Lust auf frischen Fisch? An der Theke im Supermarkt wartet er auf uns. Oft hat er dafür eine lange Reise hinter sich, wurde mit dem Schiff transportiert und dort in einem Container kühl gelagert. Damit er uns frisch erreicht, muss die Temperatur des Containers regelmäßig überprüft werden – doch dafür mit Kabeln zu hantieren ist umständlich und Batterien ständig zu kontrollieren und zu wechseln, zeitraubend. Die Energie zur Temperaturkontrolle sollte also aus anderer Quelle kommen. Da wäre es das Einfachste, wenn der Container diese Energie während des Transports selbst produzieren würde – und die dann zur Temperaturkontrolle genutzt werden könnte. Daran wird im Rahmen des Forschungsprojekts PETra, piezoelektrische Energieversorgung für Transportanwendungen, am Fraunhofer IZM gearbeitet. Piezoelektrizität steht für die Umwandlung von mechanischer Energie in elektrische. Die mechanische Energie, die durch die Vibration des Containers entsteht, soll zu elektrischer werden und damit einen Sensor betreiben, der die Temperaturkontrolle übernimmt und die Daten übermittelt. Der Sensor wird an dem Container angebracht und ist mit einem sogenannten Energy-Harvester ausgestattet, der die Vibrationsenergie "erntet" und elektrisch verfügbar macht. Die Transportanwendung ist dabei nur ein mögliches Einsatzgebiet. Ein essentieller Punkt: Je nach Anwendung, ob nun beispielsweise zur Temperatur- oder zur Bewegungsüberwachung unterscheidet sich der Energiebedarf. „Das ist Teil unserer Aufgabe. Wir müssen einschätzen, wie viel Energie wir brauchen, um eine bestimmte Sensorik zu betreiben. Mit diesem Wissen können wir Sensorsysteme zuverlässig mit Energie aus Umgebungsvibration versorgen“, erklärt Dr. Ole Hölck, Forscher am Fraunhofer IZM.
Designer und Schneider zugleich
Für die Umwandlung mechanischer in elektrische Energie eignen sich Keramiken mit piezoelektrischen Eigenschaften. Damit das System robust gegenüber Vibration ist, werden die spröden Keramiken auf Substrate geklebt. Eine der Herausforderungen für die IZM Forscher ist es daher, die Klebeverbindungen hinsichtlich ihrer Lebensdauer charakterisieren zu können, um sicherzustellen, dass der Energiewandler den Bedingungen der Zielanwendung standhält. Autarke Sensoren werden bereits in verschiedenen Bereichen eingesetzt. "Das sind bisher häufig Individuallösungen", erklärt Hölck. „Wir arbeiten an verschiedenen Methoden, die Zuverlässigkeit des Systems schon in der Designphase zu berücksichtigen. Wir sind Designer und Schneider zugleich." In den Laboren des IZM wird der Energiewandler in sogenannten Shakern daher ordentlich durchgerüttelt und die Bedingungen auf die er bei seinen Einsätzen treffen kann, nachgebildet: Temperaturgefälle und unterschiedliche Vibrationsstärken muss er ebenso überstehen wie Tests zur Bruchmechanik. Doch sind die Energiewandler weit mehr als Helferlein, sie können vor großem Schaden bewahren. Auf Baustellen beispielsweise. Ein Windstoß kann den Arm eines Krans gehörig antreiben. Das kann gefährlich werden. Doch die Energie der Bewegung kann ebenso genutzt werden, den Kran abzuschalten. Sicherheit zu schaffen, das ist eine große Motivation für die Forscher. "Am Ende des Projekts sollen unsere Methoden helfen, Sensorsysteme zu entwickeln, die sicherheitsrelevante Funktionen überwachen", so Ole Hölck. Daran wird gut vernetzt gearbeitet, mit einer ausgereiften Wertschöpfungskette von der Forschung am Fraunhofer IZM, über die Entwicklung (AMIC GmbH und AEMtec GmbH) bis zur Anwendung (Yacub Automation Gmbh). Die Zusammenarbeit mit Unternehmen der Region bringt die Forschung direkt in die Praxis und stärkt zudem das Profil der Region Berlin-Brandenburg.