Der „Speedpicker" ist ein hochdynamisches Robotersystem, an dem die Studierenden ausgebildet werden. An ihm werden „Pick-and-Place"-Anwendungen erforscht und optimiert. Beim Einsatz von Maschinen und Anlagen ist es wesentlich, ihren Zustand während des Betriebs zu überwachen: Laufen die Maschinen fehlerfrei? Wann müssen Komponenten aus- getauscht oder gewartet werden? Vor dem Hintergrund von Industrie 4.0 mit zunehmender Digitalisierung und Vernetzung intelligenter Komponenten gewinnt auch die Zustandsüberwachung, das Condition Monitoring, an Bedeutung.
Professor Dr.-Ing. Gernot Schullerus von der Fakultät Technik der Hochschule Reutlingen entwickelt in Zusammenarbeit mit der Manz AG und einem weiteren Industriepartner neue Verfahren zum Condition Monitoring für mechanische Komponenten von Antriebssystemen. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg fördert das Projekt. Erstmals wurde nun sogar eine Bachelorarbeit mit einem erstaunlichen Ergebnis zum Speedpicker verfasst. Anlässlich der Demonstration von Martin Böhmer, der seinen Praktikumsversuch „Entwurf und Implementierung von Applikationen für einen Hochgeschwindigkeitsroboter – Speedpicker" präsentierte, trafen sich alle Beteiligten zu einer Live-Vorführung im Roboterlabor auf dem Campus der Hochschule Reutlingen.
Martin Böhmer entwickelte unter der Betreuung der Professoren Dr.-Ing. Gerhard Gruhler (Vizepräsident der Hochschule Reutlingen) und Dr.-Ing. Schullerus eine neue und spezielle Wurf-Anwendung für den Speedpicker und schrieb darüber seine Bachelor-Thesis. Das Prinzip erklärt er wie folgt: „Steuer- und Messgrößen betroffener Komponenten werden ausgewertet. Sensoren liefern beispielsweise Drehmomente oder Drehzahlen eines Motors, die auf den aktuellen Zustand schließen lassen und verraten, wann die nächste Wartung nötig ist."
Professor Schullerus und sein Team erstellen mathematische Modelle für die Komponenten, um sie genauer zu analysieren und ihre Lebensdauer besser vorhersagen zu können. Neben dieser modellbasierten Vorgehensweise zielt das Forschungsprojekt auch darauf ab, die Condition Monitoring-Informationen in der Anlage hierarchisch darzustellen. Dies soll den Anwender beim Betrieb und bei der Planung seiner Wartungsintervalle unterstützen und so eine bessere und effizientere Produktion gewährleisten.
Überrascht zeigte sich deshalb auch Eduard Ams, Bereichsleiter F&E Basistechnologie bei der Manz AG, dass man in der Anwendung schon so weit sei. Der Speedpicker sei in der kommerziellen Anwendung sehr erfolgreich. Dort würde er wegen seiner Präzision und Dynamik gerade bei leichten Teilen wie Solarzellen zum hocheffizienten „Pick-and-Place" eingesetzt. Er ermögliche Unternehmen einen höheren Durchsatz auf einem kleinen Arbeitsbereich. Ams freue sich, dass man durch die enge Zusammenarbeit einen Beitrag an der Hochschule leisten könne und eine gewisse Nähe schaffe, um einen sinnvollen Bezug für Studierende zum Thema Industrie 4.0 herzustellen. Automation sei stets ein kritischer Erfolgsfaktor in der Produktion. Nur mit exzellenten Automationslösungen einer reproduzierbar hohen Qualität, hohen Durchsätzen, geringen Produktionskosten und damit wettbewerbsfähigen Preise könne man am Markt bestehen. Und es brauche immer kompetenten Nachwuchs. Der Speedpicker wurde 2010 als Pick-and-Place-Handlingsystem entwickelt, um insbesondere das Handling von Silizium Solarzellen zu optimieren. Die Herausforderung bestand darin, einen Roboter zu entwickeln, der präziser, dynamischer und kostengünstiger ist, als die bis dahin in dieser Anwendung verbreitete Delta- Roboterkinematik. Man freue sich über die Möglichkeit, dass Studierende der Fakultät Technik mit diesem System forschen und lernen können.
Auch Daniel Metzger, Applikationsingenieur, von der Beckhoff Automation GmbH & Co. KG, zeigte sich begeistert und im Detail interessiert an der „neuen" Wurf-Anwendung von Böhmer. Vielleicht weil er selber sein Bachelor- und Masterstudium hier in Reutlingen im Fachbereich Mechatronik absolviert hat und darüber hinaus auch als akademischer Mitarbeiter weiter beschäftigt war, bevor er zu Beckhoff in die Industrie wechselte. Die Applikation des Bachelorstudenten Böhmer, einen präzisen und genauen Wurf zu programmieren, sei durchaus eine Herausforderung. Immerhin müssen mehrere Bewegungen und Achsdrehungen vollzogen werden: waagrecht, senkrecht, drehen, picken, werfen, treffen. Es freue ihn natürlich besonders, dass das im Mechatronik-Labor möglich sei und Beckhoff mit seinen offenen Automatisierungssystemen auf der Grundlage PC-basierter Steuerungstechnik so die Forschung an der Hochschule Reutlingen praktisch unterstützen könne.
Über die Manz AG:
Die Manz AG in Reutlingen/Deutschland ist als weltweit agierender Hightech-Maschinenbauer Wegbereiter für innovative Produkte auf schnell wachsenden Märkten. Das 1987 gegründete Unternehmen verfügt über Kompetenz in sechs Technologiefeldern: Automation, Messtechnik, Laserbearbeitung, Nasschemie, Drucken und Beschichten sowie Rolle-zu-Rolle- Prozesse. Diese Technologien werden von Manz in den drei strategischen Geschäftsbereichen „Electronics", „Solar" und „Energy Storage" eingesetzt und weiterentwickelt. Die Manz AG hat ihre Wurzeln in Baden-Württemberg, einer der Wiegen deutscher Ingenieurskunst und heute einer der wichtigsten Hightech-Regionen weltweit. Der Maschinenbauer beschäftigt derzeit Mitarbeiter aus 30 Ländern.
Über die Beckhoff Automation GmbH & Co. KG:
Beckhoff realisiert offene Automatisierungssysteme auf Grundlage der PC und EtherCAT-basierten Steuerungstechnik. Beckhoff steht für universelle und branchenunabhängige Steuerungs- und Automatisierungslösungen, die weltweit in den verschiedensten Anwendungen, von der CNC-gesteuerten Werkzeugmaschine bis zur intelligenten Gebäudesteuerung, zum Einsatz kommen. Die Unternehmenszentrale der Beckhoff Automation GmbH & Co. KG in Verl, Deutschland, ist Standort für die zentralen Abteilungen, wie Entwicklung, Produktion, Verwaltung, Vertrieb, Marketing, Support und Service. Die Präsenz auf dem internationalen Markt wird durch Tochterunternehmen und Repräsentanzen gewährleistet. Durch weltweite Kooperationspartner ist Beckhoff in über 75 Ländern vertreten.
Quelle Fotos: Hochschule/Kindermann