Ein Großteil unserer digitalen Welt wird durch IKT – deutsch für information and communications technology (ICT) – bestimmt, die unser Alltags- und Arbeitsleben durchdringen: von Smartphones über Smart Home-Anwendungen bis hin zu speziellen Sensorsystemen für das Internet der Dinge (IoT). Solche Technologien bereichern und erleichtern unser Leben. Gleichzeitig steigt aber auch der Bedarf und dadurch auch der Daten- und Energieverbrauch an. Damit stellen IKT-Produkte sowohl in der Anwendung als auch in der Herstellung eine große Belastung für die Umwelt dar. Um die möglichen Einsparpotenziale bei der Produktion und Nutzung von IKT-Komponenten genauer zu identifizieren, arbeitet »Green ICT @ FMD«, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Kompetenzzentrum für ressourcenbewusste IKT, an einer Studie, die einen Blick auf die Gesamtheit der IKT in Deutschland wirft.
»Green ICT @ FMD« liefert erste Erkenntnisse für zukünftige IKT-Einsparpotenziale
Die Expertinnen und Experten rund um Dr. Nils F. Nissen vom Fraunhofer IZM kommen in der Studie zum Ergebnis, dass die absoluten CO2-äquivalenten Emissionen der IKT-Nutzung sich bis 2030 auf etwa 20 Millionen Tonnen erhöhen werden. Je nach Entwicklung der Gesamtemissionen könnten diese in 2030 vier Prozent der in Deutschland entstehenden Treibhausgasemissionen ausmachen.
In der Studie »Carbon Footprint der IKT in Deutschland« haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konkret den Ausstoß von CO2-Äquivalenten auf Basis ermittelter Bestandszahlen und den Energieaufwand der Nutzung und Herstellung der IKT in Deutschland untersucht. Zudem haben sie errechnet, wie die zukünftige Marktentwicklung die Geräteanzahl in jedem Jahr der Prognose höchstwahrscheinlich bestimmen wird. Anhand von Produktdaten zur Leistungsaufnahme ergibt sich zusammen mit einem definierten Nutzungsmuster der Stromverbrauch einzelner Produkte in jedem Nutzungsjahr. Unter der Annahme eines bestimmten CO2-Emissionsfaktors des Strommix wurde anschließend die CO2-Intensität der IKT in der Nutzungsphase berechnet. Zusammen mit der CO2-Bilanz aus der Produktherstellung ergeben sich die Gesamtemissionen einer Produktkategorie. Um die Gesamtbilanz zu ermitteln, erfolgt eine Hochrechnung mit den jährlich ermittelten Bestandszahlen und den spezifischen Umweltdaten aus der Betrachtung der Herstellungs- und Nutzungsphasen. Hierbei werden auch Technologieentwicklungen bei den Umweltdaten berücksichtigt.
Die ersten Ergebnisse der Studie belegen einen deutlichen Anstieg des Stromverbrauchs nach dem Jahr 2020 – getrieben durch das höhere Datenaufkommen in den Telekommunikationsnetzen und der steigenden Zahl und Auslastung von Rechenzentren. Im Bereich Haushalt prognostizieren die Expertinnen und Experten des Kompetenzzentrums einen leichten Anstieg des Verbrauchs, nachdem dieser bis etwa 2019 noch deutlich fallend war. Im Jahr 2030 werden in den genannten Anwendungsfeldern – Telekommunikation, Rechenzentren und Haushalte – über 30 Millionen Tonnen CO2-äquivalente Treibhausgase entstehen, das ist etwa 50 Prozent mehr als im Jahr 2021. Die Herstellung der untersuchten IKT wird mit knapp 11 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten etwa ein Drittel der Emissionen ausmachen, rund zwei Drittel der Emissionen entfallen auf die Nutzungsphase. Die Studie soll zukünftig noch um weitere Produkte aus den Anwendungsbereichen Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie Gebäudeautomation und IoT erweitert werden.
Green ICT Innovationen helfen dem Klima und dem Standort Deutschland
Das Kompetenzzentrum Green ICT @ FMD fokussiert sich darauf, den Ressourcenverbrauch von Sensor-Edge-Cloud-Systemen, energiesparenden Kommunikationsinfrastrukturen und ressourcenoptimierten Elektronikproduktionsprozessen zu bewerten und anschließend zu verbessern. Moderne vernetzte IKT-Systeme verfügen neben den zentralen Datenverarbeitungsinfrastrukturen (Cloud) über zunehmende Kapazitäten zur Datensammlung und -verarbeitung am Netzwerkrand (Edge). Dadurch ergeben sich mehr Möglichkeiten zur Optimierung von Datenverarbeitungs- und Übertragungsprozessen zwischen Cloud und Edge und damit eine Minimierung des Ressourcenverbrauchs bei der Nutzung von IKT. Weiteres Einsparpotenzial sehen die Forschenden bei der Entwicklung von leistungsfähigen Netzwerken wie 5G und 6G, aber vor allem auch bei den Treibhausgasemissionen, die während der Herstellung von mikroelektronischen Bauteilen anfallen.
Zudem spielt die direkte Unterstützung als erster Ansprechpartner für KMU und Start-ups, die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften sowie die enge Vernetzung aller relevanten Stakeholder eine zentrale Rolle in der Arbeit des Kompetenzzentrums. Beispiele für dieses breite Angebot sind der »Green ICT Space«, ein Accelerator für nachhaltige Start-ups und KMU, der »Green ICT Award« für herausragende Abschlussarbeiten im Bereich nachhaltiger IKT oder die Vernetzungsveranstaltung »Green ICT Connect«.
Mit Zukunftsprognosen, intensiver Forschung und Entwicklung auf technologischer Ebene und begleitenden Aktivitäten adressiert das Kompetenzzentrum somit die zentralen Bereiche, die für eine nachhaltige Zukunft der IKT in Deutschland gebraucht werden.
Über die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland
Die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) als Kooperation des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik mit den Leibniz-Instituten FBH und IHP ist der zentrale Ansprechpartner für alle Fragestellungen rund um die Mikro- und Nanoelektronik in Deutschland und Europa. Als One-Stop-Shop verbindet die FMD seit 2017 wissenschaftlich exzellente Technologien und Systemlösungen ihrer 13 kooperierenden Institute aus Fraunhofer-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft zu einem kundenspezifischen Gesamtangebot. Unter dem virtuellen Dach der FMD entstand somit der europaweit größte Zusammenschluss dieser Art mit mehr als 4500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einer einzigartigen Kompetenz- und Infrastrukturvielfalt. Von 2017 bis 2021 unterstützte das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Modernisierung der Forschungsinfrastruktur aller 13 beteiligten Institute.