Viele Stoffe, von Düngemitteln bis Schwermetallen, verschmutzen weltweit Wasser, welches dadurch zu flüssigem Müll, zu Abwasser wird. Durch »nanomagnetische Helfer« ist es möglich, die Substanzen aus dem Wasser wieder herauszuholen - so werden sie erneut für Industrie oder Landwirtschaft nutzbar gemacht und gleichzeitig wird das Wasser gereinigt. Karl Mandels Aufgabe in seiner Doktorarbeit war es, eine Art »Greifer« zu entwickeln, mit dem man ins Wasser »hineingreifen« und die darin gelösten Stoffe herausholen kann. Somit wäre das Wasser gereinigt und die herausgezogenen Stoffe für industrielle Zwecke wieder einsetzbar.
Spezialpartikel als innovative Lösung
Dieses Prinzip hat der Fraunhofer-Forscher mit einem materialchemischen und prozesstechnischen Ansatz ausgeführt. Dabei sind kleine Spezialpartikel die innovative Lösung. Diese Partikel können feinstverteilt dem Abwasser zugegeben werden und dann die darin enthaltenen Stoffe selektiv chemisch binden. Der Trick dabei: Da die Partikel magnetisch sind, können sie mit ihrer Fracht einfach mit einem Magneten aus dem Abwasser herausgezogen werden. Der an die Partikel gebundene Stoff wird dann wieder abgewaschen und kann so in einer Waschlösung gesammelt und z. B. für industrielle Prozesse wiederverwertet werden. Auch die Partikel selbst sind wiederverwendbar. Dem Abwasser erneut zugegeben können sie ihre Reinigungsaufgabe wieder und wieder erfüllen.
Viel Unterstützung und Förderung für die Promotion
»Ich freue mich sehr über den Preis und darüber, dass ich mit meiner Arbeit und der Darstellung meiner Forschung die Jury des Deutschen Studienpreises interessieren und begeistern konnte«, sagt Dr. Mandel und betont, dass die Voraussetzung für den Preis zwar seine Promotionsarbeit gewesen sei, diese jedoch ohne die Unterstützung und Förderung vieler Beteiligter nicht möglich gewesen wäre. Die gesamte Gruppe und das Fraunhofer ISC hätten ihm das optimale Arbeitsumfeld für die Dissertation bereitet.
Als Promotionsstudent wurde er finanziell und ideell vom Fonds der Chemischen Industrie durch ein Kekulé-Stipendium gefördert. Die Doktorarbeit war zudem teilweise auch an dem von der Baden-Württemberg Stiftung geförderten Projekt »BioSupaWert« aufgehängt.
Ganz besonders bedankt sich Dr. Mandel bei seinem Doktorvater Prof. Dr. Gerhard Sextl für die sehr gute Betreuung und Förderung. »Ebenso möchte ich mich ganz herzlich bei meinen Betreuern Dr. Carsten Gellermann, dem damaligen Leiter des Bereichs Partikeltechnologie und Grenzflächen, sowie Dr. Frank Hutter, Wissenschaftler in derselben Gruppe, für die tolle Betreuung und Unterstützung bedanken. « Eine weitere Danksagung des jungen Preisträgers geht an Dipl.-Ing. Asya Drenkova-Tuhtan vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft in Stuttgart: »Es war wirklich eine prima Zusammenarbeit im »BioSupaWert«-Projekt.«
Tolle Zusammenarbeit zwischen Fraunhofer ISC und Universität Würzburg
Prof. Dr. Gerhard Sextl, Leiter des Fraunhofer ISC und Inhaber des Lehrstuhls Chemische Technologie der Materialsynthese, sieht in dem Erfolg den Beweis für die gelungene Verzahnung des Fraunhofer ISC mit der Universität Würzburg. »Als Doktorvater freue ich mich sehr über den Preis. Dr. Mandels Arbeit zeigt, welch hohe Anwendungsorientierung für die Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchs-wissenschaftler durch die Zusammenarbeit von Institut und Universität erreicht wird und welch tolle Früchte sie trägt. Der Studiengang Funktionswerkstoffe ist ein geeignetes Modell für weitere interdisziplinäre Studiengänge. Bei der Ausbildung der Studierenden arbeiten Universität und das Fraunhofer ISC eng zusammen«, so Prof. Dr. Sextl.
Die Arbeit mit den magnetischen Nanopartikeln am Fraunhofer ISC ist für Dr. Mandel übrigens keineswegs beendet: Ein von der Baden-Württemberg-Stiftung finanziertes Folgeprojekt zum Thema Phosphat-Rückgewinnung hat inzwischen begonnen.
Mehr Informationen zum Studiengang »Funktionswerkstoffe« gibt es unter:
http://www.uni-wuerzburg.de/fuer/studierende/angebot/faecher/tecfun/
Informationen zum Bereich »Partikeltechnologie und Grenzflächen« am Fraunhofer ISC:
http://www.isc.fraunhofer.de/arbeitsgebiete/nanopartikel/
Hintergrund zu Dr. Mandels Forschung:
Bei der Entwicklung der »Greifer« bestand die besondere Herausforderung darin, die Spezialpartikel richtig aufzubauen. Um Stoffe im Wasser zu binden, müssen sie sich nämlich fein im Abwasser verteilen. Die Fängerpartikel müssen dazu völlig frei im Abwasser schweben und dürfen zunächst nicht magnetisch sein. An dieser Stelle kommt die Nanotechnologie zum Einsatz, die sich mit Materialien im Größenbereich von wenigen Tausendstel Mikrometern beschäftigt. Zum Vergleich: Ein Nanopartikel verhält sich in seiner Größenrelation zu einem Fußball wie der Fußball zum gesamten Erdball.
Nanoteilchen werden zu schaltbaren Magneten
Das Faszinierende an dieser kleinen Dimension ist, dass viele physikalische und chemische Eigenschaften von Materialien plötzlich radikal andersartig werden. So auch nanodimensionierte magnetische Materialien. Ein solches Nanopartikel rotiert seine magnetische Ausrichtung willkürlich in alle Richtungen - aber nur solange, bis ein großer Magnet in die Nähe des Partikels gebracht wird. Dann richtet sich seine Magnetisierung aus und es wird vom Magneten angezogen. Wird der Magnet entfernt, verliert es wieder seine magnetische Eigenschaft. Somit entsteht ein schaltbarer Magnet. Durch den Nanoeffekt ziehen sich die Partikel im Abwasser nicht gegenseitig an, verteilen sich gut und sind nur aktiv, wenn ein großer Magnet in der Nähe ist.
Um aber die Partikel mit einem großen Magneten gut anziehen zu können, braucht es einen Trick: Viele der kleinen Partikel werden mit Hilfe eines Matrixmaterials zu einem großen Partikel zusammengefasst. Ein solches Partikel, mit Abermillionen Nanopartikeln in seinem Inneren, entspricht in seiner Größe dann etwa der Dicke eines menschlichen Haares - und es behält seine Eigenschaft als schaltbarer Magnet bei. Ausgestattet mit einer für bestimmte Stoffe modifizierten Oberfläche bindet das große zusammengesetzte Partikel dann selektiv Stoffe wie Phosphat oder Arsen.
Mit diesem Verfahren kann eine Kläranlage so zur Rohstofflagerstätte der Zukunft werden, während das Wasser gereinigt wird.