„Die Unternehmen in der Kernregion des Südwestens haben ihre Hausaufgaben gemacht. Die Auftragsbücher sind voll und das Auslandsgeschäft brummt“, sagt die IHK-Präsidentin. „Damit das so bleibt, müssen in Berlin die Weichen richtig gestellt werden.“ Angesichts des sich weiter verschärfenden Fachkräftemangels sollten Maßnahmen ergriffen werden, die Ältere zum Weiterarbeiten qualifizieren und motivieren. Frühverrentungsangebote sind kontraproduktiv, meint Breuning und sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Flexible Beschäftigungsformen müssten erhalten bleiben, damit Unternehmen schnell auf Marktveränderungen reagieren könnten. Mindestlöhne sollten nicht als sozialpolitisches Verteilungsinstrument missbraucht werden. Auch sei ein Zuwanderungsgesetz unabdingbar, damit qualifizierte Fachkräfte eine Perspektive auf dem deutschen Arbeitsmarkt bekommen.
Auch das regionale Handwerk erwartet Signale des Aufbruchs und eine neue Dynamik aus der Bundeshauptstadt. Dabei dürfe es keine zusätzlichen Belastungen bei Steuern oder Abgaben geben, nur weil die Konjunktur aktuell so gut läuft. „Ein Dauerproblem ist, dass alte Steuern nicht an aktuelle Erfordernisse angepasst werden. Ein Beispiel ist die Einkommenssteuer, die vor allem die Handwerksbetriebe belastet. Die bisherige Untätigkeit der Politik führt zur kalten Progression und diese verhindert in den Unternehmen wichtige Investitionen in die Zukunft“, sagt der Handwerkskammer-Präsident. Außerdem dürften die Betriebe nicht mit zusätzlichen Sozialabgaben belastet werden. „Die neue Regierung muss die Reform der sozialen Sicherungssysteme endlich angehen, damit der Gesamtsozialversicherungsbeitrag 40 Prozent des Bruttolohns nicht übersteigt“, so Reichhold. In vielen Handwerksbetrieben sei die Schmerzgrenze der Belastungen bereits erreicht.
Auch die IHK-Präsidenten appelliert an die neue Regierung, zusätzlichen Belastungen für die Betriebe zu vermeiden. „Vielmehr erwarten wir Entlastung von Abgaben und Bürokratie und die Förderung von Innovationen vor allem in kleinen und mittelgroßen Betrieben“, sagt Marjoke Breuning. Das könnte zum Beispiel durch die steuerliche Förderung von FuE-Ausgaben gelingen. Bei der Digitalisierung von Geschäftsmodellen und in der Aus- und Weiterbildung bräuchten vor allem die kleineren Unternehmen Unterstützung. „Förderprogramme zur Digitalisierung müssen viel stärker auf KMU ausgerichtet werden, zum Beispiel mit Angeboten, bei denen keine größeren Hürden zu nehmen sind“, so die IHK-Präsidentin.
Das Handwerk sieht die Gefahr, dass kleine Betriebe bei der digitalen Transformation den Anschluss verlieren und wichtige Entwicklungen verpassen. „Es besteht die dringende Notwendigkeit, unsere KMU zu stärken und ihnen Mut zu machen“, sagt der Handwerkskammer-Präsident. Es brauche aber auch maßgeschneiderte Beratungs- und Coaching-Angebote. IHK- und Handwerkkammer-Vertreter betonen zudem, dass die Verantwortung für die Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen in weiten Teilen auch beim Bund liegt. Wo die notwendige Infrastruktur fehle, wie zum Beispiel Glasfaser- und Mobilfunknetze mit Bandbreiten im Gigabit-Bereich oder moderne Verkehrsinfrastruktur, sei dies ein gravierender Standortnachteil.
Das gelte auch für die Umsetzung der Energiewende. Die Unternehmen erwarteten von der Regierung, dass Versorgungssicherheit und Strompreise im Blick behalten werden, der Ausbau von Netzen, Speichern und Kraftwerken zügig vorangetrieben wird. Reichhold: „Wir warnen davor, Mittelstand und Privathaushalte weiterhin mit den durchgängig steigenden Kosten aus EEG- und Netzumlage überproportional zu belasten.“
Die IHK plädiert außerdem dafür, stärker als bisher zu hinterfragen, ob Elektromobilität die ideale Lösung für die bestehenden Klimaprobleme ist. Mit der Elektromobilität ließen sich auf lokaler Ebene Emissionen senken. Global gesehen sei dies aber nicht der Fall. Außerdem fehlten Grundvoraussetzungen für Elektromobilität wie Infrastrukturmaßnahmen bei Energieversorgung und Ladestationen sowie Mobilitätskonzepte. Um diese zu entwickeln, brauche es Zeit. Einig sind sich die Kammern darin, dass eine sukzessive Einführung der Elektromobilität nur Hand in Hand mit Herstellern, Zulieferern, betroffenen Dienstleistern und Handwerksbetrieben erfolgen kann. „Wir brauchen saubere Luft und attraktive Städte und Gemeinden“, sagt Breuning. „Daran müssen wir gemeinsam mit Unternehmen und den Verantwortlichen bei Bund, Ländern und Kommunen arbeiten.“