Nur die Hälfte der Vorgesetzten erhält eine gute bis sehr gute Note
Ob sich ein Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz wohlfühlt, wird maßgeblich durch das Verhalten der Vorgesetzten beeinflusst. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, scheint aber nach wie vor noch nicht in allen Managementebenen angekommen zu sein. Im Auftrag des Stellenportals meinestadt.de hat das Marktforschungsinstitut respondi Mitte 2019 2.085 Fachkräfte nach ihren Erwartungen an und Erfahrungen mit Führungskräften gefragt. Die durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass rund ein Fünftel der Befragten ihre derzeitigen Chefs mit der Note „ausreichend“ oder schlechter bewerten würden. Ein Viertel vergab immerhin ein „befriedigend“ und knapp über die Hälfte eine gute bis sehr gute Note. Dabei viel die Durchschnittsnote in kleinen Firmen besser aus als in großen.
Ebenfalls abgefragt wurden die positiven und negativen Erfahrungen mit dem oder der Vorgesetzten. Als positiv führten viele Erlebnisse an, welche die Wertschätzung und Anerkennung des Mitarbeitenden und seiner Arbeitsleistung zum Ausdruck bringen. Zudem nannten viele die Rücksichtnahme auf persönliche Not- und Stresslagen als positiven Punkt. Schlechte Erfahrungen haben die Befragten dagegen mit Mobbing, Beleidigungen, cholerischen Anfällen und fachlicher Inkompetenz des Chefs gemacht. Fast jeder Dritte gab an, dass das Verhalten eines Vorgesetzten für sie schon einmal der Grund zu kündigen war.
Bei der Frage nach dem idealen Führungsstil zeigt sich ein sehr differenziertes Bild. Während die Mehrheit eine moderne Führung mit Freiräumen und selbstständiger Arbeit präferieren, bevorzugen andere dagegen eine stärkere Führung durch Vorgesetzte. Hierbei hat sich gezeigt, dass vor allem junge Fachkräfte geführt und angeleitet werden wollen – die Altersklassen ab 55 Jahren bevorzugen dagegen eher eine selbstständigere Arbeitsweise.
Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität
Zu den Eigenschaften, die aus Sicht der Befragten besonders wichtig für eine Führungskraft sind, gehören fachliche Kompetenz, Wertschätzung des Mitarbeiters und seiner Arbeit sowie Vertrauen und Rückhalt. Ebenso wünschen sich viele von ihren Vorgesetzten, dass diese ihnen Ziele setzen, die Arbeitsbelastung steuern und offen für Kritik sind. In der Praxis zeigt sich allerdings eine deutliche Diskrepanz zwischen der gewünschten und tatsächlichen Führungskultur.
Während Faktoren wie beispielsweise Fachkompetenz, Kritikfähigkeit, Wertschätzung und Vertrauen als essenziell gelten und auf einen Großteil der Vorgesetzten auch mehr oder weniger zutreffen, sind andere Eigenschaften wie Ressourcenmanagement, das Setzen von Zielen und die Motivation der Mitarbeitenden eher ein „nice-to-have“ und bieten die Chance, sich als Arbeitgeber von der Konkurrenz abzuheben.
Ein letzter wichtiger Punkt für die Zufriedenheit im Job ist das Vorhandensein von Perspektiven. Wer keine leitende Position anstrebt, hat oft wenig Aufstiegsmöglichkeiten. So gab fast die Hälfte der befragten Fachkräfte an, außer einer Führungsrolle keine Karriereoption im eigenen Unternehmen zu sehen. In einigen Fällen sind diese Möglichkeiten zwar vorhanden, aber werden nicht ausreichend kommuniziert.
Fazit
Der Wettbewerb um die besten Köpfe wird sich weiter verschärfen und nur wer sich als attraktiver Arbeitgeber erweist, kann als Sieger aus diesem Kampf hervorgehen. Wie die Umfrage deutlich gemacht hat, spielt die Führungskultur dabei eine ganz zentrale Rolle. Es gibt zwar kein Einheitsbild des optimalen Chefs, aber bestimmte – zuvor genannte – Eigenschaften sollten Vorgesetzte mitbringen, um sich als gute Führungskraft zu erweisen. Ebenso wichtig ist es, den eigenen Führungsstil zu reflektieren und Verbesserungspotenziale aufzudecken.
Autor
Martin Krill ist seit knapp zwanzig Jahren für die Hager Unternehmensberatung tätig und wurde 2004 zum Geschäftsführer berufen. Er besetzt gehobene Vertriebs- und Management-Positionen in der Technologiebranche sowie in weiteren ausgewählten Branchen.