Herr Raman, Sie haben im Rahmen Ihrer Promotion ein neues Material aus 3D-gedrucktem Kunststoff und Silikon entwickelt, das sich durch Wärme leicht verbiegen und perfekt anpassen lässt. Was hat der Seestern damit zu tun?
Raman: Seesterne verfügen über eine verblüffende Fähigkeit: Sie können ihre an sich weichen und beweglichen Arme in Sekundenbruchteilen so versteifen, dass die neue Form auch mit hohem Kraftaufwand nicht zu verändern ist. Diese Fähigkeit haben wir für die Entwicklung unseres neuen Materials genutzt.
Wie kann man sich das vorstellen?
Die Struktur besteht aus einem besonderen Kunststoff als inneres Skelett und einer Ummantelung aus Silikon. Das Material kann sehr kostengünstig hergestellt werden. Erwärmt man das Material, lässt es sich ganz leicht verbiegen und individuell anpassen. Um dieses „Morphing“ genannte Prinzip spielerisch zu veranschaulichen, haben wir in unserem Labor Seesterne daraus hergestellt. Legt man sie in heißes Wasser, werden sie weich und man kann sie ganz leicht verbiegen. Wenn sie erkalten, werden sie hart und formstabil. Zur Veranschaulichung habe ich so spaßeshalber einmal Stifte- und Handyhalter geformt. Darüber hinaus haben wir in das Material auch Heizkabel eingebaut, so dass man es ganz leicht und schnell elektrisch erwärmen kann.
Wie können Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft von Ihrem Patent profitieren?
Die Fähigkeit dieses neuen Materials ist sehr vielfältig einsetzbar. Beispiel Medizin: Hier könnte man zum Beispiel bei einem Knochenbruch den herkömmlichen Gips oder eine Fixierschiene ersetzen: Wenn man die Form im Laufe der Behandlung anpassen oder kurz zum Beispiel zum Duschen entfernen möchte, muss man diese nicht zerstören und komplett neu anfertigen. Man kann sie mithilfe von Wärme immer wieder anpassen. Am Ende landet die Schiene auch nicht im Müll, sondern kann wiederverwertet werden. Es wäre also nachhaltig.
Ein weiteres Beispiel ist der Flugzeugbau: Die Fähigkeit des Materials ist etwa gefragt, um die Form der Tragflächen eines Flugzeugs den unterschiedlichen Anforderungen bei Start, Landung und Streckenflug anzupassen. Die bisher dafür notwendige Steuerung zum Beispiel der Landeklappen-Technik gehört zu den aufwendigsten Komponenten eines Flugzeugs. Wenn es gelingt, das Seestern-Prinzip technisch nachzubilden, könnte dies die Konstruktion von Flugzeugtragflächen um ein Vielfaches vereinfachen.
In der Automobilindustrie könnte man das Material zum Beispiel für die Erhöhung des Sitzkomforts nutzen: Bestünde die Sitzfläche eines Autositzes aus dem Material und erwärmt sich, könnte sie sich passgenau der Ergonomie der Person anpassen, die draufsitzt.
Sie haben ebenfalls Ideen, wie man das neue Material von Raman anwenden kann?
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