Gaspreiserhöhung: 25 %, Strompreiserhöhung: 15 % – diese unerfreulichen Zahlen kennen Privathaushalte und Kommunen längst. Fest steht aber, dass wir uns an hohe Gas- und Ölpreise gewöhnen müssen, so dass nach neuen Energiequellen zu suchen ist, um noch wirtschaftlich haushalten zu können.
Bereits gefunden, jedoch bislang kaum genutzt, ist dabei das Abwasser, welches jeder Bürger produziert und dies – dank der vorherigen Erwärmung für Dusche, Wasch- und Spülmaschine – mit einem verhältnismäßig hohen Temperaturniveau in den Abwasserkanal ableitet.
In diesem Kanal kann die enthaltene Wärme über Wärmetauscher abgezogen und durch Wärmepumpen auf das notwendige Temperaturniveau zur Beheizung von Wohnkomplexen, Schulen, Sportstätten, öffentlichen Gebäuden oder Krankenhäusern gebracht werden.
Sicher löst die Nutzung der Abwasserwärme nicht alle Energieprobleme und ist auch nicht überall einsetzbar, jedoch kann diese Technologie dazu beitragen dort CO2-neutral Wärme zur Verfügung zu stellen, wo die Wohnbebauung verdichtet ist und somit große Mengen an Abwasser einem entsprechend hohem Wärmebedarf gegenüber stehen.
Ein guter Einstieg in diese Art der nachhaltigen Energienutzung wäre gemacht, wenn die Kommunen für bestehende und geplante Bebauungen sogenannte Energiekarten anfertigen würden, aus denen ersichtlich ist für welchen Standort die Abwasserwärmenutzung oder eine andere regenerative Quelle wie Geothermie, vorhandene Abwärme oder Biogas zumindest näher zu untersuchen ist.
Derartige Energiekarten sind bereits in einigen Schweizer Kantonen verpflichtend vorgeschrieben – wenn man den geringen finanziellen Aufwand für das Erstellen einer solchen aussagefähigen Karte betrachtet, verwundert es, dass in Deutschland zwar die Neigung eines Daches vorgeschrieben wird, nicht aber mit welcher Energiequelle ein Gebäude vorteilhaft beheizt werden soll.
Da Abwasser – im Gegensatz zur Sonne – in unseren Breiten kalkulierbar und in ausreichender Menge vorhanden ist, können die Wärmenutzungsanlagen mittlerweile auch ohne Förderung wirtschaftlich betrieben werden. Dies insbesondere dann, wenn die Verlegung der Kanalwärmetauscher mit der häufig fälligen Sanierung der Kanalnetze kombiniert wird.
Am 20. Juli 2006 wurde dieses Thema auf einer Fachtagung beim Abwasserverband Starnberger See von Ernst A. Müller, dem Projektleiter des Programmes „Energie Schweiz“ vorgestellt. Die große Zahl der anwesenden Vertreter von Kommunen und Kanalnetzbetreibern lässt hoffen, dass das Energiepotenzial im Abwasser erkannt ist und künftig auch verstärkt genutzt wird.
Dr. Oliver Christ