Kristalle – von außen schön, von innen besonders
Ob in Smartphones, Computern oder Elektroautos, überall verrichten Kristalle unauffällig ihr Werk. Während sie für gewöhnlich als Schmucksteine wie Diamanten oder Rubine zu sehen sind, spielen Kristalle in der Industrie in Form von Mikrochips eine bedeutende Rolle. Anders als die Kristalle in der Natur müssen ihre industriell hergestellten Gegenstücke ganz spezifische technische Anforderungen erfüllen. Das herausragende wissenschaftliche Merkmal ist die innere dreidimensionale Symmetrie, also die perfekte und regelmäßige Anordnung aller Kristallatome. Erst dieser Aufbau ermöglicht die störungsfreie Ausbreitung von elektrischen Strömen bzw. Signalen, Licht und Schall. Das macht Kristalle zur Grundlage für viele technische Anwendungsgebiete, zum Beispiel Elektronik, Optik oder Akustik. In der Mikroelektronik kommen spezielle Halbleiter-Kristalle zum Einsatz. Die wichtigsten Materialien sind hierbei Silizium, Siliziumkarbid oder Galliumarsenid. Die künstlich gefertigten Kristalle schneidet man in Scheiben, sogenannte Wafer. Die Wafer dienen dann als Träger elektronischer Strukturen und werden zu Mikrochips weiterverarbeitet. Auf diese Weise sind Kristalle heutzutage in fast jedem technischen Gerät zu finden.
Echte Kristalle im Klassenzimmer wachsen lassen
Der Zusammenhang zwischen funkelnden Kristallen einerseits und einem Smartphone andererseits ist für die meisten Menschen nicht auf Anhieb offensichtlich. Während ihrer Projektwoche nehmen 45 Schülerinnen und Schüler der Montessori Schule Herzogenaurach den Einfluss von Kristallen auf unser tägliches Leben genauer unter die Lupe. Die jungen Forscherinnen und Forscher erleben so selbst eine der spannenden Seiten naturwissenschaftlichen Arbeitens – aus didaktischer Perspektive ein wichtiger Aspekt, um Begeisterung für MINT-Fächer zu wecken. Die Montessori Schule bietet bereits für Grundschulkinder experimentelle Projekte an. Vor diesem Hintergrund passt die Kooperation zwischen der Schule und dem Fraunhofer IISB optimal in das pädagogische Konzept der naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchsförderung.
Anhand von Kristallmaterialien und prozessierten Wafern ergründen die Schulkinder gemeinsam mit Dr. Christian Reimann, der die Gruppe »Silizium und Spezialmaterialien« am Fraunhofer IISB in Erlangen leitet, den Weg vom Kristall bis zum Mikrochip. Dann schlüpfen sie selbst in ihre Laborkittel, um mit fachkundiger Anleitung durch Michael Lang, Techniker am Fraunhofer IISB, eigene Kristalle wachsen zu lassen. Viele Züchtungsprozesse erfordern extreme Bedingungen – beispielweise werden Silizium-Kristalle aus einer 1400 °C heißen Silizium-Schmelze hergestellt. An der Montessori Schule Herzogenaurach züchten die Kinder in kleinen Forschungsteams Kristalle aus Alaun-Salz, ein sicheres und erprobtes Verfahren, um mit wenig Aufwand schöne Ergebnisse zu erzielen. Der Ausgangspunkt dafür ist eine gesättigte Kaliumaluminiumsulfat-Lösung, in welcher erste kleine Alaun-Kristalle wachsen, die als Impfkristalle dienen. Sie werden entnommen, an einem Faden befestigt und in ein größeres Gefäß mit einer neuen Alaun-Lösung gehängt. Während des Wachstumsprozesses braucht es dann Ruhe und Zeit. In ca. vier Wochen können die Schülerinnen und Schüler dann bis zu acht Zentimeter große Kristalle entnehmen. Das ist besonders spannend, denn während des Züchtungsprozesses experimentieren die Gruppen mit verschiedenen Einflussgrößen, die sich auf das Wachstum auswirken.
Montessori Schule Herzogenaurach
Begeistert I Gemeinsam I Stark – so lautet der Claim der Montessori Schule Herzogenaurach. Die 220 Schülerinnen und Schüler können dort nicht nur mit Begeisterung und möglichst selbsttätig neue Inhalte kennenlernen, sondern werden bei der Entwicklung ihrer individuellen Fähigkeiten gefördert, damit sie zu starken, verantwortungsbewussten Persönlichkeiten heranwachsen.
Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in jahrgangsgemischten Klassen, in ihrem eigenen Tempo und fächerübergreifend, von der 1. bis zur 10. Jahrgangsstufe.
Neben Naturwissenschaften und Technik ist Spanisch als 2. Fremdsprache Teil des Angebots. Nach der 9. oder 10. Klasse gehen die Jugendlichen entweder in eine Ausbildung oder setzen ihren schulischen Weg bis zum Abitur an der Montessori Fachoberschule in Nürnberg fort.
Fraunhofer IISB
Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB zählt zu den führenden europäischen Forschungs-einrichtungen für Wide-Bandgap-Halbleiter und leistungselektronische Systeme. Dabei bedient es die vollständige Wertschöpfungskette der Leistungselektronik. Das Spektrum reicht von Grundmaterialien über Halbleiterbauelemente und Prozesstechnologien, leistungselektronische Module und Komponenten bis zu kompletten Elektronik- und Energiesystemen. Zentrale Anwendungsfelder sind Elektromobilität, Luft- und Raumfahrt sowie nachhaltige Energieversorgung. Mit seinen Lösungen setzt das Institut immer wieder Benchmarks in Energieeffizienz und Leistungsfähigkeit, auch für extreme Betriebsbedingungen. Die Integration intelligenter datenbasierter Funktionalitäten erschließt dabei kontinuierlich neue Anwendungsszenarien. Das IISB unterstützt weltweit Kunden und Partner, aktuelle Forschungsergebnisse in wettbewerbsfähige Produkte zu transferieren. Seine Aktivitäten organisiert das Institut in den zwei Geschäftsbereichen Halbleitertechnologie und Leistungselektronische Systeme. Am Hauptsitz in Erlangen und am Fraunhofer-Technologiezentrum Hochleistungsmaterialien THM in Freiberg sind insgesamt circa 300 Mitarbeitende tätig.