Schneller Wechsel der logistischen Anforderungen
Takko zählt mit 1050 Filialen, 9175 Mitarbeitern und einem Umsatz von 695 Mill. € zu den Großen in der Branche. Das Unternehmen hat sich nach eigenen Berichten in den vergangenen zwei Jahren mit intensiver Konzentration auf direkte Importe aus den asiatischen Produktionsländern und dem damit verbundenen Aufbau einer vertikalen Positionierung in den Beschaffungsprozessen umfassend neu ausgerichtet. Mit diesen Maßnahmen solle ein weiteres jährliches Wachstum um rd. 150 Filialen ermöglicht und den damit verbundenen enormen logistischen Herausforderungen Rechnung getragen werden.
Die Logistik-Anforderungen im Handelsgeschäft für Fashionprodukte haben sich nach Erfahrungen von Takko in den letzten Jahren mit immer schneller aufeinander folgenden Saison-Wechseln erheblich gewandelt. Grund für diese Entwicklung sei die zunehmend schneller werdende Abfolge von unterschiedlichsten Stilen und Trends, auf die der Handel eingehen müsse, will er erfolgreich bleiben. Diese Entwicklung fände vor allem in sich stetig verändernden Anforderungen an die Logistik ihren Widerhall. „Als Fashion-Discounter kann man heute mit einem nur sehr engen Horizont für die zu bewältigenden Aufgaben in der Beschaffungs- und Distributionslogistik planen“, sagt Rüdiger Weinnoldt, der für Logistik verantwortliche Geschäftsleiter.
Der Wandel des Käuferverhaltens mit seinen viel größeren Einflüssen auf das Marktgeschehen wie auch die rasante Expansion des Unternehmens in den zurückliegenden Jahren veranlasste die Verantwortlichen, ihre Logistikstrategie weiter zu optimieren. „Neben unserem etablierten Transshipment-Konzept zur unmittelbaren Filialversorgung über zwei Distributionszentren in Telgte und Schnelldorf haben wir“, so Weinnoldt weiter, „ein Push- und Pull-Warehouse eingebunden. Ziel unserer Konzeption war die Verbindung der Transshipment-Effizienz mit der feineren Steuer- und Planbarkeit durch ein Nachversorgungslager für unsere Shops.“
Ergänzung durch Push- und Pull-Lager
Das neue insgesamt 13.000 m² große Push- und Pull-Lager im westfälischen Bönen erfüllt diese beiden Funktionen: die angelieferten Waren werden in zwei Richtungen aufgeteilt. Zum einen Teil werden sie im Cross-Docking über die Distributionszentren direkt an die Filialen weitergegeben, zum anderen Teil für die spätere Nachversorgung für maximal vier Wochen zwischengelagert. Rund 70 Prozent entfallen dabei auf die Erstversorgung (Push-Strategie) und die restlichen 30 Prozent werden nachversorgt (Pull-Strategie). Auf Basis der täglich ermittelten tatsächlichen Abverkaufszahlen werden die einzelnen Stores dann aus dem neuen Lager bedarfsgerecht beliefert. Die Nachversorgung wird dabei mit den Transshipment-Mengen kombiniert, damit beides gebündelt kostenoptimal transportiert werden kann.
Das WMS erhält von den Planungs- und Beschaffungssystemen des Discounters sämtliche Informationen zu den eingehenden Ordern wie auch den Schlüssel zur Aufteilung. Dadurch kann dann mit der Vereinnahmung der Ware gleich eine Weiterleitung im Transshipment oder eine Einlagerung initiiert werden.
Takko setzt ein Staplerleitsystem zur Steuerung seiner operativen Lagerabläufe ein. Über Funkterminals werden damit Schubmaststapler je nach Auslastungssituation in den Wareneingang geroutet, um dort die angelieferten Waren aufzunehmen. Je nach Auftrag wird die Ware entweder für die Weiterverladung im Transshipment auf Versandzonen pro Distributionszentrum bereitgestellt oder direkt in einem Regallagerplatz, bedarfsweise auch in einem Blocklager, eingelagert. Übernahme, Transit und Abgabe werden dabei jeweils gescannt, so dass jederzeit transparent bleibt, wo sich die Ware gerade im Lager befindet.
Bei der Abgabe einer Palette am Ziellagerplatz wird durch das Staplerleitsystem zugleich geprüft, ob in unmittelbarer Nähe ein Auftrag zur Entnahme vorliegt, der mit dieser Fahrt verbunden werden kann. Ist dies der Fall, bekommt der Staplerfahrer den Vorschlag, diese Palette gleich mit aufzunehmen. Auf diese Weise werden Fahrwege und damit Fahrzeiten deutlich reduziert. „Diese Doppelspiele“, sagt Matthias Langhorst, Betriebsleiter des Push- und Pull-Lagers, „bringen uns Zeitvorteile, da Leerfahrten für unsere Stapler in erheblichem Umfang vermieden werden.“
Das eigentliche Kernstück des neuen Warehouses ist die Organisation der Entnahmen für die Nachversorgung der 1050 Filialen mit bis zu 50.000 Teilen pro Tag. Takko setzt hier auf eine Kombination aus filial- und artikelbezogener Kommissionierung, die es ermöglicht - je nach Verfügbarkeit der Ressourcen und Auslastung - in die jeweils erforderliche Richtung zu steuern. Genutzt wird dazu ein System zur Planung, Kontrolle und Lenkung von Ressourcen.
Mit dem System werden operative Tätigkeiten definiert und diesen wiederum Zeitvorgaben zugeordnet. Die fixierten Zeitvorgaben werden dann allerdings automatisch auf Basis der tatsächlich ermittelten Durchschnittswerte gewichtet. Im weiteren Verlauf werden dann die zuvor beschriebenen einzelnen Tätigkeiten auf die zu einer Kommissionierwelle zusammengefassten Aufträge aus den Filialbestellungen aufgelöst. Damit wird eine realistische Prognose erstellt, wie hoch der zeitliche Aufwand für die Kommissionierung sein wird. In der Ermittlung der Prognose werden mehrere Szenarien berücksichtigt, die entscheidenden Einfluss auf die spätere Kommissionierung haben. Ist die Bildung von filialbezogenen Entnahmen gegenüber den artikelbezogenen priorisiert, kann entsprechend dem täglich veränderten Abverkaufsverhalten der Stores ein völlig unterschiedlicher Kommissionieraufwand entstehen. Damit Takko hier selbst entscheiden kann, werden immer beide unterschiedlich gewichteten Prognosen zur Auswahl präsentiert, um dann je nach Lastsituation freigegeben zu werden.
Optimierung der Kommissionierfahrten
Die Kommissionierung ist völlig papierlos mit einem W-LAN-basierten Kommissioniersystem realisiert. Takko setzt hier eigens dafür entwickelte Datenfunkterminals ein, die wie ein Handschuh am Handgelenk getragen werden, um den Mitarbeitern möglichst viel Bewegungsfreiheit und vor allem zwei freie Hände zu geben. Entnommen wird filialbezogen in handelsübliche Rollbehälter und artikelbezogen in Gitterboxen. Für beide Ladehilfsmittel werden jeweils Kommissionierfahrten zusammengestellt, in denen mehrere Behälter auf einem Kommissioniergerät parallel gefüllt werden können. Die Kommissionierung selbst wurde konsequent auf das Multi-Picking-Verfahren ausgelegt, wobei für den Start jeder Kommissionierfahrt dynamisch versucht wird, eine optimale Tour zu bilden. Dazu werden aus dem vorhandenen Auftragspool diejenigen herausgesucht, die ideal zusammenpassen, damit die Entnahme dann gebündelt an einem Quell-Lagerplatz für mehrere Kommissionierbehälter durchgeführt werden kann. „Dieses Verfahren der dynamischen Optimierung von Kommissionierfahrten“, sagt Rüdiger Weinnoldt, „hat uns in großem Umfang Effizienz und Zeitersparnis gebracht. Wenngleich die Touren immer ungünstiger werden, je weniger wir im Auftragspool haben. Aber die Kunst der Steuerung liegt im Wesentlichen darin, über den ganzen Tag hinweg ein ausgewogenes Verhältnis zwischen bereits anstehenden und den neu einzulastenden Aufträgen zu finden.“
Den fertig kommissionierten Rollbehältern und Gitterboxen werden dann Versandpapiere zugeordnet, wobei Takko hier ein System zum „On-Demand-Printing“ favorisiert. Dabei werden die abgeschlossenen Packstücke vom Kommissionierer an einem mit Druckern ausgerüsteten zentralen Punkt vorbeigeführt, auf dem dann alle erforderlichen Begleitpapiere, wie Packstückinhaltsverzeichnisse, Versandlabel oder Dokumente mit zusätzlichen Informationen, bereitliegen.
Die Verwaltung der Versandflächen wird durch ein Dock- und Yard-Management-System gesteuert, mit dem die Bereitstellungszonen je nach Auslastung automatisch zugeordnet werden. Die Verladung folgt dann ebenfalls papierlos über das Staplerleit- und Kommissioniersystem. Dieses Modul soll die korrekte Verladung der für die einzelnen Touren vorgesehenen Packstücke auf die richtigen LKW sichern und mit Verladeabschluss auch automatisch alle relevanten Transportpapiere, wie Ladeliste oder Packmittelscheine, ausgeben.
Realisiert ist das Gesamtsystem serverseitig auf einem hochverfügbaren HP-Cluster unter SuSE Linux und einem 11 Mbit WLAN zur Kommunikation mit den Datenfunkterminals. Dort werden neben den speziellen Identisys-Geräten für das Staplerleitsystem 10“ Mobile-PC des Olchinger Industriecomputer-Pioniers DLoG eingesetzt.
Das Gesamtprojekt zur Inbetriebnahme des Push- und Pull- Lagers war nach Angaben von Takko innerhalb eines sehr ehrgeizigen Zeitrahmens umzusetzen; einschließlich aller Planungen standen lediglich vier Monate zur Verfügung, um das gesamte System in Betrieb zu nehmen. „Ein ganz entscheidender Punkt bei der Auswahl unseres Partners für die Lieferung des neuen WMS“, so resümiert Rüdiger Weinnoldt, „war auch dessen Erfahrung und Flexibilität in der Realisierung solcher Projekte im Handels- und Textilumfeld.“