Auch im Jahr 2022 konnten die GUTcert GmbH wieder ihr EEG-Exzellenznetzwerk mit spannenden aktuellen Beiträgen aus der Biogasbranche anbieten. Um die Sicherheit aller Teilnehmenden zu gewährleisten, fand es auch in diesem Jahr noch einmal online statt: zum letzten Mal, so ist zu hoffen. Nicht nur bei Corona stehen die Zeichen auf Veränderung. Die Ampel-Regierung hat mit dem diesjährigen Osterpaket ein Vorantreiben der Energiewende in Aussicht gestellt und erneuerbare Energie soll als überragendes öffentliches Interesse priorisiert werden. Vorsichtig optimistisch sahen vor diesem Hintergrund einige Referienede des diesjährigen EEG-Exzellenznetzwerks in die Zukunft.
Mehr Rückendeckung für Biogasanlagenbetreiber aus der Politik erwartet
Ingo Baumstark vom Fachverband Biogas e.V. sieht die Signale aus der neuen Regierung bisher positiv und erwartet tendenziell mehr Rückendeckung und Förderung des Ausbaus von Seiten der Politik. Zur Erarbeitung einer nachhaltigen Biogasstrategie bilden sich derzeit erste Arbeitsgruppen und auch der Fachverband Biogas bereitet dazu intern Positionen und Öffentlichkeitsmaßnahmen vor.
Der Krieg gegen die Ukraine wirkt sich massiv auf die Energieversorgung in Deutschland aus und führt zu einem bisher nicht gekannten Austausch zwischen Politikern und Biogasverbänden. Anlagenbetreiber können von den derzeitigen Entwicklungen profitieren, weshalb Herr Baumstark einen Ausblick gab, was in naher Zukunft auf die Branche zukommt. Dazu gehört die Biomethanherstellung aus Dialysewasserstoff und CO2 aus Biogasanlagen, um russisches Gas zu ersetzen. Die Höhe der Preise ermöglicht Erlöse oberhalb der EEG-Vergütung, von Flexibilisierung kann man dabei am besten profitieren. Es muss sich jedoch noch zeigen, wie sich die Preise weiterentwickeln.
Voraussetzungen zur Flex-Prämie, Nachflexibilisierung, Boni bei ORC-Turbinen
Von den zahlreichen Themen, die die Clearingstelle EEG | KWKG im vergangenen Jahr beschäftigten, stellte Elena Richter eine Auswahl vor. Dazu gehört, dass unter den richtigen Voraussetzungen sowohl Satelliten-BHKW als auch Biomethan-BHKW flexibilisiert werden können und der Anspruch auf die Flex-Prämie nicht davon abhängig ist, ob durchgängig die installierte Leistung gefahren werden kann. Das Thema des Förderungszeitraums bei Nachflexibilisierung wurde zwar angesprochen, doch im EEG 2021 bleibt offen, ob die Nachflexibilisierung überhaupt durchgeführt werden darf. Häufig an die Clearingstelle getragene Fragen beschäftigen sich erneut mit dem Lapf-Bonus und der Umstellung von Erdgas auf Biomethan.
Kollege Martin Teichmann leitete ein Thema ein, das später noch kontrovers diskutiert werden sollte, doch die Empfehlung der Clearingstelle ist eindeutig: bei ORC-Anlagen ist nur die mittels ORC-Turbine erzeugte Strommenge bonusfähig. Herr Teichmann sprach zudem über die sinnvolle Wärmenutzung bei Holztrocknung, sowie die Eigenversorgung verschiedener Komponenten von Bioabfallanlagen mit Strom und gab dabei eine Übersicht, in welchem Rahmen dies freigegeben ist.
Jahresrückblick 2021 des dena-Biogasregisters, Zahlen und Herausforderungen
Das Jahr 2021 stellte Klaus Völler aus Sicht der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) vor. Im vergangenen Jahr ist die Anlagenzahl in etwa konstant geblieben, der Baustand sei derzeit gering. Die Anlagenauslastung stieg teilweise wieder, wobei die Einspeisung in Summe gleichgeblieben ist.
Nachhaltigkeitsnachweise sind aufgrund der schnellen Umsetzung sowie noch unklarer Anforderungen der SURE-Zertifizierung eine Herausforderung für die gesamte Branche. Die dena erarbeitet derzeit eine Handlungsempfehlung in Abstimmung mit den Stromnetzbetreibern und ggf. der BLE. Der ERGaR Hub wurde in Betrieb genommen und soll zukünftig als europäisches Register standardisierte Transfers zwischen den nationalen Registern unterschiedlicher Länder ermöglichen. Zuletzt ging Herr Völler auf die holprige Nachweisführung aufgrund der Doppelregistrierung mit Nabisy ein. Die Statistik zeige jedoch zeitlich keine negativen Abweichungen zu den Vorjahren.
Treibhausgaseinsparungen durch Biokraftstoffe und Biogas unter der REDII
Die Emissionen des Transportsektors steigen weiter, doch Biogas in komprimierter oder flüssiger Form bietet Chancen der Emissionsreduzierung in diesen Bereich, so Frieda Becker von der GUTcert. Gerade aus Gülle und Mist gewonnene Kraftstoffe bieten dabei sehr gute THG-Werte. Für die Biogasbranche ist die am 01.07.2021 in Kraft getretene RED II eine Herausforderung. Die deutsche Umsetzung der Richtlinie kam im Dezember 2021. Frau Becker berichtete über die geforderten Voraussetzungen der RED II und des darauf beruhenden SURE-Systems. Kurz vor dem Exzellenznetzwerk hat bereits die erste Re-Zertifizierung im SURE-System stattgefunden. Dies ist jedoch eine Ausnahme, da derzeit noch hauptsächlich Erstaudits in diesem Bereich bei der GUTcert stattfinden. Detaillierter wurde erklärt, wie Neuanlagen die unter SURE erforderlichen Treibhausgaseinsparungen erzielen können – Mist bzw. Gülle erzielen dabei besonders positive Werte.
Vergütung von ORC-Anlagen in der Rechtsprechung
Ingolf Sonntag von der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH stellte Rechtsurteile zur Vergütung bei ORC-Anlagen (Organic-Rankine-Cycle) vor. Im Gegensatz zu seinem Vorredner Martin Teichmann von der Clearingstelle vertritt er den Standpunkt, dass bei ORC-Anlagen, die unter das EEG 2004 fallen, der gesamte produzierte Strom der Biogasanlage beim ORC-Bonus zu berücksichtigen ist. Diese Ansicht stützt er auf ein Gerichtsurteil aus Münster, in dem für den ORC-Bonus als Technologiebonus diese Entscheidung getroffen wurde. Es entstand ein reger Dialog zwischen Frau Richter, die noch einmal die gegenteilige Meinung der Clearingstelle begründete und Herrn Sonntag, der die Position des genannten Urteils bekräftigte.
Umwallungen zum Gewässerschutz bei Biogasanlagen
Zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und Gewässerschutz referierte Patrick Bastian von der GUTcert. Wichtig ist dieses Thema für Biogasanlagenbetreiber, wenn sie mit wassergefährdenden flüssigen Stoffen wie Gülle und Jauche umgehen. In diesem Fall wird eine Umwallung notwendig. Umgesetzt sein muss dies laut AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) zum 01.08.2022. Mindestens sechs Wochen vor Errichtung der Umwallung muss diese der zuständigen Behörde angezeigt und von einem AwSV-Sachverständigen geprüft werden. Anforderungen an die Umwallung unter bestimmten Szenarien wurden vorgestellt, ebenso die unterschiedlichen Formen möglicher Umwallungen. Auch die benötigten Informationen zu Gegebenheiten vor Ort wurden dargelegt, bevor Herr Bastian mit möglichen Konsequenzen bei Nichteinhaltung endete.
Planung von Umwallungen zum Gewässerschutz in der Praxis
Thematisch schloss direkt Piotr Musierowicz von WerkPM Architektur GmbH/Raisting an den Vortrag an. Bei ihm ging es um die technische Planung von Umwallungen für Biogasanlagen. Er berichtete anhand praktischer Beispiele, welche Gegebenheiten vor Ort in der Planung berücksichtigt werden müssen. Er erläuterte gut nachvollziehbar, wie die Umwallung tatsächlich umgesetzt wird und welche Herausforderungen es dabei gibt. Bodenbeschaffenheit, Abstand zum Grundwasser, Niederschlagsmengen, Versickerungsgeschwindigkeit und Hanglage sind nur einige Faktoren, die hier eine Rolle spielen. Einige Abwägungen in der Planung haben erhebliche Auswirkungen auf die Kosten.
Ziele und Realität in der Wasserstoffwirtschaft noch weit voneinander entfernt
Am Nachmittag drehte sich alles um das Thema Wasserstoff. Der Themenblock wurde von Jakob Jegal von der Deutschen Energie Agentur GmbH (dena) eingeleitet. Er berichtete über aktuelle Projekte und den regulatorischen Rahmen zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Bis 2030 wird mit einem Wasserstoffbedarf von 90-110 TWh gerechnet. Der Ausbau wird bis dahin allerdings nur auf 14 TWh prognostiziert. Die gute Nachricht ist aber, dass der Koalitionsvertrag der Ampel ein ambitioniertes Update der Nationalen Wasserstoffstrategie im Jahr 2022 vorsieht und daher die Förderung steigen könnte.
Die dena analysiert im Projekt „H2 dezentral“ dezentrale Wasserstoffprojekte, um mit kleinen Projekten die Erzeugungslücke zu schließen. Für Ende des Jahres ist die Veröffentlichung einer Studie zur Prüfung und Analyse von Geschäftsmodellen in diesem Bereich geplant. Abschließend berichtet Herr Jegal, dass die Industrie im Bereich Wasserstoffaufbereitung bereits durchstarte, der regulatorische Rahmen jedoch noch fehle. Speziell sollen Erneuerbarkeit, Zusätzlichkeit, geographische und zeitliche Korrelation präzisiert werden.
Ein durchdachtes Herkunftsnachweisregister für grüne Gase ist nötig
Der Markt für grüne Gase ist kompliziert, so Stephan Bowe von GreenGasAdvisors. Es greifen unterschiedliche Gesetze und somit verschiedene Voraussetzungen. Bisher gibt es freiwillige Zertifizierungssysteme, auf ein staatliches Herkunftsnachweisregister wird jedoch noch gewartet. Dabei wäre die Einführung eines Gas-HKN eine positive Entwicklung für den Grün-Gas-Markt. Als Voraussetzung für das Register sieht Herr Bowe, dass grüne Gase korrekt angerechnet werden und keine Mehrfachregistrierung erfolgt. Dabei ist es nötig, sowohl eine Kopplung als auch eine Entkopplung (für den Endkunden) des Nachweises und der Energie zu ermöglichen. Einheitliche Nachweissysteme würden eine Erleichterung für die Akteure darstellen, wobei die einzelnen Nachweismethoden klar definiert sein sollten. Für die Zukunft ist eine weitere Zentralisierung denkbar. Die Vereinheitlichung ist nötig, um grüne Gase im fossilen Mark zu behaupten.
Dezentrale Wasserstoffproduktion zur Stabilisierung des Stromnetzes
Als letzte Rednerin des Tages stellte Carolin Dähling von der Green Planet Energy eG., der Energiegenossenschaft von Greenpeace, deren Pilotprojekt der dezentralen Wasserstofferzeugung vor. Das Ziel ist es, regionale Überschüsse zu nutzen, um Netzengpässe zu vermeiden, dabei die Netzausbaukosten zu reduzieren und Abwärme sowie Sauerstoff gut zu nutzen. Dies ist durch den dezentralen Faktor möglich und es können so perspektivisch bis zu 19 TWH Wasserstoff pro Jahr bereitgestellt werden. Dezentrale Elektrolyseure ermöglichen es, PV- und Windanlagen besser ins Netz einzubinden. Durch sie können Schwankungen ausgeglichen und das Stromnetz stabilisiert werden. Statt wie üblich z.B. die Windkraftanlagen bei starkem Wind abzuregeln, würde der Elektrolyseur anfahren und so den Überschuss abfangen. Natürlich hat dieses Konzept auch seine Grenzen, wie im anschließenden Austausch herausgestellt wurde. So werden dezentrale Elektrolyseure allein nicht den Bedarf der Großindustrie decken können.