Beteiligung: Einbeziehung in die Entscheidungsfindung (3.4)
Konsultation: Ansichten einholen, bevor eine Entscheidung getroffen wird (3.5)
Das Fragezeichen über Ihrem Kopf ist noch immer da? Das ist absolut nicht verwunderlich. Die Begriffe gehen wohl auf einen Kompromiss innerhalb des Projektkomitees 283 zurück, dessen Teilnehmer sich nicht darauf einigen konnten, was genau „participation“ und „consultation“ nun eigentlich bedeuten soll.
Mehr Licht im Dunkel
Dennoch verwendet die Norm beide Begriffe nicht synonym. Von „Konsultation“ spricht sie, wenn es um die allgemeinen Managementanforderungen geht, d.h. grob gesagt die Stakeholder-Analyse, die Politik, Rollen und Befugnisse, das Ermitteln (rechtlicher) Verpflichtungen, Ziele, Planung, Steuerung, Beschaffung, Kennzahlenerfassung, Internes Audit, fortlaufende Verbesserung.
Die „Beteiligung“ wird wiederum bei der praktischen Umsetzung gefordert, also zu den Fragen:
- wie die Beschäftigten beteiligt werden möchten
- was die Gefährdungen sind
- wie die Arbeit sicherer gestaltet werden kann
- welche Kompetenzen erforderlich sind und wie sie erreicht werden
- was kommuniziert werden soll
- wie die Tätigkeit sicher durchgeführt wird
- wie Vorfälle untersucht werden können
Außerdem steht am Ende immer das Top-Management in der Verantwortung: Egal wie stark die Beteiligung der Beschäftigten ist, den Hut hat schlussendlich die oberste Führung auf.
Was bedeutet das in der Praxis?
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die erfolgreichsten Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheitschutz bei der Arbeit (SGAMS) mit einer Arbeitssicherheitskultur einhergehen, die jeden Aspekt des Unternehmens durchdringen und den Beschäftigten präsent sind. Außerdem sollten Managementsysteme immer praxisnah sein. Ein System, dass einem Unternehmen einfach „aufgestülpt“ wird, findet in der Belegschaft nie wirkliche Akzeptanz und kann so auch nie seine volle Wirksamkeit entfalten.
Daher sollen die Beschäftigten schon beim Entwickeln und Bewerten der oberen Managementsystemaspekte konsultiert werden: Das steigert direkt das Maß der Identifikation mit dem System. Und natürlich geben auch auf dieser Ebene „einfache Arbeiter“ schon wertvollen Input.
Wie diese Konsultation erfolgen soll, schreibt die Norm nicht vor. Günstig sind bei solchen Befragungen natürlich immer Arbeitnehmervertreter (z.B. Betriebsrat), denen die Norm auch Rechnung trägt. Aber letztlich entscheidet jedes Unternehmen selbst - je nach Größe und Struktur des Unternehmens sind viele Möglichkeiten denkbar, von Workshops über Befragungen (z.B. Mitarbeitergespräche, Feedback-Bögen), Vorschlagswesen bis hin zu Meetings mit Arbeitnehmervertretungen.
Bei der praktischen Umsetzung des SGAMS wiederum ist ein funktionierendes System ohne Beteiligung der Beschäftigten kaum denkbar. Je größer das Unternehmen desto unwahrscheinlicher ist es, dass ein Beauftragter oder auch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit wirklich einen Überblick über alle Tätigkeiten und Gefährdungen der Beschäftigten hat. Hier sollte die Leitfrage immer lauten: „Fühlt Ihr Euch sicher bei der Arbeit? Was können wir tun, um Eure Sicherheit zu erhöhen?“
Mit dem englischen „participation“ ist auch nicht nur „Beteiligung“ gemeint, sondern auch „sich einbringen“. Im Idealfall sollte es also nicht nur darum gehen, dass das Unternehmen auf seine Mitarbeiter zugeht, vielmehr sollte die Arbeitssicherheitskultur dergestalt sein, dass sich die Mitarbeiter wohl und motiviert fühlen und Arbeitssicherheitsthemen von ganz alleine ansprechen.
Wie erreiche ich diesen Idealzustand? Ganz klar: Das Top-Management muss sich aktiv beteiligen! Es sollte zumindest gelegentlich (besser noch regelmäßig) auf die Beschäftigten zugehen und sie zu spezifischen Themen befragen. Natürlich kann hierfür auch ein Vertreter bestimmt werden. Entscheidend ist, dass man „sich blicken lässt“. So kann bei einer guten Organisation und Zusammenarbeit aller Beteiligten und Betroffenen eine Kultur aufgebaut werden, die dazu dient, Motivation, Produktivität und Gesundheit zu erhöhen und die Sicherheit zu maximieren.
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