2022 haben Cyberkriminelle innerhalb eines Tages fast 135.000 neue Varianten ihrer schädlichen Software veröffentlicht – pro Minute mehr als 93 Angriffsversuche. Das Kalkül der Kriminellen: Antivirenlösungen halten mit dem hohen Tempo nicht Schritt und erkennen die neue Malware-Variante nicht, sodass sie ungehindert ins Netzwerk eindringen können. Die Sicherheitsanalystinnen und -analysten haben 2022 mehr als 49 Millionen verschiedene Schadprogramme identifiziert – ein Anstieg um 107 Prozent. Gegenüber 2021 hat sich die Zahl also mehr als verdoppelt.
Konsumenten im Fokus
Aktuelle Untersuchungen von G DATA CyberDefense zeigen, dass die Zahl der abgewehrten Cyberattacken vom dritten auf das vierte Quartal um mehr als 15 Prozent gestiegen ist. Dabei haben die Cyberkriminellen verstärkt Privatnutzer*innen ins Visier genommen. Während die Zahl der abgewehrten Attacken auf Unternehmen innerhalb von drei Monaten um mehr als 11 Prozent zurückgegangen ist, hat sich die Zahl der erfolglosen Angriffe auf Privatpersonen um ein Fünftel erhöht. Ein wesentlicher Grund: Cyberkriminelle nutzen saisonale Ereignisse und Feiertage wie Black Friday oder Weihnachten und locken Konsumenten mit gefälschten Webseiten oder Phishing-Mails in die Falle. Ihr Ziel: Log-in-Daten für das Online-Banking kopieren oder Schadsoftware auf privaten Rechnern installieren.
„Cyberkriminelle arbeiten saisonal und richten insbesondere zum Jahresende den Fokus auf Konsumenten“, erklärt Tim Berghoff, Security Evangelist bei G DATA CyberDefense. „Die meisten Angriffe passieren entweder am Wochenende oder kurz vor Feiertagen. Unternehmen sollten sich nicht in Sicherheit wiegen, sondern weiterhin an ihrer IT-Sicherheitsstrategie arbeiten. Dazu zählt einmal mehr Echtzeitschutz, um mit dem schnellen Tempo der Angriffe Schritt zu halten.“
Malware-Top-10: Rückkehr der Trojaner
Vier Malware-Familien aus dem Vorjahresranking finden sich in den Top 10 für 2022. Eine weitere Veränderung: Haben in den letzten Jahren insbesondere Remote Access Trojaner die Liste dominiert, ist das Bild jetzt deutlich vielfältiger. So finden sich mit Berbew, Urelas und Vilsel drei Trojaner im Ranking. Damit setzt sich der Trend weiter fort, unterschiedliche Malware zu Angriffsketten zu verbinden, um den Profit zu maximieren.
Die Malware-Top-10 im Überblick:
1. Platz: Shade; Anteil in Prozent: 15,9; Art: Ransomware
1. Platz: BlackShades; Anteil in Prozent: 15,9; Art: Remote Access Trojaner
3. Platz: Urelas; Anteil in Prozent: 11,4; Art: Trojaner
3. Platz: Berbew; Anteil in Prozent: 11,4; Art: Trojaner
5. Platz: Emotet; Anteil in Prozent: 9,1; Art: Malware Distributor
6. Platz: Vilsel; Anteil in Prozent: 7,1; Art: Trojaner
7. Platz: DC-RAT; Anteil in Prozent: 6,9; Art: Remote Access Trojaner
8. Platz: Buterat; Anteil in Prozent: 3,6; Art: Remote Access Trojaner
9. Platz: Prepscram; Anteil in Prozent: 3,0; Art: Software Bundler
10. Platz: Dridex; Anteil in Prozent: 2,3; Art: Information Stealer
Viele Angriffswege führen zum Ziel
Um Netzwerke und Rechner zu infiltrieren, nutzen Cyberkriminelle unterschiedliche Wege. Neben dem klassischen Phishing-Mails gehört auch Search Engine Poisoning sowie Malvertising aktuell zu den am häufigsten genutzten Angriffsvektoren. So funktionieren Phishing-Mails seit mehr als 30 Jahren – obwohl Privatpersonen und Unternehmen ebenso lange Mail-Security und Spamfilter nutzen. Ein Grund dafür: Phishing-Mails sind qualitativ besser geworden. Außerdem ist die Gefahr durch gezielte Attacken größer geworden.
Eine weitverbreitete Angriffsmethode ist zurzeit Search Engine Poisoning, auf Deutsch Suchmaschinen-Vergiftung. Dabei setzen Cyberkriminelle Maßnahmen zur Suchmaschinenoptimierung ein, damit eine bösartige Webseite bei Suchmaschinen in den Ergebnissen weit oben steht. Dabei nutzen Kriminelle Trendthemen wie etwa aktuelle politische Wahlen, große Sportereignisse oder saisonal wiederkehrende Ereignisse – zum Beispiel Urlaub, Black Friday oder Valentinstag. Wer den Link in den Ergebnissen anklickt, landet auf einer Webseite mit Schadcode. Oder die Cyberkriminellen versuchen, ihre Opfer zur Eingabe vertraulicher Informationen zu verleiten, um diese für Identitätsdiebstahl zu nutzen.
Einen deutlichen Anstieg gab es außerdem bei den Infektionen über Malvertising, also bösartige Werbung. Bei dieser Angriffsmethode setzen Cyberkriminelle eine spezielle Form von Schadsoftware ein, die sich hinter präparierten Werbebannern verstecken. Wer eine infizierte Anzeige anklickt, lädt die Schadsoftware auf seinen Rechner herunter. Oftmals nutzen Angreifer aber auch Sicherheitslücken des Browsers und/oder des Betriebssystems aus, um Malware ins System einzuschleusen.
„Um sich vor Malvertising oder Search Engine Poisoning zu schützen, sollten Anwender*innen auf jeden Fall eine effektive Sicherheitslösung auf dem Rechner installiert haben“, sagt Tim Berghoff. „Programme mit Echtzeitschutz verhindern das Ausführen von Schadsoftware. Wichtig ist zudem, dass die Antivirensoftware immer auf dem neuesten Stand ist und Updates installiert werden. Gleiches gilt auch für die Firewall, das Betriebssystem und den eingesetzten Browser.“
Auch wenn die Angriffe auf Unternehmen zuletzt rückläufig waren, werden Cyberkriminelle weiterhin Firmen attackieren. Dabei agieren sie auch unter wirtschaftlichen Aspekten und versuchen, mit geringem Aufwand maximalen Profit zu erzielen. Wenn Firmen also ihre IT-Sicherheit auf dem aktuellsten Stand halten, ihre Systeme patchen und die Security Awareness ihrer Mitarbeitenden steigern, müssen auch Angreifer mehr investieren, um ans Ziel zu gelangen. Und wenn der Aufwand den Ertrag übersteigt, suchen Cyberkriminelle ein neues Opfer, dessen Maßnahmen leichter zu überwinden sind.