In der öffentlichen Wahrnehmung gehe es bei ökologischen Debatten oftmals ‚nur‘ um die Klimakatastrophe, dabei sei eine andere Krise laut Experten noch gefährlicher: die schwindende Biodiversität. Das schreibt Luca Caracciolo, Chefredakteur von Technology Review in seinem Editorial und mahnt: „Die Folgen sind fatal. Denn wir brauchen intakte Ökosysteme, um unser Überleben auf der Erde zu sichern.“ Daher rückt Technology Review auf fast 40 Seiten die wichtigen Zukunftsthemen Artensterben, Mikroben, Moore und neue Formen der Aquakultur sowie klimafitter Forst und auch mehr Wildnis in den Fokus.
Rewilding beispielsweise hat sich zu einem Modebegriff entwickelt, der den Nerv der klimagebeutelten und an Biodiversität verarmenden Welt trifft. Einheitlich definiert ist der Begriff jedoch nicht: Rewilding kann im Garten stattfinden, wenn der Rasen nicht mehr gemäht und Äste und Steine zu Haufen aufgeschichtet werden. Rewilding kann der Pleistozän-Park in Sibirien sein, in dem Nikita und Sergey Zimov versuchen, die Arktis wieder in eine Steppe zu verwandeln, indem sie mit Megaherbivoren die Verbuschung zurückdrängen und den Boden verdichten wollen.
Das Gebiet, in dem die Initiative Rewilding Oder-Delta (ROD) die Wildnis voranbringen möchte, ist ein Mix aus traditionellen Schutzgebieten und ungeschützter, dünn besiedelter Kulturlandschaft. Es ist das einzige Rewilding-Projekt in Deutschland unter dem Dach von Rewilding Europe. Die Organisation vereint derzeit neun Rewilding-Gebiete in ganz Europa. Die Idee ist, der Natur in möglichst großen zusammenhängenden Landschaftskomplexen Raum für Wildheit zu geben. „Die Voraussetzungen am Oder-Delta sind gut, aber das funktioniert natürlich nicht überall“, sagt Johannes Schiller vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. „Eine Eins-zu-eins-Übertragung auf andere Regionen wird nicht funktionieren, dazu sind die Systeme zu heterogen. Rewilding allein wird nicht die Welt retten, aber es hat Strahlkraft.“ Allerdings müsse man sich auch im Klaren sein: Rewilding hat wenig mit Naturromantik zu tun: Allianzen schmieden, mit Behörden sprechen und Strippen ziehen und die Themen auf politischer Ebene präsent machen seien unerlässlich.
Interessierten Journalisten stellen wir auf Anfrage gern ein Rezensionsexemplar zur Verfügung.