Mit ihrer hohen Rechenleistung versprechen Quantencomputer die treibende Kraft für moderne Technologien in allen Industriebereichen zu werden. Anders als gängige Digitalcomputer rechnen sie nicht mit Bits, sondern mit Qubits: Durch ihre besonderen Eigenschaften – Superposition und Verschränkung – können diese Teilchen weitaus mehr als nur die binären Zustände 1 oder 0 annehmen. Diese Logik räumt dem Quantencomputer einen radikalen Vorsprung in puncto Schnelligkeit, Leistungsfähigkeit und möglicher Komplexität der Rechenoperationen ein. Dabei gilt: Je mehr Qubits dem Superrechner zur Verfügung stehen, desto schneller und hochwertiger fallen die Berechnungen aus.
Die potenziellen Einsatzmöglichkeiten eines Quantencomputers sind äußerst vielfältig: Überall, wo komplizierte Verrechnungen massiver Datensätze, Simulationen oder Wahrscheinlichkeiten vorzunehmen sind, könnten sie Probleme in Sekundenschnelle lösen. Ein optimiertes Logistik- und Verkehrssystem durch hochgenaue Prognosen, effiziente Entwicklung von medizinischen Wirkstoffen mittels naturgetreuer Nachbildung von Molekülen oder eine akribische Verschlüsselung für das Bankwesen seien an dieser Stelle nur exemplarisch genannt.
Doch der Quantensprung ins neue Technikzeitalter gestaltet sich keineswegs einfach: Bislang ermöglichten Quantencomputer der ersten beiden Generationen grundlegende Erkenntnisse zu den Funktionsweisen des Geräts. Funktionale Vorreiter, etwa am Forschungszentrum Jülich, bringen es im Betrieb aktuell auf beachtliche 5.000 Qubits, also 25000 potenzielle Zustände für jedes einzelne Quantenteilchen. Aus diesen ersten Errungenschaften ergeben sich jedoch auch Hürden: Das komplexe Geflecht sich überlagernder Qubits ist empfindlich, wodurch sich bisweilen Fehler in die Rechnungen einschleichen können. Deshalb muss eine Fehlerkorrektur die Lösungen perfektionieren, wofür wiederum das Vielfache der Qubits gebraucht wird, die für die eigentliche Rechnung notwendig waren. So visieren Forschende etwa eine Größenordnung von mindestens 100.000 bis zu 1 Million Einheiten für ein einziges Gerät an.
Um eine so hohe Qubit-Dichte in einem System zu erzielen, müssen neue integrierte Schaltungen und Leitungen in extremer Miniaturisierung hergestellt werden. Gleichzeitig müssen diese für Temperaturen von bis zu -273° C gewappnet sein; denn nur in solch frostigen Umgebungen verlangsamen sich die Gitterschwingungen in den Festkörpern so weit, dass die Qubits länger verschränkt bleiben und damit leichter manipuliert oder ausgelesen werden können. Damit es nicht zur Eigenerwärmung durch elektrische Ströme kommt, werden bei tiefen Temperaturen verlustfreie Supraleiter eingesetzt. Für die Entwicklung und den Aufbau genau dieser supraleitenden Umverdrahtungen und das kryogene Packaging ist das Team rund um Dr.-Ing. Hermann Oppermann am Fraunhofer IZM in Berlin verantwortlich.
Für eine effiziente Verbindungstechnik bei Tiefsttemperaturen mithilfe von Lotkontakten, den so genannten Bumps, entwickelten die Forschenden eine neue auf Indium basierende Technologie. Das Material ist unterhalb von 3,4 Kelvin supraleitend und erweist sich auch nah des absoluten Nullpunkts als robust. Zur Erzeugung von Elektronikstrukturen aus Indium wird es mithilfe eines speziellen Elektrolyten galvanisch abgeschieden. Hierfür musste das Indium von dem bei diesen Strukturbreiten üblichen Nickelsockel auf einen alternativen Sockel transferiert werden. Das Ersetzen dieser Basis war insofern notwendig, als Nickel durch seine Eigenschaften große Magnetfelder produziert, welche zu Störungen der Qubits führen würden. Mit dem neuen metallischen Übergang entsteht eine verträgliche Startschicht für die anschließende Indiumabscheidung. Diese Prozesse ermöglichen eine weltweit ungeschlagene Miniaturisierung für kryogene Verbindungen, beträgt doch der Rasterabstand der Leiterbahnen weniger als 10 Mikrometer.
Bemerkenswert ist auch der Aufbau extrem verlustarmer und supraleitender Verbindungen aus Niob und Niobnitrid: Mithilfe einer neu entwickelten Methodik wurden die Niob-Materialien flächig aufgebracht und mit einem Ionenstrahl geätzt. Somit entstehen kompakte kryo-geeignete Verbindungen, die aufgrund ihrer herausragenden Legierung hohe Stromdichten erlauben. Nach dem Aufbau der Indium-Bumps und der supraleitenden Schaltungsträger wurden die Elemente in einem kryogenen Messstand bei Temperaturen von bis unter 3 Kelvin erfolgreich getestet.
Im Rahmen des InnoPush-Projekts „HALQ – Halbleiterbasiertes Quantencomputing“ wurde gemeinsam mit den Projektpartner*innen eine übergreifende Plattform aufgebaut, welche Technologien der Mikroelektronik für die Anwendung in höchstskalierbaren Quantencomputern zugänglich macht. Am Projekt beteiligten sich das Fraunhofer IPMS, Fraunhofer ITWM, Fraunhofer EMFT, Fraunhofer FHR, Fraunhofer IIS, Fraunhofer IISB, Fraunhofer ILT, Fraunhofer ISIT, Fraunhofer IOF, Fraunhofer ENAS sowie das Fraunhofer IAF.
(Text: Olga Putsykina)