VW verliert an Arbeitgeberattraktivität
Die Autobranche erhält durch die Abgasaffäre einen Rückschlag, bleibt aber Deutschlands begehrtester Arbeitgeber. Volkswagen verliert dabei gegenüber dem Wettbewerb. Diese Tendenz bestätigt sich auch in vielen Gesprächen mit Kandidaten, sowohl auf Spezialisten- wie gerade auch auf Managementebene.
Wenn es VW nicht gelingt, die Krise rasch in den Griff zu bekommen, droht eine Ansehenserosion wie in der Bankenwelt. Die Finanzkrise war hier Gift für die Reputation einst stolzer Bankhäuser und hat eine Institution wie die Deutsche Bank in eine tiefe Kultur-und Managementkrise gestürzt. Die Folge: Die Spitzenkräfte wandern ab und die Gewinnung von Mitarbeitern auf Top-Niveau, welche Zukunft gestalten und der Bank Schritt für Schritt verlorengegangenes Renommee zurückbringen, wird zur Herkulesaufgabe.
Was gilt es also für VW zu tun – gerade auch mit Blick auf die Mitarbeitergewinnung?
Volkswagen stand über Jahrzehnte für eine starke Marke, gelebte Werte, Innovationskraft, Zuverlässigkeit und vorbildliche Ingenieurskunst. Als Arbeitgeber war das Unternehmen attraktiv, weil der Konzern einerseits Sicherheit, andererseits exzellente berufliche Entwicklungsmöglichkeiten bot.
Dieses Image hat stark gelitten, zumal der Abgasskandal das antiquierte Führungsverständnis offengelegt hat und trotz der Rhetorik von Wandel und Neubeginn an den wichtigen Strukturproblemen nicht gerüttelt wird. Vorneweg: die Eigentümerstruktur von VW.
Tatsächliche Veränderung bei VW erforderlich
Wenn Volkswagen auch in Zukunft die besten Mitarbeiter gewinnen will, braucht es:
• Einen Neustart – auch personeller Natur. Die Neubesetzung des Chefaufsehers mit einer integren Unternehmerpersönlichkeit wäre ein erster, vertrauensbildender Schritt.
• Eine gelebte Werteorientierung. Zahlreiche Studien zeigen, dass eine Arbeit, die als sinnstiftend empfunden wird und Gestaltungsfreiräume bietet, entscheidend für potenzielle Kandidaten ist, sich für einen Job zu entscheiden.
• Eine Strategie, die die Marke VW besser im Markenportfolio des Konzerns positioniert. Der wahrgenommene Abstand zu Seat und Skoda ist einfach zu gering, um die Preise durchzusetzen, die aufgrund der vergleichsweise hohen Kosten nötig sind.
• Die Konzentration auf das, was Volkswagen einmal stark gemacht hat. Gelebte Innovationskraft verbunden mit deutlich verbesserter Produktivität: Automobilkompetenz „Made in Germany“.
Wenn es VW gelingt, diesen ohne Frage schwierigen Turnaround einzuleiten, die Mitarbeiter auf diesem Weg mitzunehmen und damit sukzessive intern wie auch extern bei Händlern, Partnern und Kunden auf das Vertrauenskonto einzuzahlen, dann hat der Konzern gute Chancen, auch künftig Spitzenkräfte für sich zu gewinnen. Hierzu bedarf es jedoch eines Wandels in der Unternehmenskultur – vorgelebt vom obersten Management.
Autor:
Ulrich Pohland, Leiter der Business Unit Industry, Hager Unternehmensberatung
Ulrich Pohland ist seit mehr als 20 Jahren als Personalberater tätig und besetzt eine Vielzahl von anspruchsvollen Management-Positionen mit Schwerpunkt in den Branchen Automotive, Manufacturing und Consumer Goods. Bevor Ulrich Pohland 2012 Business Unit Manager zur Hager Unternehmensberatung kam, war er für eine der führenden internationalen Personalberatungen tätig.
www.hager-ub.de