Schwab interessierte sich bei seinem Besuch vor allem für die Zukunft der beruflichen Bildung in Europa. Diesen Ball nahm Ullrich nur allzu gerne auf und verwies auf aktuell erfolgreich laufende Projekte wie MobiPro-EU, die nicht nur ein offensichtliches Ziel verfolgten, sondern unglaublich viele weitere Effekte mit sich brächten. "MobiPro-EU ist weder die Lösung noch ein simples Mittel, um den Fachkräftebedarf in Deutschland zu decken, sondern ein Gewinn für Europa." Gerade mit dem in Freiburg verfolgten Ansatz - als gemeinsames Projekt mit den Institutionen aus den Herkunftsländern der jungen Leute - ließe sich vermeiden, dass Deutschland wie allzu oft als Besserwisser wahrgenommen wird. "Wir müssen solche Projekte zur beruflichen Qualifizierung gemeinsam entwickeln, da haben wir in der Vergangenheit Fehler gemacht", gab Ullrich unumwunden zu. Statt die duale Ausbildung eins zu eins zu exportieren, müsse vielmehr eine Dualisierung der beruflichen Bildung entsprechend der örtlichen Gegebenheiten verfolgt werden. "Hier setzen wir als Handwerkskammer Freiburg auf das Netz der Städtepartnerschaften", so Ullrich. Auch Schäfer machte deutlich, dass der eigentliche Fehler schon einige Jahre zurück liege. "Wir haben es im deutschen Handwerk versäumt, direkt nach der Wende offensiv unser duales Ausbildungssystem nach Osteuropa zu exportieren." Andreas Schwab wies mit Stolz darauf hin, dass es mit viel Einsatz gelungen sei, die duale Ausbildung im Jahr 2013 erstmals im EU-Recht anerkennen zu lassen. Schwab betonte insbesondere die Bedeutung der dualen Ausbildung für eine geringe Jugendarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg. "Ich werde auch künftig bei unseren Nachbarn in Europa dafür werben, dass die duale Ausbildung ein wichtiger Beitrag für die Integration junger Menschen in den Arbeitsmarkt ist."
Finanzielle Unterstützung notwendig
Thematisiert wurden auch die Erfahrungen der an Frankreich grenzenden Kammer Freiburg auf dem Feld der grenzüberschreitenden Ausbildung. Die Gesprächspartner diskutierten die Problematik, dass eine handwerkliche Ausbildung in Frankreich eine dramatisch schlechtere Anerkennung erfährt als in Deutschland. Zudem stand auch der Vergleich mit dem MobiPro-EU-Projekt, welches die Handwerkskammer Freiburg in diesem Jahr erstmals auch jungen Elsässern angeboten hat, im Interesse des Europa-Abgeordneten Schwab. Hier wurde schnell klar, dass vor allem die im Rahmen von MobiPro-EU bereitgestellten finanziellen Unterstützungen für Mobilität und Spracherwerb ein Plus gegenüber der grenzüberschreitenden Ausbildung an der Rheinschiene darstellten. Hier müsse von politischer Seite noch nachgelegt werden, forderte Ullrich, auch wenn die Zahlen langsam anstiegen. Eine konkrete Forderung an den Europa-Abgeordneten war dann auch, nicht abgerufene europäische Mittel zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit verstärkt für Berufsorientierung und Deutschkurse in europäischen Nachbarstaaten freizusetzen.
Neben der beruflichen Bildung ging es auch um die Exportaktivitäten des Handwerks. Deutlich machten hierbei sowohl Ullrich als auch Schäfer, dass das Handwerk die Ärgernisse für die Betriebe im grenznahen Bereich weiterhin deutlich thematisieren werde, um auch hier vernünftige Lösungen zu erreichen. Abschließend begrüßte Schwab eben diese lösungsorientierte Ausrichtung des durch den Landesauschuss Europa eingeschlagenen Weges. Angetan zeigte er sich auch von der Idee, das Instrument der Städtepartnerschaften für die Stärkung der beruflichen Bildung in Europa intensiver zu nutzen. Tatsächlich müsse man sich eingestehen, dass sich die Menschen in Europa untereinander heute nicht viel besser kennen als noch vor ein paar Jahrzehnten. "Wir bauen schon lange an einem gemeinsamen Europa - und haben noch immer viel zu tun", hatte Ullrich treffend formuliert.