Die Zahlen beruhen zum gewissen Teil auf Schätzungen, denn es gibt keine zentrale Instanz, in deren Datenbank man einfach nur die Userinnen und User zählen müsste.
Dezentrale Soziale Plattformen
Das Fediverse ist die Gesamtheit von Social-Media-Angeboten und -Netzen, die über offene Protokolle miteinander Informationen austauschen. Ein wichtiges Protokoll ist das ActivityPub-Protokoll.
Dabei haben die vernetzten Server mit ihren Anwendungen im Fediverse ganz unterschiedliche Ausrichtungen: Es gibt Angebote, die wie ein Microblogging-Service funktionieren, andere sind auf Instant Messaging ausgerichtet. Wieder andere stellen usergenerierte Videoclips oder Macroblogging in den Vordergrund, wo es um Inhalte geht, die man teilen, kommentieren oder bewerten kann.
Trotz der Vielfalt ist es möglich, dass User und Userinnen, die auf den unterschiedlichen Servern aktiv sind, miteinander interagieren können.
Austauschprotokoll ActivityPub
Der Zugang zum Fediverse ist im Prinzip recht einfach möglich. So lässt sich die eigene WordPress-Installation mittels eines Plugins an das Fediverse anbinden. Auch Nextcloud, eigentlich als Onlinespeicheranwendung bekannt, kann ActivityPub nutzen. Es erleichtert die Online-Kommunikation, wenn mehrere Nutzerinnen und Nutzer zusammenarbeiten wollen.
Die Webanwendung Friendica empfiehlt sich deshalb, da sie mit Linux, dem Apache-Webserver, MySQL (einer Datenbank) und PHP auskommt. Damit ist es meist überall dort installierbar, wo auch Drupal oder Joomla laufen.
Wer selbst einen Friendica-Server anbieten will und sich nicht nur als einzelne Person ins Fediverse einklinken möchte, sollte allerdings etwas mehr Hardware-Ressourcen bereitstellen.
Wachstumsschub
Das Fediverse ist kürzlich sehr gewachsen. Die Kurve zeigt im vierten Quartal 2022 steil nach oben.
Nach Angaben auf the-federation.info schnellte die Zahl der aktiven Nutzer Ende Oktober 2022 von 1,5 Millionen Userinnen und User auf 5,2 Millionen hoch. Interessant auch: Eine andere Zahl deutet einen Trend zu weniger Usern pro Server an. Offenbar gehen zur Zeit viele neue Installationen online.
Über die Gründe kann man spekulieren. Doch zunehmendes Misstrauen in Big Tech mag eine Rolle spielen. Vielen Nutzern geht es um Datenhoheit und Datenschutz.
Beliebte und häufig verwendete Plattformen im dezentralen Social-Media-Raum sind Mastodon, Diaspora, Peertube, Pixelfed. Schon an der Namensgebung lässt sich erkennen, auf welchen Aspekt die jeweilige Plattform abstellt und welches Silicon-Valley–Angebot man damit vielleicht ersetzen könnte.
ActivityPub schafft Connections
Neben den zentralen Plattformen, die werbe- und datenfinanziert sind, ist eine bunte Open-Source-Vielfalt entstanden. Das brachte aber auch eine inzwischen schwer überschaubare Vielzahl an Kommunikationsprotokollen mit sich: matrix, ostatus, diaspora, dfrn, zot, webmention, xmpp und einige mehr. ActivityPub scheint ein guter gemeinsamer Nenner zu sein, ist vom World Wide Web Consortium (W3C) spezifiziert und viele quelloffene Projekte nutzen neben ihren angestammten Protokollen auch ActivityPub.
Zudem existieren auch Brücken zu großen kommerziellen Diensten, so dass man mit einiger Mühe eigene Social-Media-Server an vielgenutzte kommerzielle Schwergewichte andocken kann. Allerdings handelt sich eben um proprietäre, also nichtoffene Schnittstellen, die da bedient werden müssen und die sich rasch ändern können.
Möglicherweise ändert sich das bald: Kürzlich war zu erfahren, dass auch das kommerzielle Tumblr sich ins Fediverse einklinkt. Auch Flickr denkt darüber nach.
.social wird die Domain für das offene Social Web
Das Fediverse ist dezentral. Auch die einzelnen Einheiten im Fediverse sind dezentral. Wie also kommt man zu einer „Adresse“ im Fediverse? Wie wird man Teil des Ganzen?
Das Kontakt-Handle im Fediverse kann man gut mit dem E-Mail-Dienst im Internet vergleichen: Auch bei der E-Mail-Kommunikation gibt es keine Zentrale. Es gibt hunderttausende Mailserver.
Vergleich mit E-Mail
Eine E-Mail-Adresse besteht aus zwei Teilen besteht, die durch das „@“-Zeichen getrennt sind: Man spricht von einem lokalen Teil links vom „@“-Zeichen und einem Domänenteil, rechts vom „@“-Zeichen.
Mit dem Domänenteil „weiß“ das Internet, zu welchem Server eine E-Mail geschickt werden muss. Der empfangende Server kümmert sich um den lokalen Teil. Auf dem Server eingehende Mails werden in die entsprechende Mailbox des Users oder der Userin gebracht.
Wer also im Fediverse erreichbar sein will und selbst Userinnen und User dort kontaktieren oder jemandem folgen möchte, braucht eine Adresse, man sagt auch Handle. Für das Fediverse haben die Adressen die Form „@username @servername“
Will man keine eigene Instanz einer Fediverse-kompatiblen Webanwendung aufsetzen, die als Server fungiert, muss man einen passenden Server finden und sich dort anmelden. Mit einer entsprechenden Websuche stößt man schnell auf Empfehlungslisten.
Man sucht also nach einem Dienst seiner Wahl und meldet sich z.B. bei einer Friendica-Installation oder Mastodon, Diaspora etc. an.
Diese Installationen haben unterschiedliche Domainnnamen, weil es sich um eigenständige Server handelt. Der Domainname ist dann Teil des Handles, so wie der Domainname eines Mailservers Teil einer E-Mail-Adresse ist.
In welcher Weise, d.h. mit welchen Protokollen ein Server von außen kontaktierbar ist, obliegt dem Betreiber oder der Betreiberin dieses Servers. Genauso ist es dem Betreiber oder der Betreiberin überlassen, was er oder sie auf dem Server zulässt und welche Dienste er oder sie bereitstellt.
Schließlich sind die Betreiber für die Aktivitäten und zumindest teilweise für auch für die der verbundenen Userinnen und User verantwortlich. Außerdem gibt es keinen Anspruch gegenüber den Betreibern, sich überhaupt anmelden zu dürfen. Meist muss man sich zumindest Regeln unterwerfen. Eine übergeordnete, verantwortliche Zentrale oder Schiedsstelle etc. gibt es nicht. Rechtsfrei ist das Fediverse aber nicht. Gesetze gelten.
Was auffällt ist, dass viele Betreiber eine „sprechende Domainendung“ nutzen, nämlich .social. So wie .shop auf einen Onlineshop hindeutet, verweist diese Top Level Domain auf ein Social-Media-Angebot.
Möglicherweise ist es gerade für nichtkommerzielle Organisationen oder Unternehmen sinnvoll, einen eigenen Social-Media-Server neben dem www-Angebot oder dem E-Mail-Server zu betreiben. Auch Privatleuten, die besonderen Wert auf Datenhoheit legen, empfiehlt sich eine eigene Installation unter eigenem Domainnamen.
Wer nach Fediverse-Servern sucht, stellt fest, dass viele die Top Level Domain .social verwenden. Diese Domainendung gehört zu den sogenannten „neuen generischen Top Level Domains“, die es nun seit einigen Jahren neben den althergebrachten wie .com, .net, .org gibt.
Einen Domainnamen unter .social kann im Prinzip jeder registrieren. Die Registrierung einer .social-Domain ist auch bei goneo möglich.
Die Kosten dafür betragen zur Zeit 3,99 Euro im Monat, inkl. MwSt. Einmalig kommt eine Registriergebühr von 1,99 Euro hinzu.