„Wir befinden uns derzeit in einem Selbstüberprüfungsmodus, da gilt es, alle Fachkräftepotentiale zu heben und auf Freisetzungen konstruktiv zu reagieren“, sagte Nahles beim handwerkspolitischen Forum. Dazu sollen Arbeitsplatz-Drehscheiben genutzt werden, um niemand zu verlieren. „Industrielle Cluster geben den Unternehmen Mitarbeiter ab – auch ins Handwerk. Allerdings darf der Wechsel von der Industrie ins Handwerk nicht am Argument der Betriebsrenten scheitern. Das ist nämlich immer der Killer“, so die Agenturchefin.
Zur Fachkräftesicherung beitragen sollen generell Maßnahmen wie „Upskilling“, also die Höherqualifizierung im Job, um gestiegene Anforderungen zu erfüllen. Potential sieht Nahles bei der Beschäftigung von Frauen und Älteren, aber auch bei jungen Leuten. „Da verlieren wir noch zu viele“, sagte Nahles. „Das ist ein Unding, dass junge Menschen ohne Ausbildung bei uns in der Arbeitsagentur als Kunden landen. „Hier liege ein eindeutiges Mismatch vor, das wir uns so nicht erlauben dürfen.“ Deshalb komme der Berufsorientierung allergrößte Bedeutung zu. Auch schwächere Schüler, Abiturienten und Studienabbrecher sollten so noch mehr mit den Maßnahmen der Agenturen und Kammern für die guten Zukunftschancen im Handwerk aufgeschlossen werden. Nahles: „Wir dürfen da nicht nachlassen, wir brauchen jeden.“ Zu den der Agentur zur Verfügung stehenden Mittel für Arbeitsmarktmaßnahmen sagte sie, dass für verschiedene Formen der Unterstützung Geldtöpfe nicht ausgeschöpft würden, weil die Nachfrage fehle. Auch bei der Einbindung von Arbeitnehmern mit Migrationshintergrund in unseren Arbeitsmarkt dauere es viel zu lange, weil die Hürden unserer Verwaltung sehr hoch und komplex seien, kritisierte sie. „Statt nach Deutschland zu kommen, wird dann ein Arbeitsvertrag in Kanada unterschrieben – dort ist vieles einfacher.“
Kammerpräsident Rainer Reichhold ergänzte in der Podiumsdiskussion, dass es bei der Ausbildung junger Menschen nicht nur auf die Ausbildungsfähigkeit, sondern sehr stark auf die Motivation und den Ausbildungswillen der jungen Leute ankomme. „Da haben die Ausbildungsbetriebe große Aufgaben. Es darf nämlich nicht sein, dass wir als Reparaturbetrieb für Missstände in Familien und in der Schulzeit aufkommen müssen.“