Wie kamen Sie auf den Gedanken, dass die ZUFALL-Mitarbeiter ein Gesundheitsmanagement brauchen? Sahen ihre Kollegen so unfit aus?
Nein, das war nicht der Grund. Am ehesten könnte man sagen, dass ich selber bei den ersten Überlegungen gemerkt habe: „Manch älterer Kollege ist ja fitter als Du!“ Aber jetzt fragen Sie bloß nicht, ob ich das Gesundheitsmanagement bloß mir selbst zuliebe eingeführt habe! Ich habe das nicht allein entschieden und natürlich gibt es jede Menge gute Gründe für ein ZUFALL-Gesundheitsmanagement.
Welche sind das?
Wir wollen die Kollegen durch dieses Programm anregen, sich frühzeitig Gedanken über ihre Gesundheit zu machen. Nicht zu warten, bis das Thema von selbst Raum greift. Wir wollen – das ist im Grunde die Kernbotschaft des gesamten Programms – den Mitarbeitern vermitteln: „Leute, beschäftigt Euch frühzeitig mit dem Thema! Wer früh etwas tut, kann vieles beeinflussen.“
Hat die ZUFALL logistics group einen besonders hohen Altersdurchschnitt? Oder warum hat das Thema in ihrem Haus solche Priorität?
Wir sind im Schnitt weder besonders alt noch besonders jung. Und bei den Ausfalltagen liegt ZUFALL Fulda eher unter dem Branchenschnitt. Wir hatten also keinen akuten Handlungsbedarf. Es gibt bei uns aber die Überzeugung, dass wir hier ein Projekt gefunden haben, das sich langfristig auszahlt: durch noch weniger Ausfalltage, durch mehr Gelassenheit und durch höhere Zufriedenheit der Mitarbeiter. Ich denke, ein wichtiger Grund dafür, warum alle dahinter stehen, ist: Das Gesundheitsmanagement passt einfach zu unserem partnerschaftlichen und familiären Umfeld – wir denken nicht nur an die eigene Gesundheit, sondern auch an die der Kollegen.
Wie sieht das Programm des ZUFALL-Gesundheitsmanagement im Detail aus?
Große Bedeutung hat zum Beispiel die Mini-Pause. Da werden für eine Viertelstunde Achtsamkeitsübungen, progressive Muskelentspannung oder ähnliches angeboten. Und weil sich das zu den festen Zeiten nicht Alle einrichten können, geht unsere Gesundheitskoordinatorin Susanne Friese an bestimmten Tagen von Büro zu Büro und fordert alle Mitarbeiter auf, solche Übungen mitzumachen. Zudem gibt es ZUFALL-Gesundheitstipps, die wir über das Intranet verbreiten, und sogenannte Schnupperzeiten, zu denen Mitarbeiter Sportarten oder Entspannungsprogramme kennen lernen können. Für die Mitarbeiter im Umschlag gibt es darüber hinaus ein spezielles Rückentraining, das auf die Anforderungen ihres Berufsalltags ausgerichtet ist.
Was da jetzt aber fehlt, sind die Aerobic-Kurse und die Fußballmannschaft, die man bei so einem Gesundheitsprogramm auch erwarten würde.
Das ist ein Punkt, an dem wir Lehrgeld bezahlt haben. Anfangs hatten wir relativ viele feste Kursangebote von Laufen über Zumba bis hin zu Skifahren. Es zeigte sich aber schnell, dass – bedingt durch die Schichtarbeit und durch die dezentralen Strukturen von ZUFALL Fulda – das Interesse für die Kurse nicht so groß wie erwartet war.
Wie haben Sie reagiert?
Wir haben daraus gelernt und uns darauf verlegt, nur noch den Anstoß zu geben. So kam zum Beispiel die Idee mit den Schnupperzeiten zustande. Statt direkt einen ganzen Kurs anzubieten, regen wir dazu an, sich etwas auszusuchen, was zu einem passt. So manch einer hat dadurch zu seiner Sportart zurückgefunden. Und so soll es ja sein: Wir wollen die Initialzündung geben, die Leute mit Bewegungsdrang anstecken und sie dazu bringen, etwas für sich zu tun. Wenn dann durch Eigeninitiative der Mitarbeiter daraus ein Kursangebot entsteht, unterstützen wir das, wo wir können. Das hat auch schon geklappt: Den Lauftreff, der zwischendurch „eingeschlafen“ war, gibt es inzwischen wieder.
Wie sah die Planungsphase für das ZUFALL-Gesundheitsmanagement aus?
Angefangen haben wir vor zwei Jahren mit einer Management-Fortbildung. Insgesamt 80 Mitarbeiter haben die durchlaufen und dabei nicht nur Theorie gepaukt, sondern viele Dinge an sich selbst ausprobiert. Dann ist Susanne Friese durch die Abteilungen gegangen und hat die übrigen Mitarbeiter befragt, was sie sich vorstellen können. Außerdem haben wir einen Gesundheitstag veranstaltet, bei dem viel ausprobiert werden konnte und wo wir auch gleich die Rückmeldungen eingeholt haben.
Machen Alle im Unternehmen mit?
Das ist die größte Herausforderung: Alle Mitarbeiter anzusprechen, obwohl deren Interessen, der Arbeitsalltag und die Lebenslagen so unterschiedlich sind. Deswegen gibt es inzwischen einen Arbeitskreis Gesundheitsmanagement, dem Vertreter von Auszubildenden, Betriebsrat und Niederlassungsleitung ebenso angehören wie der Betriebsarzt und das Marketing. Trotzdem erreicht man mit so einem Programm niemals alle Mitarbeiter. Einige waren gleich dabei, andere regen wir nach und nach durch unsere Angebote zum Mitmachen an. Es gibt aber auch Kollegen, die interessiert das einfach nicht. Das tut schon ein bisschen weh, wenn Sie sehen, dass ein Mitarbeiter, der ganz schief auf seinem Stuhl sitzt oder der auch heben muss, sich nicht für das Rückentraining interessiert. Aber: Das müssen wir akzeptieren. Jeder entscheidet das für sich selbst.
Bekommen Sie Rückmeldungen von den Mitarbeitern, die teilnehmen?
Ja, viele. Das ermutigt uns sehr. Erst diese Woche habe ich eine E-Mail von einem Mitarbeiter im Umschlag bekommen, der an einem Rückentraining teilgenommen hat. Das sei eine der besten ZUFALL-Ideen gewesen, hat er über die Kurse geschrieben. Er hat auch exakt verstanden, warum wir das machen. Er schreibt nämlich, was er für sich aus den Kursen mitnimmt: „Quäle Deinen Körper, sonst quält er Dich.“
Christoph Göbel (Jahrgang 1964) ist seit April 2013 Niederlassungsleiter von ZUFALL Fulda. Nach seiner Ausbildung zum Speditionskaufmann bei der ZUFALL logistics group in Fulda war er in dem Unternehmen in unterschiedlichen Bereichen tätig. Seit 1998 gehörte er als Mitglied der Niederlassungsleitung Fulda an, ab 2006 war er Sprecher der Niederlassungsleitung.