Änderung des Teilzeitrechts – Einführung einer „Brückenteilzeit“
Das Bundeskabinett hat am 13.06.2018 den Gesetzesentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts beschlossen. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) um einen Rechtsanspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeit ergänzt wird. Dadurch soll die Rückkehr von einer Teilzeitstelle auf eine Vollzeitstelle erleichtert werden.
Sofern das Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate bestanden hat können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer demnach verlangen, dass ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit (Vollzeit- oder Teilzeitarbeit) für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitraum von einem Jahr bis zu fünf Jahren verringert wird. Die Angabe bestimmter Gründe (z.B. Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen) soll nicht notwendig sein. Nach Ablauf der vereinbarten „Brückenteilzeit“ kehrt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer wieder zur vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zurück.
Während der zeitlich begrenzten Verringerung der Arbeitszeit soll kein Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder auf vorzeitige Rückkehr zur ursprünglichen vertraglich vereinbarten Arbeitszeit bestehen. So soll eine gewisse Sicherheit bei der Personalplanung von Arbeitgebern sichergestellt werden.
Das Verfahren der Antragstellung soll überwiegend den Regelungen für den bereits jetzt bestehenden Anspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit entsprechen. Für jegliche Arten der Teilzeitbeschäftigung soll der Antrag jedoch zukünftig in Textform gestellt werden müssen.
Für wen soll der Anspruch auf „Brückenteilzeit“ gelten?
Der Anspruch auf Brückenteilzeit soll nur bestehen, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt. Für Arbeitgeber, die zwischen 46 und 200 Arbeitnehmer beschäftigen, soll eine besondere Zumutbarkeitsgrenze gelten, nach der der Arbeitgeber nur einem pro angefangenen 15 Arbeitnehmern einen Anspruch auf „Brückenteilzeit“ gewähren müssen. So kann einem Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber mit 110 Beschäftigten beispielsweise der Anspruch verwehrt werden, wenn bereits mindestens acht Beschäftigte ihre Arbeitszeit aufgrund einer „Brückenteilzeit“ verringert haben. Darüber hinaus soll der Arbeitgeber auch ablehnen können, soweit betriebliche Gründe entgegenstehen. Insoweit findet § 8 Abs. 4 TzBfG Anwendung. Ob auch Arbeitnehmer, die bereits jetzt in Teilzeit arbeiten, einen Anspruch auf Aufstockung haben sollen, ist noch nicht final entschieden.
Wie geht es weiter?
Die Neuregelungen sollen zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Zuvor muss jedoch noch das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren durchlaufen werden.
BVerfG entscheidet: Erneute sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen nach dreijähriger Unterbrechung ist verfassungswidrig
Am 13. Juni 2018 hat das Bundesverfassungsgericht seinen lang ersehnten Beschluss (Bschl. v. 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) zur sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen veröffentlicht und die seit 2011 herrschende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für verfassungswidrig erklärt. Das BAG hielt seit einem Urteil aus dem Jahr 2011 (BAG, Urt. v. 6. April 2011 – 7 AZR 716/09) die erneute sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages gem. § 14 Abs. 2 TzBfG dann für zulässig, wenn die Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers mindestens 3 Jahre zurücklag. Diese richterliche Rechtsfortbildung hält das BVerfG für nicht mit dem Willen des Gesetzgebers vereinbar. Durch diese Rechtsprechung habe das BAG den Willen des Gesetzgebers unzulässiger Weise durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzt. Durch das Vorbeschäftigungsverbot sollen sogenannte Kettenbefristungen verhindert und sichergestellt werden, dass das unbefristete Arbeitsverhältnis der Regelfall bleibe.
In der Praxis bedeutet das Urteil des BVerfG, dass zukünftig verstärkt wieder Vorbeschäftigungen bei sachgrundlosen Befristungen in den Blickpunkt rücken werden. Es reicht nicht mehr aus, dass der Arbeitnehmer in den letzten 3 Jahren nicht bei dem Arbeitgeber beschäftigt war, sondern dieser darf grundsätzlich noch nicht zuvor beschäftigt gewesen sein. Auch das BVerfG eröffnet aber die einzelfallbezogene Möglichkeit von Ausnahmen, etwa dann, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Dies kann z.B. auf bestimmte geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- oder Studienzeit oder der Familienzeit zutreffen oder auf die Tätigkeit von Werkstudierenden oder die lang zurückliegende Beschäftigung von Menschen, die sich später beruflich völlig neu orientieren. Hier wird abzuwarten bleiben, welche Fälle die Arbeitsgerichte auch zukünftig als Ausnahmen anerkennen. Das Risiko einer unzulässigen sachgrundlosen Befristung, mit der Folge eines automatisch entstehenden, unbefristeten Arbeitsverhältnisses, bleibt damit weiterhin hoch.
Praxistipp
Arbeitgeber sollten vor Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages unbedingt beim Arbeitnehmer erfragen, ob dieser zuvor schon im Unternehmen beschäftigt war. Dies gilt nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für mittelständische und kleinere Unternehmen gleichermaßen. Nur allzu schnell wird übersehen, dass ein neuer Arbeitnehmer Jahre zuvor bereits als Student oder Aushilfe beschäftigt worden ist – mit weitreichenden Konsequenzen. Als Alternativen zur sachgrundlosen Befristung kommen interne Flexibilisierungsmaßnahmen wie Arbeitszeitkonten, Überstunden und Kurzarbeit oder externe Maßnahmen wie Arbeitnehmerüberlassung oder Befristungen mit Sachgrund in Frage.
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