„Die Bildungsstätten des Handwerks sind das Zentrum der Aus-, Weiter- und Fortbildung der Branche und enorm wichtig, um die Ziele der Bundesregierung in den Bereichen Nachhaltigkeit, Klimaschutz sowie Ressourcen- und Energieeffizienz zu erreichen“, erklärt Rainer Reichhold, Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart. Allerdings können die Bildungshäuser eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung auf höchstem Niveau nur garantieren, wenn ihre Gebäude, die Werkstätten und Unterrichtsräume immer auf dem neuesten Stand der Technik sind. Dazu bedarf es bundesweit jährlicher Investitionen im hohen dreistelligen Millionenbereich. Deshalb sind die Bildungsstätten auf die Zuschüsse von Bund und Ländern angewiesen. Die Investitionskosten seien aufgrund der stark erhöhten Bau- und Personalkosten in den vergangenen Jahren immens angestiegen, die zur Verfügung stehenden Bundesfördermittel seien allerdings gleichgeblieben. „So droht jetzt die Gefahr, dass viele der notwendigen Modernisierungs- und Bauvorhaben nicht gefördert und somit umgesetzt werden können.“
In der Sommer-Vollversammlung 2023 der Handwerkskammer wurde ein Beschluss zum Ausbau der Bildungsakademie und zum Schaffen zusätzlicher Kapazitäten für die überbetriebliche Ausbildung und technische Weiterbildung gefasst. „Wir wollen damit vor allem in den Berufen mehr Fachkräfte ausbilden, die für die Energie-, Wärme- und Mobilitätswende dringend benötigt werden“, erläutert Peter Friedrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. Allein für den geplanten Erweiterungsbau der Bildungsakademie seien Investitionen von rund 35 Millionen Euro in den kommenden Jahren notwendig, wobei Kosten für zusätzliches Lehrpersonal noch dazu kommen. Der Genehmigungsprozess zur Beantragung von Förderungen sei enorm aufwändig und mit vielen Auflagen verbunden. Mit der Bewilligung der Bundesmittel, damit mit den Baumaßnahmen gestartet werden kann, ist voraussichtlich nicht vor 2029 zu rechnen. „Gleichzeitig verlangt die Politik, mehr Fachkräfte-Nachwuchs im Handwerk und speziell in den Klimagewerken auszubilden – das funktioniert aber nicht, wenn wir ausgebremst werden."
Vor dem Hintergrund wichtiger Investitionen betonte Kammer-Hauptgeschäftsführer Peter Friedrich den großen Unterschied zur Behandlung der Bildungsstätten im Vergleich zu den Berufsschulen: „Bei den Berufsschulen wird die Finanzierung neuer Investitionen auf kommunaler Ebene deutlich zügiger entschieden.“ Hingegen seien die Verfahren bei den Bildungsakademien viel langwieriger und sehr umfangreiche Gutachten notwendig.
Staatssekretär Dr. Florian Toncar reagierte mit Verständnis auf den Unmut des Handwerks: „Es wird in der Tat übergeordneten Schaden geben, wenn wir die notwendige Ausbildungsleistung nicht erbringen.“ Zudem stimmte der Staatssekretär zu, dass der Genehmigungsprozess in der geschilderten Form zu aufwändig sei. Die von der Kammerspitze vorgebrachten Forderungen und neuen Erkenntnisse möchte Florian Toncar jetzt in Berlin mit den zuständigen Kolleginnen und Kollegen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und den Fraktionen im Deutschen Bundestag diskutieren.