Am Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen wurde im Rahmen des bayerischen Energieforschungsprojekts SEEDs ein Verstromungssystem entwickelt, welches wasserstoffreiches Abgas aus einer Halbleiterfertigungsanlage in Strom verwandelt. Das Institut forscht seit vielen Jahren an der Optimierung von Epitaxieprozessen für die Herstellung von modernen Halbleitern – besonders auf dem Feld der Siliziumkarbid-Bauelemente (SiC), welche für moderne leistungselektronische Systeme benötigt werden. Für den Epitaxieprozess, bei dem dünne Schichten von Halbleitermaterial erzeugt werden, wird Wasserstoff in großen Mengen als Trägergas benötigt. Dieser bildet zusammen mit anderen Prozessgasen den wasserstoffreichen Abgasstrom der Epitaxieanlage. Der Abgasstrom wird bisher gereinigt und dann in die Atmosphäre entlassen. Der Energiegehalt des Wasserstoffes bleibt dabei ungenutzt.
Mehr Effizienz durch Verstromung von nicht-reinem Wasserstoffabgas
Die Forscher des Fraunhofer IISB haben es sich zum Auftrag gemacht, die bisher ungenutzte Energie des wasserstoffreichen Abgases in elektrische Energie zu wandeln und damit den im Epitaxieverfahren nur als Träger genutzten Wasserstoff einer zweiten Verwendung zuzuführen. Damit wird die Ressourcen- bzw. Energieeffizienz von Halbleiterfertigungsprozessen gesteigert. Angesichts des großen weltweiten Produktionsvolumens von Halbleiterbauelementen hat das Verfahren hohes Anwendungspotential.
Intelligente Lösung mit moderner Brennstoffzellentechnologie
Das Herzstück des Verstromungssystems bildet eine Polymer-Elektrolyt-Membran(PEM) Brennstoffzelle, welche den Wasserstoff aus dem Abgas mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft effizient in elektrische Energie wandelt. Durch Modifikationen am Brennstoffzellensystem, die von IISB-Forschern entwickelt wurden, ist es gelungen, dass das Brennstoffzellensystem mit Wasserstoffkonzentrationen zwischen 40 und 100 Vol. % arbeiten kann. Es ist damit in der Lage, auch nicht-reinen Wasserstoff bzw. ein Wasserstoffgemisch zu verstromen. Herkömmliche Brennstoffzellensysteme erfordern hingegen eine Wasserstoffreinheit von mindestens 99,97 Vol. %. Damit gelang die weltweit erstmalige Verstromung von Epitaxieabgas in einer Brennstoffzelle.
Zwischen Abgasstrang und Brennstoffzellensystem kommt ein spezieller Membrankompressor zum Einsatz. Dieser verdichtet das auf Atmosphärendruck vorliegende Abgas vor der Brennstoffzelle und entkoppelt so Verstromung und Epitaxieprozess. Das Verstromungssystem hat dadurch keinerlei Rückwirkungen auf den empfindlichen Epitaxieprozess und dessen Prozessqualität sowie auf das Gasreinigungssystem der Anlagen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Verfahrens in der Halbleiterfertigung. Das Verstromungssystem wurde bereits an der im Reinraumlabor am IISB betriebenen industriellen Epitaxieanlage erfolgreich getestet und erzielte einen elektrischen Gesamtwirkungsgrad von bis zu 25 %. Im Ergebnis kann ein Viertel des im Wasserstoffabgas enthaltenen Heizwertes in elektrische Energie gewandelt werden. Der Unterschied zu Brennstoffzellensystemen für reinen Wasserstoff mit etwa 50 - 60 % Wirkungsgrad liegt an zusätzlichen Verlusten im Membrankompressor sowie im Brennstoffzellensystem, um das wasserstoffreiche Gas ohne Schädigung der Brennstoffzelle verstromen zu können. Es sind jedoch weitere Entwicklungsstufen im Aufbau, mit denen der Gesamtwirkungsgrad auf über 30 % gesteigert und vor allem die Verluste im Brennstoffzellensystem weiter reduziert werden sollen. Somit konnten ein attraktives Verfahren für nachhaltige Produktion entwickelt und ein neues Anwendungsgebiet für moderne und saubere Brennstoffzellentechnologie erschlossen werden.
Über das Projekt SEEDs
Der Gedanke, jegliche Energieströme in einem industriellen Energiesystem unter die Lupe zu nehmen und konsequent alle Ressourcen möglichst effizient zu nutzen, unterstreicht den Ansatz des Projektes SEEDs, in dessen Rahmen das Verstromungssystem für wasserstoffreiches Abgas entwickelt wurde. Nur durch die ganzheitliche Betrachtung aller Energieströme und die Verbindung unterschiedlicher Energieformen, wie hier von chemischer Energie und elektrischer Energie, können möglichst viele Effizienzpotentiale industrieller Anlagen und Betriebe gehoben werden.
In SEEDs wird die gesamte Kette der Energietechnik betrachtet und genutzt. Besonderes Augenmerk legen die Forscher auf die effiziente Verknüpfung der einzelnen Komponenten und Demonstratoren durch elektronische Schnittstellen zu einem optimierten und stabilen Gesamtsystem.
Das Institutsgebäude des IISB dient dabei als Forschungs- und Demonstrationsplattform. Die Leistungsklasse des Gebäudes ist vergleichbar mit einem mittleren Industriebetrieb mit stark schwankenden Lasten, Spitzenlasten und erheblichem Sekundärenergiebedarf aufgrund der umfangreichen Labor- und Anlagentechnik sowie speziell eines kontinuierlichen Reinraumbetriebes. Das IISB bildet sowohl den Büro- als auch den Industrie/-Laboraspekt und damit viele Facetten unserer Energiewirtschaft ab.
An SEEDs sind neben dem Fraunhofer IISB auch noch die Fraunhofer-Institute IIS und ISC beteiligt, in Kooperation mit zahlreichen bayerischen Industriepartnern. Das Projekt wird gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie.