Das Programm sah einen dreimonatigen Sprachkurs im Herkunftsland vor, an den sich ein sechswöchiges Praktikum in einem Ausbildungsbetrieb in Deutschland anschloss. Die sprachliche Förderung fand dabei weiterhin parallel statt. Daraufhin wurde die Ausbildung aufgenommen, ganz regulär inklusive des Besuchs der Berufsschule. 2016 wurde das Projekt von der Bundesregierung eingestellt.
Bestehende Netzwerke genutzt
Die Handwerkskammer Freiburg nutzte für das Projekt vor allem bereits bestehende Beziehungen nach Padua, dessen Handwerkskammer langjährige Partnerin der Freiburger Kammer ist. Zudem wurde die Städtepartnerschaft zwischen Lörrach und dem italienischen Senigallia genutzt, um junge Menschen für das Projekt zu gewinnen. Auch aus Frankreich, Spanien und Portugal kamen Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Freiburg und Umgebung. Zentrales Motto und Erwartung an das Projekt war es, tragfähige Brücken zu bauen, jungen Menschen aus der EU eine Zukunftsperspektive zu geben und den Fachkräftenachwuchs im Handwerk zu fördern.
Glücklicher Zufall
Einer der Teilnehmer war Abdellah Boutirra, der im Sommer 2015 als 21-Jähriger aus Padua zum Praktikum nach Deutschland kam. Abdellah wurde in Marokko geboren und wanderte im Alter von zehn Jahren mit seiner Familie nach Italien aus. Nach seinem Abitur an einem technischen Gymnasium bewarb er sich für MobiPro-EU. „Grundsätzlich wollte ich gerne ins Ausland, eine neue Sprache lernen und Erfahrungen sammeln“, so Abdellah. Gezielt gewählt habe er Deutschland als Land im Vorhinein aber nicht. „Am Ende war es ein glücklicher Zufall.“
Nach einem Vorstellungsgespräch in Padua mit Andreas Rohrer, dem Ausbildungsmeister für SHK-Technik an der Gewerbe Akademie Schopfheim der Handwerkskammer Freiburg, absolvierte Abdellah noch in Padua einen Deutsch-Sprachkurs und erreichte dabei das Sprachniveau B1. „Damit ging es dann nach Deutschland, wo ich ein sechswöchiges Praktikum bei dem Betrieb Meyer (Blechnerei, Sanitär, Heizung) in Schopfheim begonnen habe. Anfangs hatte ich etwas Angst, den Schritt ins Ausland zu wagen, aber ich habe mich recht schnell zurechtgefunden und gut eingelebt“, erzählt Abdellah Boutirra. Das bestätigt auch sein Betrieb. „Wir hatten von Anfang an einen guten Eindruck. Abdellah war höflich, pünktlich und sehr motiviert. Wir waren sehr zufrieden mit ihm“, betont Geschäftsführer Gerd Dörflinger, dessen Unternehmen letztlich an dem Programm teilnahm, da es immer schwieriger wird, Lehrlinge zu finden.
Gerade der Anfang war schwer, nicht zuletzt sprachlich, blickt Abdellah zurück. „Insbesondere die Fachbegriffe waren kompliziert für mich. Und Sprachkurs hin oder her – am Ende lernt man eine Sprache erst vor Ort und in der Praxis so richtig“. Doch die Dinge entwickelten sich gut. Nach dem Praktikum begann er seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) bei Meyer und legte Anfang 2019 seine Gesellenprüfung erfolgreich ab. „Mir gefällt die Kultur der Ausbildung in Deutschland sehr. Man kann und darf hier auch Fehler machen. Dieses Verständnis fehlt meiner Ansicht nach in Italien. Der Übergang in den Beruf ist dort viel schwieriger“, sagt Abdellah.
Vielfältige Möglichkeiten mit dem Meister
Nach der Ausbildung wurde der junge SHK-Mechaniker im Betrieb übernommen und arbeitete ein Jahr auf der Baustelle. Im zweiten Gesellenjahr wechselte er in den Kundendienst. Aber damit nicht genug. „Ich hatte das Gefühl, dass noch etwas fehlt. Bei Kunden konnte ich technisch oft nicht alles erklären. Ich wollte keinen Stillstand und mich weiterbilden“, berichtet Abdellah – und entschied sich für die Meisterausbildung. Im März 2022 bestand er schließlich die Meisterprüfung. „Am Ende hat sich all die Mühe gelohnt. Mit dem Meister stehen mir sehr gute und vielfältige Möglichkeiten offen. Mal schauen, was die Zukunft bringt“, resümiert Abdellah Boutirra.
Über diesen beeindruckenden und bespielhaften Erfolg freut sich auch Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg. „Der Weg von Abdellah Boutirra zeigt, welch tolle Möglichkeiten das Handwerk auch für junge Menschen aus dem Ausland bietet. Für unsere Betriebe ist es zudem eine weitere Option, um dem bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dass wir bei dem Programm im Kammerbezirk im Vergleich zu den Bundeszahlen überdurchschnittlich erfolgreich waren, freut uns natürlich besonders.“