„Bislang bewertet der Fahrer, ob eine Fahrbahn feucht, nass oder vereist ist und adaptiert Fahrweise und Geschwindigkeit entsprechend“, sagt Dr. Hubertus Ulmer, Teamleiter Commercial Vehicles eMobility, Systems Engineering & Validation bei IAV. „Wir wollen, dass hochautomatisierte Nutzfahrzeuge den Fahrbahnzustand künftig selbst einschätzen.“
Im Rahmen eines von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ausgeschriebenen Forschungsprojekts (FE 82.0722/2018) haben die TU Berlin und die von ihr in die Auftragsausführung eingebundene IAV in zweijähriger Forschungsarbeit die technische Grundlage für ein neues Fahrerassistenzsystem erarbeitet.
Reibwert entscheidend für Fahrsicherheit
Damit wird es möglich, die übertragbare Kraft zwischen Reifen und Fahrbahn im Betrieb auf der Straße zu bewerten und den Fahrer vor einem verminderten Reibwert zu warnen. Weiterentwickelt und auf den Anwendungsfall angepasst könnte diese Methode in hochautomatisierten Fahrzeugen zur Anwendung kommen.
Das Besondere an der Methode ist, dass sie vorhandene Anzeiger wie beispielsweise Außentemperaturfühler und Regensensor nutzt und darüber hinaus keine weitere Sensorik benötigt. Lediglich Wetterdaten werden über eine Datenverbindung ins Fahrzeug geholt und mithilfe einer neuen Software ausgewertet.
Im Zentrum der umfangreichen Untersuchungen von Bremsmanövern bei verschiedensten Witterungsbedingungen und auf unterschiedlichsten Fahrbahnbelägen stand der aus der Interaktion von Reifen und Fahrbahn resultierende „Reibwert“ und die Frage, wie gut man die Kräfte zwischen Reifen und Straße übertragen, das heißt, wie effektiv man einen 40-Tonner bremsen kann.
Datenbank mit über 8.000 Pkw-Bremsungen
Dazu haben Experten von IAV und TU Berlin eine Datenbank mit Dutzenden Parametern zu jedem erfassten Bremsvorgang aufgebaut. Gemessen wurde insbesondere die Bremsverzögerung in Längsrichtung des Lkws – dabei wurden auch die Daten und Erkenntnisse aus über 8.000 vergleichbaren Vollverzögerungen mit Pkw hinzugezogen.
„Klar ist: Es gibt eine Methode, den Reibwert auch für Lkw zuverlässig zu bewerten“, so Dr. Gerd Müller, Oberingenieur am Fachgebiet Kraftfahrzeuge an der TU Berlin. „Modelle, die in den letzten Jahren an unserem Fachgebiet für Pkw entwickelt wurden, lassen sich problemlos auf Lkw übertragen. Während der Validationsfahrten des Forschungsprojekts hat sich die Methode als robust und voll funktionsfähig erwiesen.“
Auf Basis des gemeinsamen Entwicklungsprojekts hat IAV das Testfahrzeug mit Messdatentechnik ausgerüstet, die Erhebungsfahrten durchgeführt und Messdaten ausgewertet. Am 8./9. November wird das Projekt von IAV auf der VDI-Fachtagung „Reifen – Fahrwerk – Fahrbahn“ in Karlsruhe vorgestellt.
Intelligente Sicherheitstechnik: IAV und TU Berlin entwickeln neue Methode für Nfz | IAV