Branchenexperten gehen davon aus, dass mehr als 100 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2030 verkauft werden könnten. Für die Fahrzeughersteller ist es daher unerlässlich, sich mit Herausforderungen wie Reichweite, Leistung, Sicherheit und Ladezeiten auseinanderzusetzen. Eine Lösung bietet der Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien mit höherer Energie- und Leistungsdichte, um die Reichweite und Leistung der Fahrzeuge zu erhöhen. Jedoch bringen diese Batterien möglicherweise ein höheres Risiko für ein thermischen Durchgehen (Thermal Runaway) dar, weil sie beim Einsatz mehr Wärme und Druck erzeugen. Der neue Teststand von Freudenberg Sealing Technologies ermöglicht es den Ingenieuren nun, thermisches Durchgehen und andere Vorgänge zu beobachten und die bei diesen Tests gewonnenen Daten in ihre Forschungs- und Entwicklungsarbeit einfließen zu lassen.
„Freudenberg Sealing Technologies setzt seine Erfahrung in den Bereichen Dichtung, Materialdesign, Komponentendesign und Fertigung wirksam ein, um Lösungen für alle von uns bedienten Branchen anzubieten“, so Chad Bauer, Senior Vice President of Technology and Innovation. „Dieses Batterielabor wird dazu beitragen, wertvolle Erkenntnisse und Daten für die Entwicklung von Lösungen für Elektromobilität zu gewinnen. Unsere Erfahrung in der Materialentwicklung für Brandschutz- und Wärmeanwendungen begann vor mehr als 20 Jahren mit unseren Produkten für die Luft- und Raumfahrt, und wir bauen auf diesem Wissen für Anwendungen in der Elektromobilität auf.“
Stärke und Nachhaltigkeit
Der neue Teststand umfasst zwei rund 14,5 Kubikmeter große Prüfkammern aus Stahl, die sich in einem verstärkten Prüfraum befinden. Diese Kammern beherbergen die Zellen, Module oder Batterien während der Untersuchungen und wurden von Sprengstoffexperten entworfen. Sie sind so ausgelegt, dass sie thermischen Vorgängen in einzelnen Zellen, Modulen und Batteriepaketen bis zu 25 kWh standhalten – das entspricht der Kraft von mehreren Kilogramm TNT. Das Unternehmen hat im Prüfraum sowohl eine Niederspannungsladeleistung mit 9 V und 100 A als auch eine Hochspannungsladeleistung mit 800 V und 600 A installiert. Die Prüfkammern sind außerdem mit mehreren Videokameras und einem hochentwickelten Datenerfassungssystem ausgestattet, das mit über 100 Eingangskanälen arbeitet und Daten mit mehr als 60 Hz bzw. 60 Datenpunkten pro Sekunde erfasst. Das Unternehmen kann in diesen Prüfkammern verschiedene Betriebsverhältnisse auswerten, darunter thermisches Durchgehen, das durch Batteriedurchschläge, Überhitzung und Überladung verursacht wird.
Im Einklang mit seinem Engagement für den Umweltschutz hat Freudenberg Sealing Technologies auch ein fortschrittliches mehrstufiges Abgassystem installiert, das die Gase und Partikel entfernt, die bei thermischen Vorgängen aus den Batterien entweichen. Das System übertrifft die aktuellen Anforderungen, da es eine Löscheinrichtung zur Kühlung der Gase und zur Entfernung von Partikeln sowie eine zweistufige Wäschersäule und ein Holzkohlefiltersystem auf dem Dach umfasst. Diese Elemente stellen sicher, dass die Abgase aus den Prüfverfahren vor der Ausleitung gründlich gefiltert werden
Sicherheit geht vor
Aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen arbeitete Freudenberg Sealing Technologies beim Bau des neuen Teststands eng mit Spezialbaufirmen zusammen. Das Unternehmen installierte stahlverstärkte Betonwände an der Rückseite des Labors und Explosionsdruckentlüftungen im Abgassystem, um die Sicherheit sowohl innerhalb als auch außerhalb des Labors und des Gebäudes zu gewährleisten. Die Prüfkammern sind mit zahlreichen Sensoren zur Überwachung von Druck, Durchfluss und Gasen ausgestattet. Im gesamten Labor wurden Wassersprinkler und CO2 -Löschgasanlagen installiert. Verriegelbare Labortüren, die während der Tests geschlossen bleiben, ein Notstromaggregat und persönliche Schutzausrüstung sind ebenfalls entscheidend für einen sicheren Betrieb.
„In diesem Labor arbeiten wir mit Hitze, Druck, Gasen und Feuer“, so Heather Shuman, Leiterin des mechanischen Labors von Freudenberg Sealing Technologies in Amerika. „Wir haben großen Wert auf die Erstellung und ständige Überprüfung von Sicherheitsprotokollen und Notfallschutzplänen gelegt. Ein wichtiger Aspekt bei der Durchführung von Batterietests ist, wie sicher wir sie durchführen. Batterievorgänge können gefährlich sein, aber wir sind so ausgestattet, dass wir diese Forschung sicher und verantwortungsvoll durchführen können.“
Neue Daten für bessere Batterien
Das neue Batterieprüflabor ergänzt die bestehenden Prüfressourcen des Unternehmens für Batterien, H2-Elektrolyseure und Brennstoffzellen. Die bei den Batterietests in den Prüfkammern gewonnenen Daten verbessern das Wissen über funktionale Batterien im Unternehmen, unterstützen die Produktentwicklung des Unternehmens und die seiner Kunden und verkürzen Entwicklungszyklen.
Freudenberg Sealing Technologies ist laut Bauer einer der ersten Zulieferer, der in Nordamerika Batterietests und Versuche zum thermischen Durchgehen eingeführt hat. Das Batterieprüflabor ist eine wichtige Voraussetzung für das Unternehmen, um seine Expertise über Batterien zu erweitern und seine Kunden besser zu unterstützen. Es eröffnet auch neue Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten bei technischen und konstruktionsnahen Herausforderungen, Materialforschung und neuen Technologien für die Elektrofahrzeugindustrie.
„Dank unseres neuen Labors können wir Untersuchungen mit verschiedenen Zellchemien, Zelltypen und Batteriekonfigurationen durchführen“, so Bauer. „So lernen wir und erhalten Daten, die in die Entwicklung unserer Produkte und Materialien einfließen – Materialien, die zahlreichen wachsenden Branchen und Anwendungen zugutekommen.“