Im handwerkspolitischen Bericht der Handwerkskammer wird darauf hingewiesen, dass zahlreiche Unternehmen keine finanziellen Reserven mehr hätten. „Die Situation nimmt in einigen Branchen existenzbedrohende Ausmaße an.“ Es sei sogar zu befürchten, dass beispielsweise Kosmetikbetriebe für immer schließen müssen, weil sie jetzt vom Lockdown ein zweites Mal voll getroffen werden. „Gleichzeitig arbeiten aber auch Gewerke, beispielsweise aus dem Bau- und Ausbaubereich, an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Erschwerend kommt hinzu, dass auf den Baustellen qualifiziertes Personal an allen Ecken und Enden fehlt“, erläuterte der Kammerpräsident die Lage.
„Im Frühjahr mussten auf behördliche Anweisung zahlreiche Betriebe schließen. Entsprechend groß war der Einbruch beim Umsatz“, bilanzierte Hauptgeschäftsführer Thomas Hoefling die Situation. „In den folgenden Monaten gab es Zeichen der Erholung, doch jetzt ist zu befürchten, dass der Teil-Lockdown diese positive Entwicklung stoppt“, erklärte der Kammerchef. Neben den Kosmetikbetrieben seien mittelbar auch Lebensmittelhandwerke mit einem gastronomischen Angebot oder mit Dienstleistungen im Veranstaltungs- und Messebereich betroffen. Im Messebereich sind insbesondere Messe- und Ladenbauer die Leidtragenden. Das neuerliche Herunterfahren des Gastronomie- und Hotelbereichs hat negative Konsequenzen für Textil- wie auch Gebäudereiniger sowie Brauereien. „Die Mehrheit der Handwerksbetriebe darf zwar vorerst weiterarbeiten, wir müssen jedoch davon ausgehen, dass sich ihre Situation durch ausbleibende und stornierte Auftrage mittelfristig ebenfalls verschärft.“
Erfreulich sei, dass Handwerker trotz Corona-Krise eine hohe Ausbildungsbereitschaft zeigen und Lehrverträge abschließen. „Die Unternehmer wissen, dass die Azubis von heute die Fach- und Führungskräfte der kommenden Jahre sind“, erläuterte Kammerchef Hoefling die Zwischenbilanz. Die Zahl der neu abgeschlossenen Lehrverträge habe nach einem satten Minus im Sommer auf ein Minus von 0,8 Prozent Ende Oktober im Vergleich zum Vorjahr aufgeholt. „Weil aktuell noch etliche Ausbildungsplätze im Handwerk unbesetzt seien, können sich unentschlossene Jugendliche kurzfristig für eine Lehre entscheiden.“ Ein Einstieg in das laufende Lehrjahr sei noch möglich.
Als angemessene Maßnahme bewertet der Hauptgeschäftsführer, die berufliche Ausbildung im Bereich der Sozialversicherung wie ein Studium zu fördern. „Das wäre ein starkes Zeichen der Anerkennung.“ Auf Auszubildende entfällt ein durchschnittlicher Krankenversicherungsbeitrag von 15,7 Prozent sowie ein Pflegeversicherungsbeitrag von 3,05 Prozent. Diese Kosten werden jeweils zur Hälfte vom Ausbildungsbetrieb, zur anderen Hälfte vom Auszubildenden getragen. Hoefling weiter: „Lehrlinge sollten künftig wie Studierende über die Eltern in der Kranken- und Pflegeversicherung kostenfrei mitversichert werden, damit ihnen mehr Geld zur Verfügung steht und die Ausbildungsbetriebe entlastet werden.“
Der handwerkspolitische Bericht der Kammer ist hier zu finden: www.hwk-stuttgart.de/politik