Funktioniert bei einem Unternehmen das bestehende Geschäftsmodell nicht mehr oder kommen womöglich die wichtigsten Cashcows abhanden, droht eine massive Schieflage, die bis zum Untergang des Unternehmens führen kann. Wer kannte nicht das Unternehmen Kodak, das jahrzehntelang das Material für farbenfrohe Bilder geliefert hat. Doch, bedingt durch die Digitalisierung in der Fotografie, war der Marktbedarf in kürzester Zeit nicht mehr da. Kodak hat die Kehrtwende verpasst und ist nun in viele Einzelteile zerschlagen. Die entstandene Abhängigkeit eines langjährig erfolgreichen Geschäftsmodells hat fatale Folgen mit sich gebracht. Gerade bei großen Unternehmen und Konzernen ist ein oft eintretender Fehler, dass durch die fehlende Agilität der eingeschlagene Pfad nur schwer oder zu spät verlassen wird.
Was letztendlich zählt, ist das, was der Kunde will und nicht, was die Konkurrenz nebenan hervorbringt. Wer sich erst in Bewegung setzt, wenn der Mitbewerber aktiv wird, kann schnell in eine Sackgasse geraten. Wem nutzt das technisch beste Produkt etwas, wenn der Kunde ganz andere Funktionalitäten erwartet. Der Erfindergeist sollte sich nicht nur auf bestehende Kunden fokussieren, sondern auch neue Interessenten mit einbeziehen.
Agilität bedeutet auch, dass neue Wege lieber schnell als unbedingt perfekt bestritten werden sollten. Am Ende gewinnt derjenige die meisten Marktanteile, der am schnellsten seine Innovationen anbietet und diese gut vermarktet. Der Kunde will Neuheiten. Selbst wenn das Produkt nicht hunderprozentig ausgereift ist, aber wichtige (neue) Wünsche erfüllt, wird dies honoriert. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass alles gänzlich neu erfunden werden muss. Es können auch alte Produkte mit neuer Technologie ausgestattet werden. Ein Beispiel ist der Staubsauger: Bisher haben namhafte Unternehmen Staubsauger gebaut, die von einer Person bedient werden mussten. Mit etwas Innovation haben die Unternehmen nun erkannt, dass mit Entwicklerarbeit und einigen Sensoren der gute Helfer die Arbeit nun allein erledigen kann. Und - man staune - der Saugroboter in einem vielfach höheren Preisniveau angeboten wird.
Aus alt mach neu: So sollte auch das Hierarchiedenken neu geschliffen werden. Für einen erfolgreichen Wandel, insbesondere in etablierten Unternehmen, ist es ratsam, alte und verkrustete Strukturen zu überarbeiten, um mit neuen Ideen in teilweise selbstständigen ‚Schwärmen‘ zu arbeiten und Innovationen voranzutreiben.
Die klassischen Werte sind an vielen Punkten überholt: Empathie schlägt Fachwissen. Es gilt, den Mitarbeitern mehr Freiräume zuzugestehen, den Mut zur Revision von neuen Zielen aufzubringen und alte Zöpfe zu kürzen. Die Unternehmensführung muss Kontrolle abgeben und Entscheidungen teilweise auf andere Ebenen verlagern. Menschliche Führung und emotionale Intelligenz gewinnen immer mehr an Bedeutung. In der digitalisierten Welt sind Führungskräfte eher empathische Menschenkenner als ausgewiesene Experten.
Autor:
Andreas Wartenberg, Geschäftsführer der Hager Unternehmensberatung und Chairman of the Board der Horton Group International.
Andreas Wartenberg ist seit über 25 Jahren als Personalberater tätig und besetzt Management-Positionen in der Technologiebranche sowie in weiteren Branchen. Bevor Andreas Wartenberg 2008 als Geschäftsführer zur Hager Unternehmensberatung kam, hat er nationale und internationale Teams aufgebaut und geleitet. Er verfügt über ein breites Erfahrungsspektrum im Bereich strategischer Entwicklung und Positionierung von Personalberatungen. Darüber hinaus ist er einer der angesehensten Berater rund um das Thema Digitalisierung in Unternehmen.
Seit Anfang 2015 ist die Hager Unternehmensberatung Partner von Horton International, einem der internationalen Marktführer im Executive-Search-Bereich. Andreas Wartenberg hat die Position des Chairman of the Board der Horton Group International inne.