Impulsvorträge – Herausforderungen
Wir erleben bewegende Zeiten – so Dr. Gregor Hagedorn, Akademischer Direktor am Museum für Naturkunde in Berlin und Initiator und Gründungsmitglied der Initiative „Scientists for Future“. In seiner Präsentation über die Erhaltung von Lebensräumen und -qualität der Menschheit auf dem „Raumschiff Erde“ ging es um Gewichtiges:
- das Vertrauen in die Wissenschaft und ihre Einschätzung der Risiken als Fundament des politischen und gesellschaftlichen Handelns und als Mittel gegen eine Spaltung der Gesellschaft
- eine offene und ehrliche Kommunikation der Risiken bei „Nichts-Tun“ und der Risiken des Wandels
- einen gesellschaftlichen Diskurs über den Umfang der nötigen Lösungen und über ihre Umsetzbarbarkeit
- und selbstverständlich um den eigenen Einfluss auf die gesellschaftliche Transformation
Im zweiten Modul des Vormittags setzte Dr. Christoph Bertram vom Potsdamer Institut für Klimaforschung (PIK) die wissenschaftlichen Beobachtungen fort, präsentierte einige harte Zahlen zum Thema Klimawandel und veranschaulichte damit, was der Temperaturanstieg für Europa bedeutet: immer öfter eintretende und immer stärker werdende extreme Klimaereignisse mit enormen Schäden für Mensch, Natur und Wirtschaft. Um gegen diesen Trend anzukämpfen, haben die EU und Deutschland bereits weichenstellende politische Ziele gesetzt und investieren Milliarden Euro in Transformationskonzepte zur Klimaneutralität der Wirtschaft bis 2045. Zu wesentlichen Implikationen für die Politik gehören laut Dr. Bertram das Festlegen messbarer Ziele und eines Rahmens, der hilft, diese Ziele kosteneffizient zu erreichen, u.a.:
- Massiver Ausbau der Erneuerbaren Energien, insbesondere PV (~15 GW/a) und Wind (~7 GW/a)
- Investitionssicherheit: stabile Erwartung hoher CO²-Preise im EU-ETS
- Revision bremsender Regulierung (10H-Abstandsregel für Wind etc.)
- Erhöhung der Ausschreibungsmengen für Freiflächen-PV und Wind
- Wirtschaft, Umweltschutz und soziale Belange sind im gegenwärtigen Geschäftsleben so verflochten, dass eine Nachhaltigkeitsstrategie notwendig geworden ist, die alle drei Säulen der Nachhaltigen Entwicklung vereint und harmonisiert. Nur so können Organisationen mit dem Zeitgeist gehen, rechtliche Konformität bestätigen und den eigenen wirtschaftlichen Erfolg sichern.
- Eine Analyse der gängigen Managementsysteme für Qualität, Umweltschutz und Arbeitssicherheit und die Praxis haben eindrucksvoll große Überschneidungspunkte mit den für die Nachhaltige Entwicklung als relevant eingestuften Themen gezeigt.
- Der Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagementsystems als Grundlage für das Erfüllen diverser Pflichten wird damit zwar zu einer anspruchsvollen, aber doch beherrschbaren Aufgabe.
Managementsysteme: Die bereits am Vormittag begonnene Diskussion zur Energie- und Klimawende wurde nachmittags fortgesetzt. Frau Schreiner, Leiterin des Berliner Büros des Bundesverbandes der Energieabnehmer (VEA), präsentierte die Impulse für die Energiewende in der Industrie aus Sicht des Verbandes. Frau Schreiner lud dabei alle Teilnehmenden ein, mit der Politik in den Dialog zu treten und konkrete Antworten zu diskutieren, die deutsche Unternehmen brauchen, um sicher in klimafreundliche Innovationen investieren zu können und gleichwohl international wettbewerbsfähig zu bleiben.
In weiteren Vorträgen stellten Dr. Tatjana Ruhl (DENEFF) und Florian Himmelstein (GUTcert) die Fördermöglichkeiten für die Erstellung von Klimaneutralitätskonzepten vor. Sie gaben eine klare Übersicht über die Förderung von Transformationsprozessen auf Bundesebene und stellten die Anforderungen aus den Normen und den Förderrichtlinien in den Fokus sowie diverse methodische Anforderungen, die Unternehmen bei den Förderanträgen beachten müssen.
Zum Abschluss der Energie-/Klima-Diskussion präsentierte Dr. Kirsten Kubin (ÖKOTEC) Beispiele zur Erstellung eines förderfähigen technologischen Transformationskonzepts: von der Selbstverpflichtung und Zielsetzung über die Förderung und Umsetzung der Maßnahmen zum Vermeiden und Reduzieren von THG bis zur abschließenden Integration des Transformationskonzepts in die Unternehmensstruktur. Eine wichtige Rolle spielen dabei verschiedene Managementinstrumente – bspw. eine Bewertungsmatrix für alternative Technologien – die Unternehmen helfen können, richtige und effiziente Investitionsentscheidungen zu treffen.
Es ging an diesem Tag jedoch nicht nur um Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Die Pandemie hält uns noch fest im Griff. Ausgeklügelte Gesundheitskonzepte für Mitarbeitende und die Sicherung des laufenden Betriebes gehören nach wie vor zu den aktuell herausforderndsten Aufgaben des Unternehmensmanagements. Über die Erfahrung bei der Erarbeitung von Gesundheitskonzepten und bei der (Neu-)Organisation des Betriebs im Rahmen von funktionierenden Integrierten Managementsystemen berichtete am Ende des Tages Stefan Weiland (WALA Heilmittel GmbH). Die gelebte Kommunikations- und Abstimmungsstruktur der Managementsysteme hat dem Unternehmen in den ersten Monaten immens geholfen, den Alltag so zu organisieren, dass keine Gefahr für Menschen und Produktion bestand. Nun geht es um die Erweiterung der Risikobewertung: Die Sicherung der Lieferkette steht bei den Managementbeauftragten ganz oben auf der Agenda.
AZAV
2022 jährt sich die Einführung der AZAV zum zehnten Mal. Dies war Anlass genug, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die AZAV zur Verbesserung der Qualität von Arbeitsmarktdienstleistungen beigetragen hat und wo noch Verbesserungsbedarf besteht.
Dazu definierte zur Einführung Andreas Lemke (GUTcert), Leiter der Zertifizierungsstelle, was unter Qualität in der geförderten Weiterbildung zu verstehen ist. Die AZAV sichert dabei eine Basisqualität für Träger und Maßnahmen und stellt ein Steuerungssystem zu Verfügung. Allerdings gibt es wenig Anreize, ein höheres Qualitätsniveau zu erreichen, dafür wären auch andere Instrumente notwendig, die zum Beispiel für mehr Transparenz sorgen, damit potenzielle Teilnehmende besser die Qualität eines Bildungsanbieters einschätzen können.
Stefan Sondermann (Geschäftsführer Bundesverband der Träger der beruflichen Bildung) zog ein Fazit zu 10 Jahren AZAV aus Sicht der Mitgliedsunternehmen des Bildungsverbundes. Zwar haben sich durch die Evaluation der AZAV durchaus Verbesserungen ergeben, viele Bildungsträger bemängeln aber weiterhin den hohen Aufwand, der für die Zulassung erforderlich ist. Auch würden die Überprüfungen sowohl durch den AMDL als auch durch die Fachkundigen Stellen teilweise als doppelte Kontrolle wahrgenommen.
Schließlich stellte Björn Burk (Auditor GUTcert) am Beispiel der Teilqualifikationen dar, welche Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung von Arbeitsmarktdienstleistungen bestehen. Bundesagentur für Arbeit, lokale Arbeitsagenturen und Kammern haben recht unterschiedliche Anforderungen und Erwartungen an diese Maßnahmen, was sowohl Bildungsträger als auch Fachkundige Stellen bei Zulassung vor Herausforderungen stellt.
Die GUTcert bedankt bei allen Referentinnen und Referenten für ihre wertvollen und anregenden Beiträge und bei allen Beteiligten für die Bereitschaft, den traditionsreichen Jahresauftakt erneut in digitaler Form zu begleiten und zu bereichern.