Seit der deutschen Wiedervereinigung sah sich auch das brandenburgische Handwerk nie mit so großen Umbrüchen und Herausforderungen wie aktuell konfrontiert. Umso erfreulicher zeigen sich die Ergebnisse der Befragungen für das erste Quartal 2023, wenngleich die Aussichten getrübt sind.
Während im Vorjahr noch 87,8 Prozent der brandenburgischen Handwerksbetriebe mit ihrer Geschäftslage zufrieden waren, sind es im Frühjahr 2023 nur noch 81,3 Prozent. Regional bietet sich in der Bewertung ein unterschiedliches Bild: Das Handwerk in Ostbrandenburg liegt mit einer guten und gleichbleibenden Bewertung seiner Geschäftslage bei 83 Prozent, in Westbrandenburg sogar fast auf Vorjahresniveau mit 86,8 Prozent. Kritischer bewerten die südbrandenburgischen Handwerksbetriebe ihre Geschäftslage mit einem Zufriedenheitswert von 74,2 Prozent.
32,8 Prozent der teilnehmenden Unternehmen verzeichneten rückläufige Umsätze. 67,2 Prozent der Unternehmen meldeten unveränderte oder gestiegene Umsätze.
Die Auftragslage ist gewerkeübergreifend rückläufig. Nur noch 17,9 Prozent der brandenburgischen Handwerksbetriebe berichten von einer gestiegenen Auftragslage, während rund ein Drittel der Betriebe sinkende Aufträge meldet. Der durchschnittliche Auftragsvorlauf stieg hingegen erneut an und beträgt nun im Durchschnitt rund 14 Wochen, wenngleich auch hier regional wieder sehr unterschiedlich: In Südbrandenburg liegt er bei 10,5 Wochen, in Ostbrandenburg bei 11,2 Wochen und in Westbrandenburg sogar bei 20,1 Wochen.
Die anhaltende Inflation und steigende Preise im Einkauf sorgen weiter für Preisanstiege im Handwerk. Mehr als die Hälfte der befragten Handwerksbetriebe im Land hoben ihre Verkaufspreise an. Allerdings hielten zum Vorjahresvergleich mit 40,8 Prozent mehr Betriebe die Verkaufspreise stabil. Im Vorjahr war dies nur ein Drittel der Unternehmen.
Egal wie groß die Herausforderungen sind, die Handwerksbetriebe halten an ihren Beschäftigten fest: In rund 72 Prozent aller Unternehmen (Vorjahr 70 Prozent) blieb der Personalbestand konstant. 9,5 Prozent der befragten Unternehmen gelang es sogar, zusätzliches Personal zu gewinnen. Die Maßnahmen, Fachkräfte zu halten und zu gewinnen, sind vielfältig und reichen von Ausbildung für den eigenen Bedarf, höheren Gehältern oder der Einführung der Vier-Tage-Woche. Allerdings bleibt der Bedarf höher als die Verfügbarkeit von Fachkräften und Auszubildenden. Grund hierfür sind die demografischen Entwicklungen und die wachsenden Aufgaben hinsichtlich der Klimawende in Deutschland.
Eine realistische Einschätzung zur wirtschaftlichen Entwicklung für die kommenden Monate erscheint erneut schwierig und ist vor allem von äußeren Faktoren abhängig. Große Risiken sieht das Handwerk im Energiesektor und der entsprechenden Preisgestaltung für Energie. Die klimapolitischen Herausforderungen und der umfassende Wandlungsprozess in Deutschland fordern auch das Handwerk insgesamt.
Daher blicken die Handwerksbetriebe zurückhaltend auf die kommenden Monate. Die Auftragsbücher sind zwar gut gefüllt, aber anhaltende Inflation schlagen unmittelbar auch auf das Handwerk zurück und beeinflussen, wie die Energiepreissteigerungen, den Investitionswillen der Verbraucher direkt.
Deutlich zugespitzt hat sich Lage für die Bauhandwerke. Hier hat sich entsprechend landesweit auch die Stimmung abgekühlt. Der Neubau ist faktisch zum Erliegen gekommen – steigende Zinsen, fehlende Anreize für den Neubau und die Verteuerung des Baus durch immer neue Klimavorgaben, lange Genehmigungsverfahren und gestiegene Materialkosten machen Bauvorhaben unkalkulierbar und für mittlere Einkommen unfinanzierbar. Die Immobilie als – für viele dringend benötigte – Altersvorsorge steht in Deutschland auf der Kippe.
Dennoch gehen 19 Prozent der Unternehmen von einer sich verbessernden, 60 Prozent der Betriebe von einer gleichbleibenden Geschäftslage aus. 21 Prozent befürchten eine Verschlechterung. Auch hier zeigen sich starke Unterschiede im Land Brandenburg: Während man im Osten und Westen Brandenburgs positiv nach vorn schaut, sieht es im Süden des Landes anders aus: Hier glauben 30 Prozent der Befragten sogar, dass sich die Lage für sie verschlechtert.