Das Rekrutierungsverhalten eines Unternehmens gibt Aufschluss über dessen wirtschaftliche Lage. Befindet sich eine Firma im Wachstum oder plant zu expandieren, wird verstärkt nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Umgekehrt wird die Zahl der Neueinstellungen in schwierigen Zeiten reduziert. Um zu eruieren, wie sich die Personalgewinnung deutscher Unternehmen entwickelt, hat die auf Executive Search spezialisierte Hager Unternehmensberatung den Deutschen Rekrutierungs Index® (DRI) konzipiert.
Ziel des DRI ist es, Aussagen darüber treffen zu können, wie erfolgreich Unternehmen zuletzt bei der Besetzung vakanter Positionen waren und in welche Richtung sich die Zahl der geplanten Neueinstellungen im kommenden Quartal bewegen wird. Hierfür hat die Hager Unternehmensberatung im Zeitraum von Mitte Oktober bis Anfang Dezember 2019 rund 3.000 Personen – Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und Personalverantwortliche – in deutschen Unternehmen befragt.
Ein Großteil der partizipierten Firmen ist im Bereich Digital & Technology (75%) tätig, gefolgt von Professional Services (29,5%), Industrial (20,5%) und Financial Services (18,2%). Da die Produkte und Dienstleistungen einiger Befragter sich mehreren Branchen gleichzeitig zuordnen lassen, waren Mehrfachantworten möglich.
Knapp über die Hälfte der Unternehmen (52,3%) zählen weniger als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, etwa ein Sechstel (13,6%) zwischen 500 und 999. Rund ein Fünftel (20,5%) beschäftigen über alle Standorte hinweg mehr als 10.000 Mitarbeitende.
Wirtschaftlich bedingte Vakanzen
Nur weniger als die Hälfte der Befragten (40,9%) konnte im vergangenen Quartal alle offenen Positionen im Unternehmen besetzen. Viele Vakanzen blieben aus den unterschiedlichsten Gründen offen.
Die von den Teilnehmern genannten Aspekte lassen sich im Wesentlichen zwei Bereichen zuordnen: Fachkräftemangel und wirtschaftliche Gründe.
Viele Firmen gaben an, Probleme zu haben, geeignete Kandidaten zu finden. Das Bewerberangebot am Arbeitsmarkt sei mau, besonders im IT-Bereich gestalte sich die Suche nach qualifizierten Fachkräften zunehmend schwieriger. Auch das Gehaltsniveau der Bewerber sehen viele als problematisch, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimme oft nicht und Spezialisten auf dem deutschen Markt seien häufig zu teuer. Ebenso wurde eingeräumt, dass Kandidaten nur über Dienstleister zu finden seien, was jedoch mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden sei. Darüber hinaus gehören auch Kostensparmaßnahmen und großes Wachstum des Unternehmens zu den Gründen, dass bei den Befragten im vergangenen Quartal Stellen offenblieben. Überdies wurde die unternehmenseigene Reputation für unbesetzte Stellen bei den verantwortlichen Aspekten aufgeführt.
Mehr Neueinstellungen vor allem in Digital & Technology
Für das erste Quartal 2020 planen etwas weniger als die Hälfte der partizipierten Unternehmen (43,2%), die Zahl der Neueinstellungen zu erhöhen. Dagegen wollen 56,8% diese im ersten Jahresviertel reduzieren. Ein Blick auf die einzelnen Branchen zeigt, dass der Sektor Digital & Technology weiter auf dem Vormarsch ist: Unter den befragten Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, gaben fast zwei Drittel (59,1%) an, mehr Neueinstellungen zu planen.
Auch wurden die teilnehmenden Unternehmen gefragt, warum sie vorhaben, die Menge der Neueinstellungen zu erhöhen oder zu reduzieren. Als Gründe für die Erhöhung nannten die Befragten unter anderem Stichworte wie Wachstum und Expansion. Der Bedarf ist nach wie vor hoch, insbesondere mit Blick auf den Ausbau und die Umstrukturierung im Zuge der Digitalisierung. Überdies sollen Abgänge kompensiert werden.
Die Firmen, welche die Zahl der zu besetzenden Stellen im ersten Quartal 2020 reduzieren wollen, begründen ihre Entscheidung in erster Linie mit der Einsparung von Kosten, der Effizienzsteigerung und Vorbereitung auf wirtschaftlich anspruchsvolle Zeiten. Andere haben ihren Personalbedarf bereits im vergangenen Quartal durch viele Neuzugänge gedeckt.
Daneben gaben einige der Befragten auch an, dass die Nachfrage nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im ersten Quartal 2020 gleichbleiben wird.
Fazit von Andreas Wartenberg, Geschäftsführer der Hager Unternehmensberatung und Chairman of the Board der Horton Group International
Die Ergebnisse des deutschen Rekrutierungs Indexes 2019 spiegeln den aktuellen Trend am Arbeitsmarkt wider: An allen Ecken und Enden fehlen Fachkräfte. Insbesondere im IT-Umfeld blieben zuletzt viele Stellen unbesetzt – der Digitalverband Bitkom spricht in diesem Zusammenhang von 124.000 Vakanzen in 2019. Qualifizierte Kandidaten sind rar und wissen um ihren Wert. Dementsprechend hoch ist das Gehaltsniveau der Bewerber, wie die Umfrage bestätigt hat.
Da die genaue Zahl der Neueinstellungen im Fragebogen nicht erfasst wurde, ist die Rückläufigkeit der zu besetzenden Stellen nur relativ. Hat ein Unternehmen ein einstellungsreiches Quartal hinter sich und reduziert die Zahl nun, kann es sich trotzdem weiterhin im Wachstum befinden. Aus den genannten Ergebnissen auf eine wirtschaftliche Rezession zu schließen, wäre zu voreilig. Vor allem Fach- und Führungskräfte aus dem IT-Umfeld werde nach wie vor händeringend gesucht, da viele Firmen die digitale Transformation aktuell auf ihrer Agenda haben.
Zu den Ergebnissen des Deutschen Rekrutierungs Index® 2019