Sind wir alle zu egoistisch? Wohin entwickelt sich unsere Gesellschaft, wenn jeder nur an sich denkt? Und was haben Ehrenamt und gesellschaftliches Engagement damit zu tun? Diesen Fragen haben sich die 55 Auszubildenden des zweiten Lehrjahres der Friedhelm Loh Group in ihrer Projektarbeit gestellt, deren Auftakt traditionell die Gnadenthal-Tage im Sommer sind. Die Aufgabe: eine Work-Life-Balance-Strategie zu erarbeiten, die positiv zum Gesellschaftsleben beiträgt. Jetzt haben sie ihre Ergebnisse einer Fachjury aus dem Management der Unternehmensgruppe präsentiert – und neben verdienten Auszeichnungen vor allem wichtige Erkenntnisse mit nach Hause genommen.
„Gnadenthal soll vor allem eine Chance sein, auch fernab des Arbeitsalltags, des Expertenwissens im jeweiligen Ausbildungsberuf, über den Tellerrand zu schauen, etwas für das Leben zu lernen“, erklärte Prof. Friedhelm Loh, Inhaber und Vorstandsvorsitzender der Friedhelm Loh Group, den Hintergrund der Gruppenarbeit mit dem diesjährigen Motto „Großes ICH und kleines wir?! Eine Gesellschaft aus lauter Egoisten – ist sie (über-)lebensfähig?“. Das schließe auch lebensexistenzielle Fragen mit ein: Was ist meine Haltung im Leben? Wer bin ich, was will ich, wo will ich hin? „Ich wünsche Ihnen, dass Sie diesen Sinn im Leben finden und sich einbringen in das, was das Leben ausmacht: menschliche Beziehungen, Nächstenliebe, Empathie für andere, Gemeinschaftssinn“, so Prof. Loh.
Egoismus vs. Ehrenamt?
Im Sommer 2023 hatten sich die Auszubildenden über mehrere Tage im ehemaligen Kloster Gnadenthal getroffen, um in die Projektarbeit zu starten. Inspiriert wurden sie von externen Impulsgebern und Ehrenamtsträgern wie etwa Madita Mense von der Tafel Jugend, Ralph Jossa vom Technischen Hilfswerk oder Michael Roth von „Das Projekt – Soziale Arbeit Eschenburg-Dietzhölztal e. V.“. Die Ehrenamtler standen den Azubis nicht nur während der Projekttage mit ihren Erfahrungen unterstützend zur Seite, sondern waren auch bei der Präsentationsveranstaltung in der Rittal Zentrale in Herborn dabei. Dort überreichte ihnen die Rittal Foundation, die gemeinnützige Stiftung der Friedhelm Loh Group, jeweils eine Spende über 2.000 Euro.
Zusätzlich stand für die Nachwuchskräfte ein Aktions-Tag in einer sozialen Institution ihrer Wahl auf dem Gnadenthal-Programm. „Wir haben viel über den persönlichen Antrieb der Ehrenamtler erfahren, aber auch über die Anforderungen und Tätigkeiten des jeweiligen Amtes“, sagte Azubi Tim Feil, der sich für einen Tag beim THW entschieden hatte. Mit ihren Erkenntnissen im Gepäck ging es dann für die Azubis in die Gruppendiskussionen: Was ist Egoismus – privat, beruflich und gesellschaftlich? Und wie kommt er zustande? Wann ist er okay und wie grenzt er sich zu gesundem Ehrgeiz und Zielstrebigkeit ab. Schließt „Work-Life-Balance“ das Engagement für andere aus? Warum sollte ich mich mehr als üblich engagieren?
Fragen, die weit reichen, und Fragen, die die Nachwuchskräfte in kreativen Formaten verarbeiteten – ob Podcast, Schauspiel oder Film. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit präsentierten sie samt Life-Balance-Guide Anfang November vor dem Management, das sich von den Ansätzen der jungen Menschen begeistert zeigte und die besten Gruppen auszeichnete.
Den ersten Platz belegte die Gruppe um Sammy Jo Klingelhöfer, Kevin Reinke, Samet Yapizi, Tim Feil und Mario Wagner. Mit der Schauspielvorführung „Vorfall bei der Tafel“ setzten sie die Themen Bedürftigkeit, Neid und Egoismus in Relation. Ihr verdienter Gewinn: eine dreitägige Reise nach Leipzig, Jena und Weimar inklusive Besichtigung des Porsche-Werks. „Mich hat das Gnadenthal-Projekt sehr zum Nachdenken angeregt“, resümierte Tim Feil abschließend, der sich seit seinem Aktionstag auch eine Mitgliedschaft im THW vorstellen kann.