Kommt alles doch nicht so schlimm wie befürchtet? Kammerpräsident Joachim Wohlfeil ist sich da nicht sicher: „Fakt ist, dass sich die konjunkturellen Rahmenbedingungen seit knapp einem Jahr massiv verschlechtert haben“. Unternehmen und Verbraucher hätten mit massiven Belastungen zu kämpfen, steigende Energiekosten bis hin zu einem Gas- und Kraftstoffmangel als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine führten zu großen Unsicherheiten.
Zukunftssorgen sind aus der Konjunkturumfrage ablesbar. Befragt nach den kommenden Geschäftserwartungen sind 19,3 Prozent aller Handwerksbetriebe im Kammerbezirk Karlsruhe pessimistisch und rechnen mit einer Verschlechterung der Geschäftslage in den kommenden Monaten. Die Unsicherheit aller Betriebe bildet sich auch in den Umsatzprogosen ab, die sehr zurückhaltend sind. So erwarten für die nächsten Monate 29,2 Prozent der Befragten ein Umsatzminus, Umsatzsteigerungen erwartet jeder fünfte Befragte. Befragt nach der Preisentwicklung im letzten Quartal geben 80,7 Prozent gestiegene Einkaufspreise an, allerdings nur 54,1 Prozent konnten diese höheren Kosten komplett auf die Verkaufspreise übertragen.
Halt bekam die Konjunktur in den vergangenen Monaten durch den Aufholeffekt nach dem Wegfall der meisten Corona-Beschränkungen. Der private Konsum zog deutlich an, vor allem die Dienstleistungsbranchen zeigten 2022 eine spürbare Belebung. Im Gesundheitshandwerk und bei den personenbezogenen Dienstleistern berichten über 80% der befragten Unternehmen von guten bzw. zufriedenstellenden Geschäften in 4/2022.
Steigende Kosten, Material- und Fachkräftemangel belasten die Bauwirtschaft, die auf der anderen Seite aber nach wie vor auf Auftragsbestände von über 13 Wochen im Mittelwert verweisen kann und dementsprechend nach wie vor ein Stabilitätsanker ist. Aus dem Bauhaupt- und Ausbauhandwerk berichten über 90% der Betriebe von einer positiven Geschäftslage im letzten Quartal 2022. Allerdings erwarten 26,6 Prozent der Betriebe im Bauhauptgewerbe und 20 Prozent im Ausbauhandwerk für I/2023 eine rückläufige Wertschöpfung.
Die Kapazitäten waren bei vielen Handwerksbetrieben gut ausgelastet. Im 4. Quartal 2022 verzeichneten 47,1 Prozent der Betriebe einen hohen Auslastungsgrad zwischen 81 und 100 Prozent. Jeder sechste Betrieb (16,6 Prozent) arbeitete über die Auslastungsgrenzen hinaus. Gleichzeitig nahm der Anteil der Betriebe ab, die einen niedrigen Auslastungsgrad von maximal 60 Prozent verzeichneten.
Kommt also alles besser als erwartet? Geht die Inflation zurück, lösen sich die Lieferengpässe langsam auf? Drei Viertel der befragten Betriebe im Kammerbezirk Karlsruhe, über alle Gewerke betrachtet, rechnet damit, dass zumindest alles so bleibt wie im Vorquartal 4/2022. Ein Quartal, das im Ganzen gesehen relativ gut für die meisten Betriebe das Jahr 2022 abschloss.
Wohlfeil appelliert in diesem Zusammenhang auch an die Politik, die mittelständischen Handwerksbetriebe zu unterstützen. „Wenn die Energiewende gelingen soll, brauchen wir Rahmenbedingungen, die dem Handwerk das Arbeiten erleichtern. Keine Bürokratie, keine Auflagen, keine überbordenden Lohnnebenkosten und Unterstützung bei der Gewinnung von Fachkräften“.