Verstehen der neuen Maschinenverordnung (EU) 2023/1230
Die neue Maschinenverordnung hat das Ziel, Sicherheitsstandards für Maschinen zu setzen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu stärken. Sie stellt keine bloße Überarbeitung dar, sondern berücksichtigt auch aktuelle und zukünftige digitale Technologien rund um die Maschinensicherheit und Dokumentation. Für Konstrukteure bedeutet dieser Übergang zwar eine Veränderung, die aber mit einer strukturierten Herangehensweise erfolgreich und zielgerichtet gemeistert werden kann und einen klaren Mehrwert bringen wird.
Vertrautheit mit den neuen Anforderungen
Als erstes müssen sich Hersteller bzw. Konstrukteure mit den neuen Vorgaben und Bestimmungen der Maschinenverordnung vertraut zu machen. Dazu ist eine gründliche Analyse der Verordnungstexte notwendig, um die Auswirkungen auf bestehende Konstruktionsprozesse und -praktiken zu bewerten. Besonders bei vernetzten Maschinen ist eine Vorbereitung auf zusätzliche Anforderungen aus anderen Rechtsbereichen wie dem Cyber Resilience Act und der Funkgeräterichtlinie notwendig.
Bewertung der aktuellen Prozesse
Es ist entscheidend, zu prüfen, wie im Unternehmen Risikobeurteilung und CE-Kennzeichnung gehandhabt werden. Dabei sollten folgende Fragen berücksichtigt werden:
- Werden noch immer Word und Excel als Hauptwerkzeuge verwendet?
- Wie effektiv arbeiten verschiedene Abteilungen zusammen?
- Wie effizient ist die Kostenstruktur der Product Compliance?
- Wie ist das Lieferantenmanagement organisiert?
- Werden Produkthaftungsrisiken aktiv gemanagt?
- Wie werden Produktbeobachtungspflichten und das Rückrufmanagement gehandhabt?
Hersteller, die ihre Prozesse gemäß der aktuellen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG gut organisiert haben, sind bereits gut auf die neuen Anforderungen vorbereitet. Der Übergang bietet vielmehr die Möglichkeit, Prozesse effizienter zu gestalten und zu digitalisieren.
Strategische Planung
Die Planung des bevorstehenden Übergangs sollte im Vordergrund stehen. Anlagenbauer müssen den Stichtag am 20. Januar 2027 im Blick behalten, während Maschinenbauer möglicherweise mehr Flexibilität aufgrund kürzerer Projektlaufzeiten haben. Eine frühzeitige Planung und Organisation bieten klare Vorteile bei der späteren Umsetzung.
Überprüfung bestehender Strukturen
Bestehende Strukturen sollten kritisch hinterfragt werden. Beispielsweise sind bei der Abnahme von Zukaufteilen oft Personen aus den Konstruktionsabteilungen eingebunden. Durch geringfügige Anpassungen der Abnahmeprozesse in den Einkaufsabteilungen können Prüfungen autonom und effizient durchgeführt werden. Nach dem 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin (Auftauen - Bewegen - Einfrieren) erfordert eine solche Prozessänderung die „Auftauen“-Phase. Das bedeutet, die Vorteile der Prozessänderung müssen deutlich gemacht werden, beispielsweise durch abteilungsübergreifende Workshops zur Identifikation und Behebung von Ineffizienzen in den Product-Compliance-Prozessen.
Engagement des Managements
Das Management muss sich zu diesem Übergang verpflichten und die Aufbruchsstimmung aktiv und positiv vorleben, um das gesamte Team zu motivieren. Frühzeitige und positive Kommunikation kann Gerüchte zerstreuen und in positive Ansätze umwandeln.
Detaillierte Betrachtung der Verordnung
Betrachtet man die neue Maschinenverordnung intensiver, offenbaren sich nicht nur Änderungen in der Terminologie und der Reihenfolge von Artikeln und Anhängen, sondern auch neue Inhalte im Vergleich zur bisherigen Richtlinie. Beispielsweise sind nun digitale Betriebsanleitungen möglich, allerdings müssen diese mindestens zehn Jahre online verfügbar sein. Hersteller sollten deshalb unbedingt ihre Prozesse bezüglich proaktiver Marktbeobachtung und effektivem Rückrufmanagement überprüfen.
Einbindung von Experten und Schulungen
Um den Übergang effektiv zu gestalten, ist es sinnvoll, Expertenwissen einzubeziehen und Schulungen für das Konstruktionsteam vorzusehen. Externe Berater mit fundierter Expertise im Bereich der Maschinensicherheit und der neuen Maschinenverordnung, können wertvolle Einblicke und Unterstützung liefern. Zudem sollten Konstrukteure Schulungen absolvieren, um ihr Wissen zu erweitern und ihre Fähigkeiten im Umgang mit den neuen Vorgaben zu verbessern. Die dabei entstehenden Kosten amortisieren sich durch wesentliche Optimierungen der Prozesseffizienz.
Einsatz von Softwarelösungen
Die Integration neuer Technologien und Werkzeuge erleichtert den Übergang zur neuen Maschinenverordnung enorm. Softwarelösungen wie die „CE-Software Safexpert“ von IBF Solutions, die speziell für CE-Kennzeichnung und Risikobewertung entwickelt wurden, rationalisieren den Prozess und vereinfachen die Einhaltung der neuen Vorschriften. Diese Tools bieten professionelle Funktionen für Risikobeurteilung, Dokumentenverwaltung und Compliance-Überwachung, die Konstrukteuren helfen, den Überblick zu behalten und effizienter zu arbeiten.
Digitalisierung der Prozesse
Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, um Prozesse zu digitalisieren und fehleranfälligere Methoden wie Word und Excel durch moderne Lösungen zu ersetzen. Dies minimiert Risiken wie veraltete Dokumente, isoliertes Fachwissen und den Verlust von Wissen durch das Ausscheiden von Experten. Ein zentrales Softwaretool ermöglicht dem Team außerdem, zeitgleich und standortübergreifend an Projekten zu arbeiten.
Fazit
Der Übergang von der Maschinenrichtlinie zur neuen Maschinenverordnung bringt sicherlich die ein oder andere Herausforderung mit sich, bietet jedoch auch vielfältige Möglichkeiten, Prozesse zu optimieren. Durch gezielte Vorbereitung, Einbindung von Expertenwissen und Nutzung von Softwaretools für eine effiziente CE-Kennzeichnung und Risikobewertung ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, Prozesse umfassend zu digitalisieren. Die neue Maschinenverordnung kann als Türöffner für Effizienzsteigerungen dienen. Hersteller, die bisher gut auf die Maschinenrichtlinie eingestellt waren, werden den Übergang zur neuen Verordnung erfolgreich meistern und ihr volles Potenzial ausschöpfen.