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"Das mit den Reiskochern wird nix"

Fünf Jahrzehnte Honda in Deutschland: Zwei Zeitzeugen erinnern sich

(PresseBox) (Offenbach, )
Seit der Gründung der einstigen Honda Motor Trading am 2. Juni 1961 in Hamburg sind fünf Jahrzehnte vergangen. Wolfgang Murrmann (70) und Wolfram Petrick (79), beide gebürtige Hamburger, sind fast von Anfang an dabei und trugen jeder auf seine Weise zur Erfolgsstory von Honda in Deutschland bei. Murmann in verschiedensten Positionen auch bei der späteren Honda Deutschland GmbH - vom Verkaufsleiter bis zum Mitglied der Geschäftsführung. Und Wolfram Petrick als erster offizieller deutscher Honda-Händler. Im Interview erinnern sich beide an die vergangenen 50 Jahre.

Herr Murrmann, heute verfügt Honda über ein Händlernetz mit Hunderten von Partnern. Neben dem Hauptsitz in Offenbach betreibt das Unternehmen dort noch ein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum sowie die Honda Akademie in Erlensee. Der Start verlief im Gegensatz dazu wohl eher bescheiden, oder?

Murrmann: Richtig. Am Anfang gab es nur ein kleines Büro in der Innenstadt und ein Lager im Stadtteil Wandsbek, in dem zunächst zehn Personen arbeiteten. Aber dennoch waren wir die ersten Japaner in Deutschland und zunächst sogar auch für Gesamteuropa verantwortlich. Soichiro Honda war eben nicht nur ein begnadeter Techniker, sondern auch ein Unternehmer mit Weitblick, der den Mut hatte, mit der ersten europäischen Vertretung direkt in die Höhle des Löwen zu gehen.

Herr Petrick, als erster offizieller deutscher Honda-Händler sind Sie dem Unternehmen bis heute treu. Wieso haben Sie sich eigentlich für eine damals noch unbekannte Marke entschieden?

Petrick: Mich haben die hochdrehenden Motoren des S 600 und S 800 begeistert. Darüber hinaus fand ich das Design der Fahrzeuge klasse.

Und wie ist es ihnen damals gelungen, Kunden für die Produkte der Marke zu gewinnen?

Petrick: Ich habe die Fahrzeuge natürlich selbst gefahren und sie in den höchsten Tönen gelobt. Klappern ist eben doch gut fürs Geschäft und nicht umsonst gelten Honda-Motoren in Mechanikerkreisen ja als nahezu unverwüstlich.

Hat Ihnen das geholfen?

Petrick: Die Vorurteile gegenüber der Marke wurden durch meine begeisterten Kunden und deren Mund-zu Mund-Propaganda sehr schnell beseitigt. Das damals schon tolle Preis- Leistungsverhältnis, die hervorragende Zuverlässigkeit und der Fahrspaß taten ihr übriges.

Es heißt, dass Sie, Herr Murrmann, bei der Akquirierung neuer Händler quer durch Deutschland lange Zeit mit einem besonders heißen Exemplar des S 800 unterwegs waren. Murrmann: Herr Honda hatte sich an diesem Auto, das darf man schon sagen, regelrecht ausgetobt. Dieser Motor war genial - mit zwei obenliegenden Nockenwellen, vier unterdruckgesteuerten Vergasern und nadelgelagerter Kurbelwelle, 67 PS Leistung und einer Nenndrehzahl von 7.570 U/ min. Das alles war sensationell und konkurrenzlos. Schon die Serienversion lief 160 km/h schnell und zwar auf Dauer, das war schon ein Wort. In der Tat hatte ich selbst einen frisierten S 800 als Dienstwagen, der lief 180 km/h. Und ja, mit dem war ich jahrelang bundesweit auf Tour zu den Händlern.

Hamburg gilt als Tor zur Welt. Wieso ist Honda denn eigentlich umgezogen?

Murrmann: Mir als Hamburger und auch meinen damaligen Kollegen ist das nicht leicht gefallen. Doch mit Blick auf den deutschen Markt wurde 1968 die Entscheidung getroffen, in das Rhein-Main-Gebiet umzuziehen und zwar zunächst nach Offenbach-Rumpenheim und noch zur Miete. In erster Linie wurde diese Entscheidung aufgrund der zentralen Lage getroffen. Ich habe es dann geschafft, den Vorstand zu überzeugen, dass wir unsere Pflöcke hier in Deutschland einschlagen und selber bauen müssen. Nur so war unter Beweis zu stellen, dass wir in Deutschland langfristige Ziele verfolgten. Also haben wir in Offenbach an der Sprendlinger Landstraße 10.000 Quadratmeter Gelände gekauft und 1974 den Neubau fertig gestellt. Von da ab konnten wir das Personal halten und wuchsen auf bis zu 300 Mitarbeiter. Später kamen noch einmal 10.000 Quadratmeter dazu; hier ist Honda Deutschland noch heute zu Hause.

Was können Sie uns über den Firmengründer erzählen, der ja bereits über 40 Jahre alt war, als er die Honda Motor Company 1948 gründete?

Murrmann: Soichiro Honda war dem Leben und der Fröhlichkeit nicht abgeneigt. Wenn gefeiert wurde, konnte die Polonäse schon mal durchs ganze Kempinski-Hotel reichen. Jedoch: Wenn Prototypen ihm nicht gefielen, kamen sie schon mal unter den Hammer. Auf jeden Fall war er ein Selfmademan, ein typischer Unternehmer, ein Macher.

Gibt's eine schöne Anekdote?

Murrmann: Im Sommer 1968 war Herr Honda in Offenbach. Wir hatten ein paar repräsentative Limousinen und Sportwagen organisiert, aber das hat ihn gar nicht interessiert. Denn: Im Hof stand auch ein luftgekühlter NSU TTS. Ein heißer Bretzel nach seiner Manier. Den hat er in der Werkstatt aufbocken lassen und sich gleich darunter gelegt, um alle Einzelheiten zu inspizieren

- im Anzug und mit Krawatte, das war ihm völlig egal.

Es heißt, dass Sie sich beim damaligen Topmanagement einen Namen machten, weil Sie stets offen Ihre Meinung sagten. Das klingt so gar nicht typisch japanisch.

Murrmann: Ich hatte immer großen Respekt vor dem Vorstand in Japan. Die Manager waren kreativ, aufnahmefähig, nie abwiegelnd. In einem Meeting während der Aufbauphase sagte ich einmal, neben zuverlässigen Honda-Motoren würde ich mir auch italienisches Design und deutsche Fahrwerke wünschen.

Und dann gab's Stress?

Murrmann: Ganz im Gegenteil. Da wurde etwas ausgelöst. Aber im positiven Sinne.

Umgehend wurde ein Designbüro in Mailand gegründet und später die europäische Entwicklungsabteilung R&D in Offenbach angesiedelt.

Herr Petrick, als erster deutscher Honda-Händler verfügen Sie über einen großen gewachsenen Kundenstamm. Haben Sie Kunden, die bereits in den 60er Jahren ihr erstes Auto bei Ihnen gekauft haben und die oder deren Familien noch heute zum Kundenstamm zählen?

Petrick: Oh ja, ich freue mich immer, wenn ich einige meiner ersten Kunden im Autohaus begrüßen darf und diesen ja nun auch schon etwas "älteren" Kunden mit einem neuen Honda Freude machen kann.

Lange Zeit stand Honda für gleich reihenweise Erfolge im Rennsport und teils betont sportlich ausgelegte Modelle. Heute stehen besonders umweltfreundliche Modelle im Vordergrund. Das Modell CR-Z kombiniert einen sportlichen Charakter mit moderner Spritspartechnik. Helfen Probefahrten, um Interessenten davon zu überzeugen, dass sparsam nicht mit spaßarm gleich zu setzen ist?

Petrick: Die Vorbehalte der Käufer sind leider zum Teil noch recht hoch. Doch ich bin fest davon überzeugt, dass sich dies mit steigenden Benzinpreisen kurzfristig ändern wird. Der Hybridantrieb verbindet sportliche Fahrleistungen mit besten Verbrauchs- und Emissionswerten zu erschwinglichen Preisen. Eine Testfahrt ist stets das beste Überzeugungsinstrument.

Herr Murrmann, Sie sind ein richtiges Urgestein von Honda in Deutschland, waren 36 Jahre lang mit an Bord. Was hat Sie an dem Unternehmen so fasziniert?

Murrmann: Honda hat zahllose technische Innovationen durchgesetzt - in allen Bereichen. Ich denke dabei auch an ASIMO, den intelligentesten humanoiden Roboter weltweit, oder den HondaJet. Honda hat als kleiner Hersteller angefangen - die ersten Fahrradhilfsmotoren waren ja nur Gehversuche - und ist heute ein Weltkonzern. Daran hat Honda Deutschland seit 50 Jahren mitgewirkt und ich war lange Zeit im Team. Das macht mich sehr stolz.

Haben Sie denn niemals gezweifelt?

Murrmann: Wir haben echte Pionierarbeit geleistet. Es gab immer wieder gute Ratschläge von Freunden, die meinten: "Mensch, mach doch etwas anderes. Das mit den Reiskochern wird nix." Aber das hat mich eigentlich nur bestärkt, nicht nachzulassen.
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