Die Konjunkturaussichten sinken, das Verbraucherverhalten ändert sich. Beide Entwicklungen haben für Unternehmen vor allem eine Folge: Der Kostendruck steigt. Die Notwendigkeit, Ausgaben zu reduzieren, trifft alle Abteilungen der Organisation. Vertriebsgesteuerte Organisationen, die ihr Budget optimieren wollen, sollten ihr Augenmerk auch verstärkt auf das Marketing richten: Dieser Unternehmensbereich hat für sie nicht nur einen hohen Stellenwert, sondern umfasst unter Umständen große Anteile des gesamten, indirekten Einkaufsvolumens.
Unter allen Dienstleistungen gilt insbesondere der Einkauf im Marketing dennoch oft als rotes Tuch, wenn es um die Realisierung von Einsparungen geht. Hierbei stoßen Bestrebungen zur Kostenoptimierung schnell auf Abwehr. Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass sich eine tiefgehende Analyse lohnen kann – nicht nur bei der Bewertung des Mediabudgets, sondern auch bei den Agenturkosten. Hinzu kommt, dass der Einkauf von Marketingdienstleistungen meist direkt durch die Marketingabteilung erfolgt, während Einkaufsexperten der Organisation außen vor bleiben.
Silodenken und starre, historisch gewachsene Prozesse stehen effektiven Optimierungsmaßnahmen hierbei im Wege. Wer den Handlungsbedarf in der Beschaffung von Marketingdienstleistungen allen Stakeholdern aufzeigen und zur Verbesserung von Qualität, Transparenz und Konditionen im Marketing beitragen will, muss daher offen und pragmatisch denken. Abhängig von der Ausgangssituation sollte daher ein wesentliches Ziel der Optimierung des Marketingeinkaufs darin bestehen, das Leistungsniveau der Agentur bei gleichbleibendem Mitteleinsatz zu erhöhen. Somit kann der Einkauf dazu beitragen, bei gleichem Budget der Marketingabteilung mehr Leistung zu erzielen.
Handlungsbedarf erkennen und Missstände benennen
Am Anfang der Optimierung des Marketingeinkaufs steht eine umfangreiche Bestandsaufnahme unter Berücksichtigung der relevanten Stakeholder. Die Form der Zusammenarbeit mit externen Marketingagenturen ist oftmals ein Ergebnis jahrelanger Entwicklungen. Vielfach werden langfristige Partnerschaften bewusst angestrebt, um von den Vorteilen einer engen Kooperation mit der Agentur zu profitieren. Für die Organisation kann die enge Verbindung zwischen Agentur und Marketingabteilung jedoch den Nachteil haben, dass kommerzielle Ziele weniger oder gar nicht beachtet werden. In diesen Fällen bleibt der Einkauf in Jahresgesprächen außen vor – obwohl gerade Einkaufsexperten wertvollen Input liefern können. Gewohnheiten in der Geschäftsbeziehung können außerdem den Eindruck von Selbstverständlichkeit nähren und den Willen zur Veränderung im Sinne einer Optimierung einschränken.
Viele Entscheidungsträger in den Fachabteilungen vermeiden harte kommerzielle Verhandlungen - aus Angst vor Qualitätsverlusten und negativen Auswirkungen auf die Beziehungsebene. Experten aus der Beschaffung sollten ihren Kollegen aus dem Marketing vor Augen führen, dass hierin ein Trugschluss besteht – schließlich rechnen Agenturen ebenso selbstverständlich mit einer kommerziellen, stark geführten Verhandlung wie andere Dienstleister des Unternehmens. Geschieht dies nicht besteht die Gefahr für die Organisation, nicht die bestmöglichen Konditionen zu erhalten.
Ein weiteres Indiz für den Bedarf zur Optimierung des Marketingeinkaufs ist der Druck auf den internen Head Count: Um die Zahl der festangestellten Mitarbeiter gering zu halten, werden immer mehr Aufgaben an die Agentur abgegeben. Reagiert die Agentur vor diesem Hintergrund zögerlich auf Anfragen aus der Einkaufsabteilung oder werden Reportings über Kostenstrukturen nur Stück für Stück bereitgestellt, ist die Schlussfolgerung eindeutig: Mit einer großen Wahrscheinlichkeit bietet der Marketingeinkauf ein hohes Potential im Rahmen einer Optimierungsmaßnahme. Anhand von 7 Tipps kann der Einkauf systematisch Optimierungsmaßnahmen vorantreiben und so Effizienzen sicher.
7 Tipps für die Optimierung des Marketingeinkaufs
Einkaufsexperten, die diese oder ähnliche Missstände aufgezeigt und das Bewusstsein der Marketingabteilung für Optimierungsbedarf geweckt haben, sollten in der Folge strukturiert vorgehen. Diese sieben Tipps können zur kosteneffizienten Gestaltung von Strukturen, Prozessen und Vereinbarungen beitragen und die Einkaufsexperten bei der Durchführung der Optimierungsmaßnahmen unterstützen (siehe Abbildung 1).
1. Transparenz schaffen: „Das machen wir schon immer so“ und „Das hat sich so ergeben“ sind keine gute Basis für die kosteneffiziente Zusammenarbeit mit Dienstleistern. Um Struktur in die Prozesse zu bringen, sollten diese zentralen Fragen beantwortet werden:
- Wie wird die Höhe von Aufwendungen und Kostenvoranschlägen bestimmt?
- Welche Tätigkeiten verbergen sich hinter einzelnen Positionen?
- Welche Bereiche sind zwingend notwendig für das Erreichen der gesetzten Ziele?
- Welche Leistungen können ersatzlos gestrichen werden?
2. Ineffizienzen identifizieren & Budgetpläne verschlanken: Budgets, die sich über mehrere Jahre hinweg entwickelt haben, werden selten hinterfragt – dabei können sie ineffiziente Bestandteile beinhalten oder Leistungen, die in der Vergangenheit einmal nötig waren, heute aber überflüssig (geworden) sind. Beispielsweise durch die Beschaffung der Leistungen bei anderen Dienstleistern oder aufgrund von Aufwandsreduktionen durch technologischen Fortschritt. Um diese Ineffizienzen zu identifizieren, sollten mehrere Punkte geklärt werden:
- Wo wurden Mittel veranschlagt, denen nur ein geringer Output entgegensteht?
- Gibt es in den vorgestellten Budgetplänen unnötige Puffer oder Reserven?
- Sind alle budgetierten Mittel konkreten Leistungen zugeordnet?
- Wurden die Leistungen im Budgetplan priorisiert und bestehen Möglichkeiten zur Fokussierung?
Praktikertipp: Der Fachabteilung fällt es meist schwer, Kürzungschancen zu identifizieren. Unternehmen sollten nicht scheuen, Kontakte in der Agentur direkt nach Anpassungsideen zu befragen. Dienstleister, die an einer langfristigen Zusammenarbeit mit Nutzen für beide Seiten interessiert sind, werden wertschöpfende Vorschläge machen.
3. Interne Strukturen aufbauen & Leistungen kontrollieren: Marketingdienstleistungen, die einmal bestellt wurden, sind kein Selbstläufer. Um die Leistung der Maßnahmen zu überprüfen und messbar zu machen, müssen Kontrollinstanzen und -prozesse etabliert werden. Sinnvoll ist hierfür eine intensivere Kooperation von Marketingabteilung und Einkauf. Einkaufsexperten sollten sich im Rahmen der neuen Zusammenarbeit nicht scheuen, der Fachabteilung „auf die Füße zu treten“ und eine klar nachvollziehbare Mittelverwendung einzufordern. Die eigene Organisation für Optimierungspotenziale zu sensibilisieren, ist Voraussetzung für den effizienten Einsatz der Mittel. Am besten gelingt dies mit einer Analyse des Wirkungsgrads aller Leistungen und Medien. Diese Analyse sollte langfristig aufgebaut werden und die Verteilung des Budgets nach den Ergebnissen dieser Priorisierung stattfinden.
4. Abhängigkeiten vermeiden: Jede erfolgreiche Partnerschaft basiert auf Vertrauen. Gleichzeitig müssen Akteure bei Geschäftsbeziehungen sicherstellen, im Zweifel auch ohne den externen Partner auf Erfolgskurs bleiben zu können. Damit eine Kooperation nicht abhängig macht, muss das Wissensmanagement langfristig sichergestellt werden. Um interne Kompetenzen auch bei der Vergabe von Verantwortlichkeiten an externe Dienstleister aufrechtzuerhalten, helfen etwa themenspezifische Marketing-Wikis. Ein zusätzlicher Vorteil dieser und anderer Wissensplattformen: Sie können Marketing-spezifisches Know-How auch in andere Organisationsbereiche transferieren und damit das Verständnis über die Prozesse und Aufgaben der Fachabteilung erhöhen.
5. Fremd- & Produktionskosten hinterfragen: Kosten müssen nicht bedenkenlos akzeptiert werden – das gilt für alle Leistungen. Auch bei externen Fremdkosten (wie bspw. Produktionskosten im Rahmen von Video- oder Fotoproduktionen) sollten Stakeholder nachhaken, ob die Höhe der Kosten gerechtfertigt ist. Das gilt zunächst bei der Vergabe neuer Aufträge. Aber auch bei laufenden Verträgen sollte das Preisleistungsverhältnis in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Allgemein empfiehlt es sich, die Marketingagentur bezüglich der eigenen Mittelverwendung zu sensibilisieren und im Bedarfsfall deren Einkaufsaktivitäten zu hinterfragen und zu fordern.
6. Digitalisierung stärken: Lokalisierung und Adaption, Übersetzung und Textgenerierung: Die Digitalisierung und insbesondere Generative AI (Form der künstlichen Intelligenz, die neue Inhalte auf der Grundlage vorhandener Informationen und Angaben eines Nutzers generieren bzw. erstellen kann - z. B. Chat GPT) bieten auch im Marketingbereich enormes Potential. Vor diesem Hintergrund sollten Stakeholder der Fachabteilung gemeinsam mit dem Einkauf bereits heute folgende Themen adressieren:
- Welche Automatisierungsmöglichkeiten bestehen für die beauftragten Agenturdienstleistungen?
- Werden Leistungen eingekauft, deren Qualität auch bei einer digitaleren oder stärker automatisierten Durchführung aufrechterhalten werden kann?
- Ist sichergestellt, dass Dienstleister ihre Arbeit gemäß aktueller Best Practices erbringen, also beispielsweise die aktuellste Technologie einsetzen?
- Werden generierte Daten wie KPIs zu Tracking oder Retargeting optimal genutzt?
Langfristiger Erfolg durch abteilungsübergreifende Kooperation
Die eigenen Kompetenzen nutzen und Know-how bestmöglich kombinieren – beim Beauftragen externer Marketingleistungen kann die Zusammenarbeit von Marketing- und Einkaufsabteilung zahlreiche Vorteile erbringen. Ein strategischer und gut durchdachter Marketingeinkauf kann erheblich dazu beitragen, die Effizienz zu steigern, Kosten zu senken und damit Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Wichtig ist, dass der Einkauf in allen Schritten kooperativ vorgeht. Hierfür sollte die Fachabteilung bspw. aktiv in Verhandlungsprozesse eingebunden und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. So kann die Zufriedenheit mit dem erreichten Verhandlungsergebnis und eine gemeinschaftliche Arbeitsbasis langfristig gesichert werden.
Durch die konsequente Umsetzung der genannten Tipps können Unternehmen branchenübergreifend den Einkauf von Agenturdienstleistungen signifikant verbessern – selbst in Anbetracht der aktuellen Herausforderungen. Doch auch bei einer Besserung der konjunkturellen Lage müssen die Maßnahmen nicht einfach beendet werden. Die Optimierung des Marketingeinkaufs ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess. Er erfordert kontinuierliche Anpassungen sowie die laufende Messung und Überwachung der Ergebnisse. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Strategien langfristig wirksam sind und die erwarteten Ergebnisse geliefert werden. Dabei erweist sich der anfängliche Aufwand, Transparenz über die bestehenden Strukturen zu schaffen, aufgrund des oft großen absoluten Einsparpotentials als äußerst lohnend. Organisationen, die dieses Vorgehen als Mittel der kontinuierlichen Verbesserung verstehen und umsetzen, verhelfen ihrer Marketingabteilung nicht nur zu punktuellen Verbesserungen, sondern zu umfassender Exzellenz.
Zu den Autor(en):
Tobias Stein ist Manager bei der HÖVELER HOLZMANN CONSULTING GmbH, Düsseldorf (www.hoeveler-holzmann.com, Tel.: +49 211 56 38 75 - 473, Email: tobias.stein@hoeveler-holzmann.com).
Jakob Robben ist Senior Consultant bei der HÖVELER HOLZMANN CONSULTING GmbH, Düsseldorf (www.hoeveler-holzmann.com, Tel.: +49 211 56 38 75 - 392, Email: jakob.robben@hoeveler-holzmann.com).