Die Dreharbeiten eines Films folgen selten einem entspannten Tempo. In der Realität ist der Drehplan straff und erfordert eine minutiöse Planung und ein präzises Zeitmanagement, um alle Szenen im vorgegebenen Zeitraum erfolgreich abzudrehen. Jede Verzögerung kostet Geld – oft im fünfstelligen Bereich pro Tag – und kann die gesamte Produktion gefährden. Die Rolle des Projektmanagements ist in diesem Zusammenhang entscheidend, da es die nötige Struktur und Planung liefert, um den engen Zeitrahmen optimal auszunutzen und flexibel auf Herausforderungen zu reagieren.
Planung beginnt mit dem Drehbuch
Zeitmanagement beginnt schon bei der Drehbuchplanung. Bevor die ersten Kameras laufen, wird das Skript detailliert in Szenen aufgeteilt. Diese Szenen werden dann in einen Zeitplan überführt, der den Ablauf der Dreharbeiten vorgibt. Hier kommt das sogenannte Scheduling zum Einsatz, eine Disziplin des Projektmanagements, die sicherstellt, dass jede Szene zum optimalen Zeitpunkt gedreht wird. Dabei werden Faktoren wie Tageslicht, Wetterbedingungen, Verfügbarkeit der Schauspieler und Locations berücksichtigt. Projektmanager arbeiten eng mit dem Regisseur, der Produktionsleitung und anderen Abteilungen zusammen, um sicherzustellen, dass der Plan nicht nur realistisch, sondern auch effizient ist.
Flexibilität durch Risikomanagement
Ein straffer Drehplan stellt das Projektmanagement oft vor große Herausforderungen. Die Filmbranche ist unberechenbar: Eine plötzliche Wetteränderung, technische Störungen oder gesundheitliche Ausfälle können den Zeitplan durcheinanderbringen. Hier kommt das Risikomanagement ins Spiel, eine der Kernkompetenzen im Projektmanagement. Die Produktionsleitung arbeitet mit Backup-Plänen und Ausweichterminen, um auf unvorhergesehene Zwischenfälle schnell reagieren zu können. So kann es sein, dass bei einem Regenschauer geplante Außenszenen nach drinnen verlegt oder in einem Studio aufgenommen werden. Die Flexibilität, die dadurch entsteht, hält die Produktion im Zeitrahmen.
Effizienz durch Block-Drehpläne
Besonders herausfordernd ist die Arbeit mit Schauspielern und externen Mitarbeitern, die oft nur für kurze Zeiträume verfügbar sind. Um die Verfügbarkeit optimal zu nutzen, werden Szenen oft nicht in der Reihenfolge gedreht, in der sie später im Film zu sehen sind. Stattdessen werden alle Szenen, die an einem bestimmten Ort spielen oder die eine bestimmte Darstellerin betreffen, gebündelt. Diese Herangehensweise nennt sich Block-Drehplan und erfordert eine extrem präzise Koordination und Zeitplanung, um die Effizienz hoch und die Kosten niedrig zu halten.
Die Rolle der Technik und Ausstattung
Auch der Einsatz von Technik und Ausstattung spielt beim Timing eine große Rolle. Filmproduktionen benötigen oft spezielle technische Geräte, von Kameras und Lichtanlagen bis hin zu Requisiten und Spezialeffekten. Diese Ressourcen müssen zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar sein. Ein gut organisierter Projektmanager hat den Überblick über die Auslastung und den Standort der gesamten Ausstattung, sodass Engpässe vermieden werden. So werden Requisiten, die nur für wenige Szenen benötigt werden, direkt nach ihrem Einsatz zurückgeschickt, um keine unnötigen Lagerkosten zu verursachen.
Lean Management bei Maske und Kostüm
Ein oft unterschätzter Aspekt ist die Arbeit mit Gewerken wie Maske und Kostüm. Jede Sekunde zählt, und selbst ein kurzer Aufenthalt in der Maske oder das Anlegen aufwendiger Kostüme können den Zeitplan durcheinanderbringen. Hier kommt das sogenannte Lean Management zum Einsatz, bei dem unnötige Wartezeiten minimiert und Abläufe so gestaltet werden, dass sie möglichst effizient ablaufen. Zum Beispiel kann ein zweites Team für schnelle Kostümwechsel bereitstehen, um die Dreharbeiten nicht zu verzögern.
Einhaltung der Arbeitszeitvorgaben
Der Umgang mit Arbeitszeiten ist ein weiteres sensibles Thema im Zeitmanagement. Viele Filmproduktionen arbeiten mit strengen Arbeitszeitvorgaben, die gesetzlichen Bestimmungen folgen. Die Herausforderung für das Projektmanagement liegt darin, diese Vorgaben einzuhalten und gleichzeitig den engen Drehplan zu realisieren. Überstunden sind in der Filmbranche keine Seltenheit, doch gut organisierte Projektmanager versuchen, sie auf ein Minimum zu reduzieren, um die Arbeitskräfte fit und produktiv zu halten. Hier hilft eine klare Einteilung in Schichten und Pausenzeiten, um den straffen Zeitplan mit den Erholungsbedürfnissen der Crew in Einklang zu bringen.
Unterstützung durch moderne Technologien
Moderne Technologien und Softwarelösungen erleichtern das Timing zusätzlich. Digitale Tools zur Planung und Überwachung des Drehplans ermöglichen es dem Projektmanager, jederzeit den Überblick zu behalten und auf Änderungen zu reagieren. Auch wenn diese technischen Hilfsmittel die Arbeit effizienter gestalten, bleibt die Rolle des Projektmanagers unverzichtbar. Denn die Flexibilität und das Einfühlungsvermögen, die für die Anpassung an unerwartete Herausforderungen erforderlich sind, können durch Technik nur bedingt ersetzt werden.
Timing als Kunst des Projektmanagements
Am Ende hängt der Erfolg eines Filmprojekts von der Fähigkeit des Teams ab, im Rahmen eines straffen Zeitplans effizient und koordiniert zu arbeiten. Ein gut geplantes Projektmanagement kann die Dreharbeiten erheblich beschleunigen und dafür sorgen, dass alle Beteiligten ihre Aufgaben rechtzeitig und im Rahmen des Budgets erfüllen. Die Kunst des Timings ist also nicht nur eine Frage von Disziplin, sondern auch von Kreativität und Flexibilität – genau wie der Film selbst.
Die Woche vom 4. bis 10. November 2024 steht bei der GPM ganz im Zeichen von Projektmanagement und Film – mit dem PM Salon in Berlin am 06.11.2024 mit Björn Böhning (Vorstandssprecher der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen) und mit dem PM Forum Digital in Hamburg am 07.11.2024 mit einer Keynote von Erfolgsregisseur Fatik Akin zum Thema „Zwischen Filmkunst und Projektstrategie“. Der GPM Blog begleitet diese Veranstaltungen mit einer Themenwoche, in der unterschiedliche Aspekte des Projektmanagements in der Filmbranche beleuchtet werden – von der Zeitplanung über agile Methoden bis zum Stakeholder- und Risikomanagement.