Sicherheit per Mausklick
Sieben Jahre später, nachdem der Dürer-Hase auf Reisen gehen sollte, ist es soweit: Der IZM-Kunsthüter geht in die Produktion. Die Testphase ist erfolgreich abgeschlossen, die Firmenausgründung vollzogen. Guttowski wird das neue Unternehmen leiten. Die technische Herausforderung war es, eine einfache und benutzerfreundliche Bedienung zu schaffen. "Das war von Anfang an unser Ziel, dass sich der Nutzer so wenig wie möglich mit der Technik beschäftigen muss", so der Forscher. Ein Knopfdruck genügt nun und der ArtGuardian beginnt mit der Arbeit.
Und so funktioniert er: Ein Funksensorsystem, am Rahmen eines Gemäldes angebracht, ermittelt die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit, die das Kunstwerk unmittelbar umgeben. Außerdem wird gemessen, wie viel Licht darauf fällt und ob es Erschütterungen ausgesetzt ist. All das sind die Parameter, die für den Erhalt eines Kunstwerks entscheidend sind. Gerade der Transport von wertvollen Objekten ist heikel, ob sie nun lange Strecken in einem Fahrzeug zurücklegen oder in einem Flugzeug gelagert werden. Ist die Sensoreinheit einmal angebracht, können auch diese Wege kontrolliert werden.
Vom Sensorsystem gehen die Daten an eine Basisstation, die bereitet die Informationen weiter auf und bewertet sie. Die Auswertung erfolgt über eine Software-Plattform, die gemeinsam mit dem Projektpartner Fraunhofer ISST entwickelt wurde. Die Basisstation ist mit dem Internet verbunden, so können die Werte online jederzeit abgerufen werden. Das ist Sicherheit per Mausklick, denn der Leihgeber hat die Gesundheit seines Kunstwerks stets im Blick. Die Grenzwerte werden individuell für jedes Kunstobjekt festgelegt. So kann beispielsweise die Berührung eines Gemäldes mit der Fingerspitze den Beschleunigungsalarm auslösen und wird sofort online gemeldet. In der realen Welt ist dieser Alarm hörbar: Das Sensorsystem beginnt zu piepen. Wie oft die Daten am Tag erhoben werden - ob alle fünf Minuten oder fünfzehn - wird ebenfalls individuell entschieden. Davon ist dann die Lebensdauer der Batterie abgängig. Ein Beispiel: Ruft das autonome Sensorsystem die Informationen alle fünf Minuten ab, so hält die Batterie rund zwei Jahre.
Angebracht wird es auf der Rückseite des Gemäldes, am Rahmen. 118 Millimeter ist es lang, 81 Millimeter breit und 11 Millimeter hoch. Mit diesen Maßen passt es sich dem Gemälde unauffällig an, sorgt im Schatten für seinen Schutz. Dabei müsste der ArtGuardian die Vorderseite keineswegs scheuen. Jüngst nahm das Forscherteam den iF Design Award entgegen, ein Ritterschlag für das innovative Designkonzept. So schützt quasi ein Kunstwerk die Kunst - ob nun Rembrandts "Jakobssegen" oder Osman Hamdi Beys "Persischer Teppichhändler auf der Straße". Und sollte Dürers Hase noch einmal umziehen, dann könnte der ArtGuardian nun auch sein Bodyguard sein.