Was ist das Ziel des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten?
Laut Deutschem Bundestag sollten Unternehmen in Verhältnismäßigkeit zu ihrer Größe verpflichtet werden, „(…) entlang der gesamten Lieferkette ein Verfahren zur Gewährleistung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflicht einzuführen, das darauf abzielt, negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln, zu verhüten und zu mildern sowie Rechenschaft darüber abzulegen, wie sie diesen begegnen.“
Bei den Menschenrechtsstandards geht es um das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, gerechte Bezahlung – allerdings nur im Rahmen der vor Ort jeweils geltenden Mindestlöhne – internationale Pflichten im Arbeitsschutz laut International Labour Organization (ILO) und die Möglichkeit zur Bildung von Gewerkschaften. Beim Umweltschutz geht es u.a. um Chemikalien wie persistente organische Schadstoffe (POPs).
Eine Lieferkette im Sinne des Gesetzes §2 „(…) bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind (…).“
Welche Unternehmen sind vom Lieferkettengesetz betroffen?
Angesichts der rund 3,29 Millionen in Deutschland steuerpflichtig gemeldeten Unternehmen mit jährlichen Leistungen und Lieferungen über 17.500 Euro (Statista 2019) betrifft das Lieferkettengesetz zunächst nur einen kleinen Bruchteil der deutschen Wirtschaft:
- Ab 1. Januar 2023: Unternehmen mit über 3.000 Mitarbeitenden (ca. 900 Unternehmen)
- Ab 1. Januar 2024: Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden (ca. 4.800 Unternehmen)
Was müssen Unternehmen konkret tun?
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die Anforderungen an Unternehmen in den FAQ zusammengestellt:
- Verabschieden einer Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte
- Ermitteln nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte im Rahmen einer Risikoanalyse
- Abwenden potenziell negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte über ein Risikomanagement inkl. Präventions- und Abhilfemaßnahmen
- Einrichten eines Beschwerdemechanismus
- Veröffentlichen transparenter Berichte
- eine Risikoanalyse durchführen
- ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung umsetzen
- angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher verankern, z.B. über die Umsetzung im Rahmen von Brancheninitiativen
Laut einer Studie mit 125 Unternehmen hat das Thema Lieferkette eine hohe strategische Relevanz und ist bei drei Vierteln der Unternehmen auf höchster Hierarchieebene verankert (FAZ Institut, Juni 2021). Wenig überraschend ist, dass bei zwei Dritteln der Unternehmen dem Einkauf die Prozessverantwortung für die Lieferkette zukommt. Nur jeder zehnte Befragte gibt an, dass sich das Nachhaltigkeitsmanagement im eigenen Unternehmen auch auf Lieferketten konzentriert.
Die ISO 9001 für Qualitätsmanagementsysteme (QMS) fordert, dass sich Unternehmen mit Risiken auseinandersetzen, Lieferanten bewerten, Mechanismen zum Einholen von externen Wahrnehmungen ihrer Leistungen einrichten und jeweils Maßnahmen ableiten. An welchen Stellen sich die Anforderungen des Lieferkettengesetzes in ein QMS integrieren lassen, ist in der oben angefügten Tabelle zusammengestellt.
Unternehmen mit einer Ablauforganisation nach ISO 9001 sind damit einen großen Schritt voraus. GUTcert-Auditoren haben festgestellt, dass sich deutsche Unternehmen verschiedener Größen auf Grundlage der eigenen unternehmerischen Nachhaltigkeit bereits mit den Nachhaltigkeitsbelangen in der Lieferkette beschäftigen (Newsletter Mai 2021). Ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001 und eine regelmäßige Nachhaltigkeitsberichterstattung bilden die Grundlage, den Anforderungen des LkSG einschließlich der Kommunikationspflicht nachzukommen.
Auch kleine Unternehmen, die bisher nicht vom Gesetz betroffen sind, können sich bereits jetzt positiv gegenüber Wettbewerbern abheben, indem sie freiwillig den Anforderungen des LkSG nachkommen und das Thema Nachhaltigkeit in der Lieferkette in ihr QM-System integrieren. Bis Ende 2022 können KMU dafür sogar die Förderung unternehmerischen Know-hows für Beratung zur Einführung eines QMS nutzen.
Fazit
Auch wenn das Lieferkettengesetz zunächst nur für wenige Unternehmen gilt und es medial – nicht zuletzt in der Politsatire „Die Anstalt“ vom 22. Juni 2021 – viel Kritik gab: Unternehmen müssen und sollten im Eigeninteresse die Risiken in ihrer Lieferkette betrachten und ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Ein zertifiziertes Qualitätsmanagement nach ISO 9001 in Kombination mit einem Nachhaltigkeitsbericht bildet eine gute Basis.
Das Lieferkettengesetz fordert von Unternehmen, ihren eigenen Wirkungsbereich und den ihrer unmittelbarer Zulieferer zu betrachten – mittelbare Zulieferer müssen nur Anlassbezogen betrachtet werden.