Maria, Joseph und der neugeborene Gottessohn versammeln sich mit Hirten, Königen, Engeln und den Tieren alljährlich zur Weihnachtszeit unter dem Stern von Bethlehem. Meist werden die Figuren aus Holz geschnitzt, oft bestehen sie auch aus Plastelin, Zinn, Plastik und sogar Bienenwachs. Seit wenigen Jahren können Figuren aus weitgehend naturidentischem Holz im kostengünstigen Spritzguss produziert werden – in einem Verfahren, das am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT entwickelt wurde. Wie geht dies, zumal Holz unschmelzbar und in allen gängigen Lösungsmitteln unlöslich ist?
Lignin ist nach Cellulose das häufigste Polymer. In Holz hält es die Pflanzenfasern zusammen und bildet so einen elastischen und festen Faserverbundwerkstoff. Bei der Herstellung von Papier werden beide Substanzen chemisch getrennt. Techniker der ICT-Ausgründung TECNARO im thüringischen Eisenach mischen das Lignin wieder mit Naturfasern wie Sisal, Hanf oder Flachs sowie einigen Additiven und Farbstoffen, falls vom Kunden gewünscht. Anschließend extrudieren sie es zu einem Granulat, von dem das Unternehmen monatlich fünf bis zehn Tonnen liefern kann. Sollen daraus attraktiv anmutende Teile wie Krippenfiguren, Lautsprecherboxen, Armaturenbretter für Autos, Brettspiele oder Schäfte für Jagdgewehre gefertigt werden, lässt sich Arboform® wie jeder gewöhnliche thermoplastische Kunststoff in einer Spritzgussmaschine verarbeiten. Einen Golftee hat das Unternehmen ebenfalls im Programm. Diese kleine Stütze für Golfbälle wird mit diesem meist gemeinsam verschossen. Der »Di Tee-CHAMPION« ist so weich, dass er die scharfen Klingen des Rasenmähers nicht beschädigt. Da die Tees aus einem nachwachsenden Werkstoff bestehen, verrotten sie gemeinsam mit dem Grasschnitt zu Kompost.
Mit der Extrusion seines Flüssigholzes will TECNARO nun Neuland betreten. Mit diesem Verfahren können Kunststoffe ähnlich wie Nudelteig kontinuierlich und daher viel schneller verarbeitet werden. Natürlich hat das Unternehmen keine hölzernen Makkaroni vor Augen. »In wenigen Monaten wollen wir mit der Produktion von Schreib- und Kosmetikstiften beginnen«, hofft Jürgen Pfitzer, der das Unternehmen mit seinem Kollegen Helmut Nägele 1998 gründete. »Dank unserer bewährten Verbindungen zum Fraunhofer-Institut sind wir zuversichtlich, dass wir mit dem Extruder die erforderliche Produktqualität erreichen.« Während hochwertige Bleistifte heute noch aus importiertem Zedernholz hergestellt werden, kommen für Lippenstifte und Kajale bisher nur klassische Kunststoffe auf Erdölbasis zum Einsatz.