Nicht nur große Konzerne wie IBM oder SAP können künftig von künstlicher Intelligenz (KI) profitieren, sondern auch mittelständische Firmen. So lautete eine der Kernthesen der Sequenz „Chancen, Risiken und Anwendungsbeispiele von künstlicher Intelligenz in der Supply Chain“ auf der Logistics Digital Conference. Moderiert wurde sie von Thilo Jörgl, Chefredakteur LOGISTIK HEUTE, und Matthias Pieringer, stellvertretender Chefredakteur LOGISTIK HEUTE. Dr. Christian Schwede, Leiter der Abteilung Informationslogistik und Assistenzsysteme am Fraunhofer IML, betonte, dass viele Mittelständler sich heutzutage lieber noch eine neue Maschine mehr kaufen, als in IT-Projekte zu investieren. „Dabei bieten auch kleine KI-Projekte für Unternehmen schon große Chancen“, so der Dortmunder Wissenschaftler. In die gleiche Kerbe schlug auch Pascal Prassol, Vice President Innovation Services bei SAP Deutschland. Seiner Meinung nach können sich kleine Projekte auch in kurzer Zeit realisieren lassen. Auch IBM arbeitet seit Längerem an KI-Projekten und nahm beispielsweise Mitarbeitern im Supply-Chain-Team die Angst vor der Technologie. Man solle sich an das Motto des Schachexperten Garri Kasparow halten, empfahl Matthias Graefe, Director of Supply Chain Transformation bei IBM – und man solle sich vor intelligenten Maschinen nicht fürchten, sondern mit ihnen arbeiten.
In der zweiten Session ging es um den Güterverkehr der Zukunft. Noch zehn bis 15 Jahre würde es dauern, bis sich auch beim Fernverkehrs-Lkw Elektromobilität, Brennstoffzelle oder andere Alternativen zum Verbrenner durchsetzen. So lautete die Prognose der Referenten, die auf der LDC! über „Güterverkehr der Zukunft: Klimaziele und Kostendruck als Herausforderung für die Branche“ diskutierten. Christine Harttmann von der Zeitung Transport moderierte gemeinsam mit LOGISTIK HEUTE die Runde. Die Referenten hielten die CO2-Grenzwerte, die das Europäische Parlament gerade erst beschlossen hat, für sehr ambitioniert. Insbesondere die Hersteller sind darüber nicht glücklich. Im Raum stand also die Frage: Wie können wir auf kürzere und auch auf längere Sicht Güterverkehr und Klimaschutz zusammenbringen?
Angesichts der immer drängender scheinenden Situation insistierte Mario Männlein: „Wir brauchen sofort erprobte Lösungen.“ Der Manager ist beim Nutzfahrzeughersteller Iveco für LNG-Antriebe zuständig und machte sich selbstredend für den Antrieb mit Bio-Methan als Brückentechnologie stark. Seine schlagkräftigen Argumente: deutlich weniger Feinstaub, Stickoxide, CO2 und andere Abgase. Dabei geriet er allerdings ein wenig in einen Dissens mit Prof. Dr. Dirk Engelhardt, dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Der rechnete die Well-to-wheel-Bilanz der Gasfahrzeuge vor und kam auf ein ernüchterndes Ergebnis: Kommt das LNG aus Trinidad Tobago, ist es noch ein kleines bisschen besser als der Diesel. Wird es hingegen durch Fracking in den USA gewonnen, dann liegt der CO2-Ausstoß unterm Strich über dem Wert eines vergleichbaren Dieselfahrzeugs. Er wolle den LNG-Lkw nicht schlecht reden, betonte Engelhardt, aber man müsse schon auch die Probleme benennen. Matthias Strehl, Geschäftsführer bei Meyer Logistik, hätte in seinem Fuhrpark schon so einige alternative Antriebe ausgetestet. Vom Iveco LNG-Stralis zeigte er sich überzeugt. Innerhalb von zwei Jahren habe sich das Fahrzeug amortisiert. Meyer hat 20 LNG-Lkw im Einsatz und eine eigene Tankstelle auf dem Hof. Begeistert ist Strehl von der Zuverlässigkeit seiner LNG-Fahrzeuge: „Die laufen wie ein Uhrwerk. Dabei verbrauchen sie weniger und stoßen 23 Prozent weniger CO2 als die Dieselpendants.“ LNG und CNG als Brückentechnologie, das begrüßt auch Dr. Norbert Salomon, Abteilungsleiter Grundsatzangelegenheiten Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Er betonte, dass der Verkehrssektor seinen CO2-Ausstoß bis 2030 um 42 Prozent gegenüber 1990 senken müsse. Seit 2010 aber stiegen die Emissionen Jahr für Jahr, statt zu sinken. Hinzu komme, dass der Güterverkehr bis 2030 um bis zu 65 Prozent wachsen werde, so die Prognosen. Also müsse etwas passieren. „Alleine durch eine Verlagerung auf andere Verkehrsträger können wir das Problem nicht lösen“, erklärte Salomon. Der CO2-Ausstoß müsse sinken. Am erfolgversprechendsten seien da strombasierte Flüssigkraftstoffen, LNG aus erneuerbaren Energien und Wasserstoff. Den höchsten technischen Reifegrad habe im Augenblick fossiles LNG. Insgesamt erwarte das Bundesverkehrsministerium für strombasierte und fossile Kraftstoffe die deutlichsten Fortschritte bis 2030.
Sind Logistik-Start-ups Partner oder Wettbewerber für etablierte Dienstleistungs- und Transportunternehmen? Und welchen Mehrwert bieten sie ihren Kunden? Diesen Fragen widmete sich die dritte Session „Start-ups in Logistik und Transport: Chancen und Risiken der neuen Digitalplattformen für Spediteure und Verlader“, moderiert von Tobias Schweikl, Chefredakteur von LOGISTRA, und Sandra Lehmann, Redakteurin bei LOGISTIK HEUTE.
Maja Stange, Programm Manager beim Next Logistics Accelerator, betonte in ihrem Impulsvortrag, dass die Zusammenarbeit mit Logistik-Start-ups in vielerlei Hinsicht eine Chance für etablierte Unternehmen sein könne. „Am Ende sitzen wir alle im selben Boot. Die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten und vor allem die Logistikwirtschaft muss mehr tun, um sich mit diesem Thema gewinnbringend auseinanderzusetzen.“ Diese Meinung teilt auch Martin Krajczy, Managing Director der digitalen Logistikplattform Conizi. „Wir arbeiten mit unserem Geschäftsmodell daran, alle Markteilnehmer auf einer Plattform zu vernetzen und bilaterale Schnittstellen abzuschaffen. Wir möchten keine Konkurrenz für Spediteure und Verlader sein, sondern sehen uns eher als Unterstützer“, erklärte Krajczy im Rahmen der Diskussionsrunde. Transportdienstleistungen effizienter gestalten und schneller anbieten können, möchte auch Rolf-Dieter Lafrenz, Gründer und CEO der digitalen Spedition Cargonexx. Allerdings sieht er sich im Gegensatz zu Krajczy dabei nicht nur als Partner konventioneller Speditionen. „Wir stellen uns mit unseren Leistungen schon zwischen Transporteur und Verlader, sind also gleichzeitig auch Konkurrenten.“ Kritisch sieht Lafrenz das allerdings nicht. „Die Digitalisierung wird Geschäftsmodelle, die dem Wandel nicht gewachsen sind, abschaffen. Deshalb geht es gar nicht so sehr darum, wer Mitbewerber ist, sondern darum, wie ich mein Unternehmen fit für die Zukunft machen kann“, so Lafrenz. Obgleich Jochen Michaelis, Managing Director von Coureon, einer Plattform für grenzüberschreitende Versanddienstleistungen, davon ausgeht, dass kein Logistiker um eine umfassende Digitalisierung herumkommt, sieht er einen wichtigeren Faktor für ein erfolgreiches Geschäftsmodell: „Ein Konzept sollte immer den Mehrwert für den Kunden in den Mittelpunkt stellen. Vor allem in der Logistik geht es um Effizienz. Eine Geschäftsidee kann deshalb noch so visionär und originell sein, ohne einen guten USP wird sie am Markt nicht bestehen“, erläuterte Michaelis.
Es sind künftig noch genügend Fragen zu beleuchten, hierfür gibt es eine Fortsetzung der LDC!. Der Termin für die dritte Hypermotion steht bereits fest: Sie findet vom 26. bis 28. November 2019 erneut auf dem Frankfurter Messegelände statt.