Lüftungsanlagen sind effizient und sicher.
Aus technischer Sicht sind sich alle einig. Eine raumlufttechnische Anlage (RLT) mit Frischluftzufuhr, Schwebstofffilter der Filterklasse H13/14 und einer Leistung von 30 bis 50 m³/h Luft pro Person im Raum zeigt sich als die effektivste Lösung, um das Infektionsrisiko in Klassenräumen zu minimieren (VDI). Anders als bei der temporären Fensterlüftung wird damit ein permanenter Luftaustausch gewährleistet, der eine hohe Luftqualität sichert.
Luftreiniger - eine Alternative?
Allerdings sind in Deutschland laut VDMA in lediglich 10 Prozent der annähernd 48.000 Schulen eine raumlufttechnische Anlage verbaut. Deshalb werden mobile Raumluftreiniger als kurzfristig einsetzbare Lösung gehandelt. Eine Vielzahl von Herstellern werben mit unterschiedlichsten Geräten, die Bakterien und Aerosole sicher aus der Luft entfernen und zudem einfach zu installieren und zu warten seien.
Mobile Luftreiniger basieren auf dem Umluft-Prinzip, das heißt sie nehmen die Raumluft auf, filtern diese und geben die gefilterte Luft wieder an den Raum ab. Frische Luft von außen wird nicht hinzugefügt.
Schnelle Lösung mit viel ABER
Die gute Reinigungsleistung vieler handelsübliche Geräte bescheinigen mehrere Studien. (Schetter GmH & ILK Dresden, Universität der Bundeswehr München). Im Rahmen dieser Untersuchungen wurde die Abscheidungsrate der Luftreinigungsgeräte unter Laborbedingungen mit Hilfe eines künstlich erzeugten, gleichmäßig verteilten Aerosolnebel gemessen. Aussagen über die Wirksamkeit der Geräte in einem belebten Klassenzimmer mit realen Luftbewegungen liefen diese Studien nicht. In der Realität verursacht nämlich die Wechselwirkung von Menschen, Technik und Möbel eine ungleichmäßige Aerosolverteilung.
Wissenschaftler an der Frankfurter Goethe-Universität haben die Wirksamkeit von dezentralen Luftreinigungsgeräten während laufendem Unterricht untersucht. Ihre Messungen zeigen eine Reduktion der gesamten Aerosol-Konzentration im Raum um ca. 90 % in weniger als einer halben Stunde. Auch diese Studie gibt keinen Aufschluss darüber wie sich virenbelasteten Aerosole nach ihrem Ausstoß im Raum verteilen, bevor sie vom Luftreinigungsgerät erfasst werden. Die in der Studie getesteten Geräte (4 Stück á ca. 400 €) sind für den Hausgebrauch vorgesehen. Für den anspruchsvollen Schulbetrieb sind sie nicht geeignet.
Von leistungsstärkeren Geräten geht eine Lärmbelastung von 54 – 57 dB(A) aus. Diese Werte überschreiten den durch das Baurecht für Schulen festgelegten Höchstwert von 35dB(A). Genauso nimmt mit der Leistung auch das Risiko für unangenehme Zugerscheinungen zu. Beide Aspekte sollten berücksichtigt werden, damit Luftreiniger den Lernalltag nicht stören.
Bei kleinen Schwebepartikel, wie den Aerosolen, spielt die Konstruktionsart der Luftreiniger eine wichtige Rolle. Ungewollte Luftströmungen entstehen, die in der Nähe ausgestoßene Aerosole erst durch den Raum blasen bevor diese in den Luftreiniger gelangen. Steht das Gerät zudem falsch, können sich strömungsarme Bereiche im Raum bilden, in denen sich Aerosole vermehrt anhäufen. Luftreiniger wirken lokal und die Reduktionsleistung hängt entscheidend von dem Aufstellungsort in einem Raum ab (Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene). Deshalb bieten Luftreinigungsgeräte keinen Schutz gegen den direkten Virenausstoß auf kurze Distanz und beim Niesen oder Husten. Die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln bleibt unverzichtbar.
Die IRK (Kommission Innenraumlufthygiene am Umweltbundesamt) empfiehlt vor dem Einsatz mobiler Luftreiniger, deren Wirksamkeit unter den jeweiligen Praxisbedingungen fachgerecht bewerten zulassen. Eine aussagekräftige Bewertung berücksichtig nicht nur die Leistungsdaten (Luftdurchsatz), sondern untersucht auch die Raumverhältnisse, Belegungsdichte, Anordnung der Geräte im Raum und etwaige Strömungshindernisse detailliert.
Schlechte Luft bleibt.
Luftreiniger richten nichts gegen schlechte Luft aus. Sie wälzen die verbrauchte Luft um ohne das CO2 herauszufiltern. Um die Luftqualität ist es in Deutschlands Klassenzimmern schon lange schlecht bestellt (baulinks.de). Ohne Frischluftzufuhr überschreiten die CO2-Konzentrationen während des Unterrichts bereits nach 15 Minuten den empfohlenen Höchstwert von 1000 ppm. Sie steigen weit über 2000 ppm und erreichen nicht selten 5000 ppm. Werte von über 2000 ppm sind hygienisch und gesundheitlich inakzeptabel, aber bereits Konzentrationen über 1000 ppm führen zu Konzentrationsschwäche, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Deshalb bleibt das Stoßlüften nach Empfehlungen des Bundesumweltamts ein Muss.
In die Zukunft zu denken, rechnet sich.
Es braucht langfristig angelegte Lüftungskonzepte, die auch nach Corona dafür sorgen, dass Schüler*innen und Lehrkräfte besser und gesünder arbeiten können. Auf lange Sicht gesehen sind zentrale und dezentrale RLT-Anlagen im Vergleich zu mobilen Luftreinigern energie- und kosteneffizienter. Belüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung versorgen, wenn sie optimal auf die räumlichen Bedingungen ausgelegt sind, nahezu geräuschlos und zugfrei das Klassenzimmer mit frischer Luft. Dabei werden um die 80% Heizenergie der Abluft mit einem Wärmetauscher entzogen und der Frischluft wieder zugeführt. Zwar fallen zusätzliche Stromkosten an. Unterm Strich spart man aber Heizkosten in ähnlicher Höhe, da das Aufwärmen nach der Fensterlüftung entfällt.
Eine dezentrale Anlage zum Nachrüsten kostet beispielsweise pro Klassenraum 8.000 bis 15.000 €. Im Vergleich dazu liegen leistungsfähige Luftreiniger bei 3.000 bis 5.000 €. Auf den ersten Blick die günstigere Variante. Allerdings kommen laufende Ausgaben für Strom, Ersatzfilter und Wartung hinzu. Es fällt Filtermüll an und die Geräte stehen nach der Pandemie ungenutzt im Schulkeller. Berücksichtig man die längere Nutzungsdauer und die bessere Energieeffizienz der dezentralen Lüftungsanlagen relativiert sich der höherer Anschaffungspreis.
Erst untersuchen, dann kaufen.
Für spezielle Anforderungen und Raumsituationen sind mobile Lüftungsgeräte durchaus eine Lösung, die es gut zu durchdenken gilt. Um Infektionsschutz und beste Wirksamkeit zu gewährleisten, braucht es das passende Gerät und dessen optimale Ausrichtung auf die Raumsituation. Zentrale oder dezentrale RLT-Anlagen mit regulierbarer Frischluftzufuhr sind sicherlich für die Gesamtheit der Schulen eine nachhaltigere Lösung. Sie sorgen auch über die Pandemie hinaus für adäquates Raumklima und Infektionsschutz.
Egal welche Lüftungstechnik zum Tragen kommt, bei Schulen, Kitas oder Büros lohnt es sich vor dem Kauf die Wirkung der technischen Maßnahmen in den vorgesehenen Räumen zu überprüfen. Hier bieten Experten für Luftströmungen digitale Unterstützung an. Am Bildschirm simulieren sie die Luftbewegungen und Aerosolausbreitung in der individuellen Raumsituation. Außerdem überprüfen die Ingenieure die Funktion der technischen Maßnahmen unter Einfluss der realen Betriebsbedingungen wie Raumbelegung, Temperatur, Luftwechselrate und Fensterlüftung. Sie verhindern etwaige Strömungshindernisse und zeigen, welches Gerät an welchem Platz die beste und sicherste Leistung hat. So ist gewährleistet, dass die Investitionen größtmöglichen Nutzen bringen und sowohl für bestes Raumklima als auch sicheren Infektionsschutz sorgen.
Die HTCO GmbH bietet zuverlässige Luft- und Klima-Simulationen für Innenräume und berät herstellerunabhängig bei der Planung von effizienter Lüftungs- und Klimatechnik.
Literatur
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