"Mit 176 Milliarden Euro Bewirtschaftungsvolumen, 112 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung, einem Anteil von 5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt und über vier Millionen Erwerbstätigen ist die FM Branche eine Schlüsselbranche und Stütze der deutschen Wirtschaft!" Soweit das erhellende Fazit von Prof. Dr. Markus Thomzik zu Beginn des FM Tages 2010 am ersten Messetag in Halle A2. Thomzik ist Geschäftsführer des Instituts für angewandte Innovationsforschung in Bochum. Im Auftrag des GEFMA hat er den Status von Facility Management in der deutschen Wirtschaft und in den Medien untersucht.
Schlüsselbranche Facility Management
Demzufolge steht die Branche nach dem Handel, Gesundheits- und Sozialwesen und Verkehr- und Nachrichtenübermittlung an vierter Stelle, noch vor der Automobil- oder Kreativindustrie. Die Grundlage dafür bilden schlicht die volkswirtschaftlichen Kennzahlen der Branche in Bezug auf die Bruttowertschöpfung. Aus der Sicht von Thomzik kann man damit durchaus selbstbewusst am Markt und insbesondere auch in den Medien agieren. Und so die Bedeutung von Facility Management erfolgreich in den Köpfen, auch des Nachwuchses, verankern.
Mit diesem Initialvortrag haben Bernd Obermaier und Wolfgang Moderegger alles richtig gemacht. Das bewährte, Verbände übergreifende Organisationsteam hatte den diesjährigen FM Tag unter das Motto "Veränderungen von ökonomischen Randbedingungen" und deren "Auswirkungen auf Asset-, Property- und Facility Management" gestellt. Darauf gingen auch Otto Kajetan Weixler, Vorsitzender GEFMA und Thomas Knoepfle, Präsident RealFM, mit ihren Grußworten ein. Weixler sieht eine durch Krise und Green Building-Diskussion beschleunigte Professionalisierung des Facility Managements. Nachhaltige Immobilien werden sich allerdings nur dann durchsetzen, wenn sie nicht nur zertifiziert sind, sondern sich im Laufe ihres Immobilienlebens anhand ihrer Lebenszykluskosten auch als wirtschaftlich besser erweisen.
Trend zum Green Building
Von einem belegbaren Aufwärtstrend für das 3. Quartal 2010 sprach Andreas Völker, Geschäftsführer von BNP Paribas Real Estate Consult. Er prognostiziert größere Transaktionsvolumina, mehr und wieder größere Investitionen, eine Konsolidierung im Vermietungsmarkt, Tendenzen zu Re-Development und Umnutzung sowie ein breiteres Nachfragespektrum aus dem In- und Ausland. Was wiederum mehr Wettbewerb und einen stärkeren Fokus zunächst auf Kernimmobilien mit sich bringt. Nicht zuletzt - und dies zieht sich wie ein roter Faden durch alle Vorträge - ist das Thema Nachhaltigkeit voll im Markt angekommen: "Zertifizierte Gebäude sind gesucht!" Trotz oder wegen der Gesamtkosten. Sei es, weil es gerade in die Marketingstrategie und das Image von (gern amerikanischen) Unternehmen passt oder schlicht aus Umweltbewusstsein und Überzeugung. Ob das dann das DGNB, LEED oder auch das BREEAM Siegel ist, hängt am Ende viel von dem Land ab, in dem ein Gebäude steht. Im Zweifelsfall lässt man sich heute auch schon mal "doppelt" zertifizieren. Sagt Lars Dücker, Leiter Asset Management Bayerische Bau und Immobiliengruppe, der es gut findet, dass die Zertifizierung auch Projektentwickler zum Nachdenken zwingt.
Callcenter und Hausmeister
Dücker präsentierte zudem eine interessante Gegenüberstellung bezüglich FM in Gewerbe und Wohnen. Insbesondere bei der Bewirtschaftung von Wohngebäuden - wichtig sind u.a. hohe Volumina und Hausmeister statt Callcenter - trotz der Unterschiede zum Gewerbe, sieht er noch viel Potenzial. Von einer riesigen Aufgabe, zunehmender Professionalisierung und den Vor- und Nachteilen standardisierter Sanierungsprozesse speziell bei Wohnungsunternehmen spricht Dr. Claus Lehner, Vorstand der GBW AG. Hier sucht man den Mittelweg, arbeitet sowohl mit einem eigenen Callcenter, aber auch mit Hausmeistern, die von Gartenarbeiten und Schneeräumen entlastet werden sollen, um sich mehr um die Belange der Mieter kümmern zu können.
FM Outsourcing
Wie seine Bank den Outsourcingprozess für das FM in kurzer Zeit, zwischen 2008 und 2009, in drei Stufen erfolgreich durchlief, schilderte Thomas Papperger, Head of Corporate Facility & Infrastructure Management HVB Immobilien. Heute gibt es noch 80 Mitarbeiter in der Bank (vorher 300), die als Schnittstelle zwischen der Division und dem Provider die Definition, Vergabe und Abrechnung von flexiblen Regel- und optionalen Leistungen managen. Bewährt haben sich dabei Auftragsmanagementtools, ein ausgeklügeltes Helpdesksystem über das mehr als 7000 Aufträge im Monat laufen sowie ein durchgängiges CAFM. Die Servicequalität ist hoch. Die Bank profitiert von schlanken Abläufen und Transparenz in den Daten sowie der Performance des Dienstleisters. Was allerdings regelmäßige, individuelle Servicegespräche auf allen Ebenen, permanente Qualitätskontrolle und, ganz wichtig: die Abfrage der Endkundenzufriedenheit voraussetzt.
Management- versus Fullservicemodell
Mit "Hart aber fair" war das vom Chefredakteur des "Facility Managers" Martin Gräber moderierte Streitgespräch zum Thema Serviceprovidermodelle übertitelt. Am Ende war es eher eine Diskussion, bei der sich Stefan Wolter, Geschäftsführer von Johnson Controls Gobal WorkPlace Solutions (pro Managementmodell) und Dr. Eckart Morré, Geschäftsführer von HSG Zander (pro Fullservicemodell) gar nicht selten einig waren. Im Grunde geht es bei beiden um die Übernahme von Verantwortung und Kompetenzen, das Minimieren von Schnittstellen, um Kostenoptimierung und Qualität. Nur sind die Wege und Herangehensweisen unterschiedlich. Oft sind es einfach nur nationale oder internationale, sprich kulturelle Befindlichkeiten und Vorlieben, die die Entscheidung für oder gegen so ein Modell mit beeinflussen. Unabhängig davon, wer in welchem Modell welche Kosten wo und wie versteckt oder aufdeckt und dies dann mehr oder weniger transparent zu sein scheint. Auf den Punkt bringt es womöglich diese Aussage eines Forumteilnehmers: "Wichtig sind die Kompetenzen, nicht das Modell."
In der Podiumsdiskussion mit Auftraggebern und -nehmern griff Martin Gräber das Thema des Tages noch einmal auf. Zusammen mit seinen vier Gesprächspartnern Markus Thomzik, Thilo Junkes, Leiter CREM bei der Deutschen Telekom, Lars Dücker, Leiter Asset Management bei der Bayerischen Bau und Immobilien Gruppe sowie Ralf Hempel, Geschäftsührer bei der WISAG Facility Service Holding GmbH & Co KG beleuchtete er die spezifischen Unternehmensstrategien in und nach der Krise in den verschiedenen Märkten. "Wir müssen Lösungen bieten, die auf die veränderten Randbedingungen in Bezug auf Umwelt, Energie, Demografie reagieren," sagt Hempel. Auf die Frage, wie sinnvoll es sei, Aufträge anzunehmen, "bei denen man das Geld gleich selber mitbringen muss", antwortete er: "Da muss jeder für sich entscheiden, ob das noch nachhaltig von Erfolg gekrönt ist." Dücker berichtete, wie sein Unternehmen die Krise für Neustrukturierungen genutzt hat und jetzt mehr FM Leistungen ausschreibt. Er sprach von großen Portfolios, die stückweise auf den Markt gehen und Betriebsübergaben an Dienstleister allerdings nur bei langfristigen Partnerschaften. "Wir sind ein integriertes Immobilienunternehmen, es ist keinem geholfen, wenn ich bei den Finanzen Druck mache und überziehe."
Aus der Sicht von Thomzik hat die Krise verschiedene Branchen verschieden stark getroffen. Er sieht großes Potenzial in FM gerechter Planung und Kostenanalyse. Hohe Potenziale bei Flächenreduzierung erkennt er in der Betrachtung von Wertschöpfungsprozessen und Nutzergewohnheiten. Indirekt bestätigt wird dies auch durch Thilo Junkes von der Telekom, die einen Outsourcingvertrag mit Strabag Property and Facility Services hat. Auch für ihn ist die Fläche eine wichtige Kennzahl, "da hängen die Kosten". Also überlegt man sich Optimierungs- und Verdichtungsmodelle, die trotzdem als kommunikative Flächenkonzepte funktionieren: openSpace Lösungen. Als Hempel über die technischen Dienstleistungen seines Hauses im Hotelbereich und sozialverträgliche Betriebsübergänge - "wir übernehmen die Mitarbeiter und entwickeln sie weiter" - spricht, weil "die Menschen in Deutschland auch von ihrer Arbeit leben können sollen", hätte man eigentlich fast Beifall erwartet.
Fazit
Die Krise scheint überwunden, die Branche profitiert national und international von einem spürbaren Aufwärtstrend. Was auch die Charts von Christina Hoffmann und Tina Reuter, beide Head of Property Management bei Jones Lang LaSalle, bezogen auf die großen internationalen Auftraggeber eindrücklich belegten.
Alles in allem wird es differenzierte, branchenabhängige Entwicklungen in den unterschiedlichen Märkten, von Gewerbe über Wohnen, Handel, Büro bis Banken geben. In Teilbereichen des Dienstleistungsgeschäftes sind die Margen gesunken, andere Bereiche profitieren. Sicher ist, dass ein erfolgreiches Asset-, Property- und Facility Management am Ende nicht nur über Zahlen und Exceltabellen, Effizienz, Partnerschaftsmodelle und Outsourcing funktioniert, sondern auch Menschenverstand und Fingerspitzengefühl nicht schaden, im Umgang mit den - immerhin doch vier Millionen - Protagonisten der Branche ...
RealFM e.V.
RealFM e.V. - Association for Real Estate and Facility Managers - ging im November 2006 aus IFMA Deutschland e.V. hervor. Sitz des Verbandes ist Berlin. Als einzige berufsständische Organisation in Deutschland für Real Estate und Facility Manager bildet RealFM ein aktives Netzwerk mit regionaler, nationaler und europäischer Ausrichtung für beide Berufsgruppen. Gemäß Vereinssatzung sind mindestens 75 Prozent der Mitglieder Professionals aus Nachfrageorganisationen, maximal 25 Prozent sind Professionals aus Anbieterorganisationen. Internet: www.realfm.de.