Geschäftsklimaindex und Geschäftslage
Der Geschäftsklimaindex (GKI), der neben den Einschätzungen der aktuellen Geschäftslage auch die Erwartungen an die Zukunft beinhaltet, liegt aktuell bei 120 Punkten und ist damit 2 Punkte unter dem Niveau vom Frühjahr 2022 nach dem Zwischenhoch im Herbst 2022 mit 127 Punkten. Das Absinken des GKI ist gleichermaßen beeinflusst durch etwas schwächere Bewertungen bei der Geschäftslage und den Geschäftserwartungen.
Die aktuelle Geschäftslage schätzt 86,8 Prozent der Betriebe als gut oder zumindest befriedigend ein. Das ist fast ein Prozentpunkt weniger als im Vorjahr (87,7 Prozent). Besonders rückläufig sind die Bewertungen der Betriebe für gewerblichen Bedarf (minus 7 Prozent), im Bauhauptgewerbe (minus 6,8 Prozent) und den Ausbaugewerben (minus 2 Prozent). Die stärkste Verbesserung bei der Bewertung der Geschäftslage im Vorjahresvergleich gab es bei den personenbezogenen Dienstleistungen (plus 8,6 Prozent) sowie im Kraftfahrzeuggewerbe (plus 6,9 Prozent).
Auch die Auftragslage entwickelte sich im ersten Quartal 2023 leicht negativ. 19 Prozent der Betriebe berichten von gestiegenen, 25 Prozent von gesunkenen Auftragseingängen. Besonders negativ zeigt sich die Auftragslage bei den Gesundheitshandwerken (Saldo minus 45 Prozent) und den personenbezogenen Dienstleistungen (Saldo minus 34 Prozent). Dennoch haben sich die durchschnittlichen Auftragsvorläufe mit aktuell 20,1 Wochen gegenüber letztem Frühjahr (11,3 Wochen) fast verdoppelt. Die Betriebsauslastung bleibt mit durchschnittlich 87 Prozent (Vorjahr 88 Prozent) auf hohem Niveau.
Entsprechend zur Auftragslage entwickeln sich die Umsätze im westbrandenburgischen Handwerk. 25 Prozent der Betriebe geben an, höhere Umsätze erzielt zu haben. 30 Prozent berichten von Umsatzrückgängen.
Die anhaltend hohe Inflation wirkt sich weiter auf die Preissituation im Handwerk aus. 73 Prozent der Betriebe berichten von gestiegenen Einkaufspreisen bei Material und Versorgung. Die Betriebe im Kraftfahrzeuggewerbe, den Gesundheitshandwerken und bei den personenbezogenen Dienstleistungen sind mit mehr als 90 Prozent besonders von Teuerungen betroffen. Trotz höherer Einkaufspreise haben nur 58 Prozent der Betriebe angegeben, die Verkaufspreise für handwerkliche Produkte und Dienstleistungen angehoben zu haben. Damit ist davon auszugehen, dass ein Teil der höheren Einkaufskosten die betrieblichen Ergebnisse beeinflussen.
Die Investitionsneigung der Betriebe ist weiterhin auf niedrigem Niveau. Aktuell berichten 18 Prozent der Betriebe von gestiegenen, aber mehr als ein Drittel (34 Prozent) von gesunkenen Investitionen. Besonders zurückhaltend sind die Betriebe des Nahrungsmittelgewerbes und des gewerblichen Bedarfs.
Die Situation beim Personal gewinnt in den Betrieben immer mehr an Bedeutung. Vor dem Hintergrund des hohen Fachkräftebedarfs in den Betrieben ist es bedenklich, dass die Beschäftigtenentwicklung weiter negativ verläuft. 9 Prozent der Betriebe berichten von mehr Personal, 14 Prozent der Betriebe jedoch von einem Rückgang bei der Beschäftigung. Besonders negativ verläuft die Personalentwicklung in den Nahrungsmittelgewerben (Saldo minus 11 Prozent) und in den Handwerken für den gewerblichen Bedarf (Saldo minus 10 Prozent).
Aussichten und Erwartungen
Die Geschäftserwartungen haben sich gegenüber dem Vorjahr leicht aufgehellt. 21 Prozent der Betriebe erwarten in den kommenden Wochen eine bessere Geschäftslage, 15 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung. Besonders verhalten sind die Erwartungen im Bauhauptgewerbe (Saldo minus 2 Prozent) und im Ausbaugewerbe (Saldo plus 1 Prozent). Besonders optimistisch zeigen sich die Nahrungsmittelgewerbe (Saldo plus 33 Prozent) und die personenbezogenen Dienstleistungen (Saldo plus 23 Prozent).
Auch beim Auftragseingang besteht eine positive Erwartungslage. 24 Prozent der Betriebe rechnen in den kommenden Wochen mit einer besseren Auftragslage. 17 Prozent befürchten einen Rückgang. Per Saldo wird nur im Bauhauptgewerbe (Saldo minus 7 Prozent) und in den Betrieben für den gewerblichen Bedarf (Saldo minus 4 Prozent) mit einer nachlassenden Nachfrage gerechnet. Entsprechend sind auch die durchschnittlichen Einschätzungen zur Umsatzentwicklung in den Gewerken positiv (Saldo plus 14 Prozent).
Problematisch bleibt die Preisentwicklung im Handwerk. 73 Prozent der Betriebe gehen in den kommenden Wochen von weiteren Teuerungen beim Einkauf aus. 55 Prozent planen, die eigenen Verkaufspreise anzuheben. Angesichts unsicherer Rahmenbedingungen ist auch die Investitionsentwicklung negativ. Per Saldo erwarten 30 Prozent der Betriebe, weniger in ihre betrieblichen Anlagen zu investieren.
Entscheidendes Entwicklungshemmnis für das Handwerk bleibt der Fachkräftemangel in vielen Betrieben. Für die kommenden Wochen besteht jedoch leichte Zuversicht, beim Personal Beschäftigte hinzugewinnen zu können (Saldo plus 2 Prozent). Nur in den Betrieben für den gewerblichen Bedarf (Saldo minus 12 Prozent) und im Kraftfahrzeuggewerbe (Saldo minus 3 Prozent) wird ein weiterer Personalrückgang erwartet.
Robert Wüst, Präsident der Handwerkskammer Potsdam, zu den Umfrageergebnissen: „Viele Handwerker in Westbrandenburg blicken trotz leichter Eintrübungen insgesamt zufrieden auf ihre aktuelle Geschäftslage. Auch die Aussichten sind stabil. Angesichts der vielen Herausforderungen ist das die positive Nachricht. Dennoch verspüren einige Handwerke deutlichen Druck und viel Gegenwind. Unsere Betriebe leiden unter politischen Schnellschüssen ohne klare Planbarkeit, verunsicherten Kundinnen und Kunden, fehlendem Personal, ausufernder Bürokratie oder steigenden Material- und Energiepreisen. Gerade bei der Beschäftigung gilt es, junge Leute von den beruflichen Perspektiven und den Zukunftschancen im Handwerk zu überzeugen. Ohne Handwerk wird die Umsetzung der großen gesellschaftspolitischen Aufgaben beim Wohnungsbau und dem Klimaschutz nicht gelingen.“
Rund 5.400 Mitgliedsbetriebe der Handwerkskammer Potsdam aus allen Gewerken wurden im Rahmen der Online-Konjunkturumfrage zu ihrer wirtschaftlichen Lage befragt.
Den vollständigen Konjunkturbericht für das Handwerk in Westbrandenburg finden Sie >> hier