laboranlagen, die die aktuellen Anforderungen für die Energieversorgung der Zukunft adressieren, vor allem im industriellen Bereich. Die Erweiterung des Instituts war notwendig geworden, nachdem sich die Mitarbeiterzahl in den letzten zehn Jahren auf nunmehr rund 300 mehr als verdoppelt hatte; hinzu kommt eine dreistellige Zahl an Studierenden. Der kommissarische Leiter des IISB, Prof. Dr. Martin März, stellte drei der Forschungsfelder vor, die den Schlüssel für diese herausragende Erfolgsgeschichte bildeten: Spitzenforschung auf den Gebieten Leistungshalbleitertechnologie, insbesondere auch auf Wide-Bandgap-Halbleitern wie Siliziumkarbid und Galliumnitrid, Leistungselektronik für die Elektromobilität und intelligente Energiesysteme.
Der neue Forschungskomplex bietet neben Büros und Laboren eine Infrastruktur, die eine hoch flexible Vernetzung der verschiedensten Energieformen unter Nutzung modernster Speichertechnologien realisiert. Im Fokus steht ein intelligentes Energie- und Lastspitzenmanagement. Regenerative Stromerzeuger, elektrische und chemische Speicher sowie Verbraucher sind über ein leistungsfähiges Gleichspannungsnetz (DC Microgrid) effizient miteinander gekoppelt. Ebenso integriert sind ein Blockheizkraftwerk, Kälte- und Wärmespeicher sowie die wachsende Elektrofahrzeugflotte am Institut. Viele reden von Sektorenkopplung, am Fraunhofer IISB ist das Realität.
Ein Glanzstück im Erweiterungsbau ist ein großes Mittelspannungsprüffeld, das die Untersuchung von Prüflingen mit einer Leistung bis 20 MVA und einer Spannung bis 30 kV erlaubt. Mit einem eigens entwickelten Modularen Multilevel-Umrichter ist es möglich, auch Netzanomalien und Fehlerzustände zu einem vorher definierten Zeitpunkt nachzubilden.
Das Fraunhofer IISB fungiert heute als energietechnisches Reallabor für die Untersuchung energiewissenschaftlicher Fragestellungen, offen für Partner aus Industrie und Forschung. Umfangreiche Maßnahmen erlauben es, trotz dieser Flexibilität die Betriebssicherheit der umfangreichen Hochtechnologie-Prozessanlagen am Institut zu garantieren.
Verschiedene Laborführungen für die Gäste sowie das Fachsymposium „Energiesysteme neu denken“ im Anschluss unterstrichen die breiten Kompetenzen und Aktivitäten des IISB auf diesem Gebiet.
„Eine erfolgreiche Energiewende besteht nicht aus der Summe einzelner Insellösungen. Sie braucht ein Gesamtkonzept, das Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien mit Speichern, Mobilitäts- und Effizienzstrategien zusammenbringt. Das hat Fraunhofer IISB verstanden – nicht nur für die Forschung, sondern auch für den Bau des neuen Gebäudeteils. Wir haben gleichzeitig erkannt, dass für die Entwicklung neuer Technologien eine moderne Ausstattung nötig ist. Deshalb haben wir 7,5 Millionen Euro für den Erweiterungsbau bereitgestellt. Nun kann in Erlangen weiter mit Hochdruck an den Energiesystemen von morgen gearbeitet werden,“ so Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger.
Der verantwortungsvolle Umgang mit Energie ist für das Fraunhofer IISB Programm, im Betrieb wie auch in seinen Forschungsthemen. „Wir freuen uns, dass die Politik frühzeitig die Brisanz des Themas erkannt hat und dem auch mit umfassenden strategischen Investitionen in zukunftsfähige Energieforschung am Standort Deutschland Rechnung trägt. Das Fraunhofer IISB dankt ausdrücklich dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie sowie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die je zur Hälfte mit insgesamt rund 15 Millionen Euro den Erweiterungsbau finanziert haben, für ihre Unterstützung.“ so Prof. März.
Der Energiebedarf einer Hochtechnologie-Infrastruktur wie die am Fraunhofer IISB ist vergleichbar mit der eines kleinen Industrieunternehmens. Für die Erzeugung von Kälte und Wärme, von Druckluft, Vakuum und Reinstwasser, aber auch für die Herstellung von Halbleiterkristallen werden große Mengen Energie benötigt, dabei treten im Betrieb sehr hohe Lastspitzen auf. Diese komplexe Infrastruktur bildet heute eine „lebende“ Demonstrations- und Testplattform für neue energietechnische Technologien und Konzepte. Mehrere hundert Messparameter werden ständig erfasst und speisen eine mächtige Realdatenbank. Ein umfassendes Energiemonitoring, die Einbeziehung von Wetterdaten und hoch entwickelte Algorithmen unter Einsatz künstlicher Intelligenz erlauben einen optimalen Betrieb der Gesamtinfrastruktur. Allein durch Optimierung der Kältetechnik konnte der Strombedarf des Instituts um 20% gesenkt werden.
Die gewonnenen Erkenntnisse, die entwickelte Systemtechnik und die Optimierungsalgorithmen sind auf beliebige andere Energieinfrastrukturen in den Bereichen Industrie, Gewerbe und Quartier übertragbar.
Das Fraunhofer IISB: Ein „lebendes Labor“ und offen für Partner, ob als Realdatenpool oder zur Erprobung eigener Komponenten, Systemlösungen oder Algorithmen.
Aktuelle Veranstaltungsfotos finden Sie unter: www.iisb.fraunhofer.de/presse