Das kleine Wunderwerk technischer Findigkeit ist zu einem Meilenstein in der Zellanalytik und -diagnostik geworden. Waren bisher Zellen in einem Medium in der (Petri-)Schale vor allem statisch gewachsen, durchströmt nun das Medium den Zellbereich gleichförmig und dauerhaft. Erstmals also simuliert damit das ibidi Pump System in sehr einfacher Handhabung und zu vernünftigen Preisen auf wenigen Zentimetern die Situation vieler Blut- und Immunzellen. Denn sie benötigen dieses Strömen des Mediums als mechanischen Stimulus auch über einen langen Zeitraum, um sich wie im Körper zu verhalten.
„Wir haben uns auch bei der Entwicklung unseres Pump Systems immer am ibidi Motto orientiert ‚cells in focus‘ – die Zellen im Blick behalten.“, fasst Dr. Valentin Kahl zusammen. Er leitet mit Dr. Roman Zantl die gemeinsam gegründete Firma. „Unser Augenmerk lag darauf, Zellen dauerhaft ein Wohlfühlpaket aus Temperatur und Gasgemisch/ pH-Wert sowie stetem Fluss zu bieten. Außerdem wollten wir hier unbedingt steriles, antibiotikafreies Experimentieren und gleichzeitig Live-Mikroskopie im HighTech-Bereich ermöglichen. Ich bin sehr stolz darauf, dass uns das so smart gelungen ist!“
Aufbau des ibidi Pump Systems
Das ibidi Pump System besteht aus drei Elementen: einer Elektropumpe, einer software-gesteuerten Flüssigkeitseinheit und einem Slide mit einem kleinen Kanal. Dünne Schläuche verbinden die Elemente miteinander, so dass das Kanal-Slide zwischen beiden Flüssigkeitsreservoiren auf dem Mikroskop liegt und die Elektropumpe danebensteht. Alles zusammen ist kleiner als ein Toaster und leicht zu bedienen. Computergesteuert erzeugt die Pumpe Druckluft, welche die Flüssigkeit durch das Kanal-Slide bewegt. Weil es ein geschlossenes System ist, kann durch die raffinierte Gerätegeometrie die Fließrichtung vorgegeben werden – auch immerwährend in die gleiche, wie es in den Gefäßen des Blutkreislaufes üblich ist. Schon 10 ml Gesamtvolumen reichen in dem geschickten Aufbau, um den Zellversuch sogar über mehrere Wochen mit allem, was zum Leben benötigt ist, zu versorgen.
Darüber hinaus erzeugt das innovative Ventilkonzept verschiedene Flüssigkeitsprofile, lässt also die Flüssigkeit in unterschiedlicher Weise und Geschwindigkeit in den Zellversuch einströmen. Es schafft pulsatile Profile für verschieden getaktete Start/Stopp/Start-Rhythmen, oszillierende für definierte Richtungswechsel und unidirektionale für den kontinuierlichen Durchfluss gleicher Richtung. Zudem lässt sich mit veränderter Fließgeschwindigkeit viel simulieren: vom sanften Durchfluss im Gewebe, welcher dieses mit Nährstoffen versorgt und Abfallstoffe forttransportiert, über mittlere Fließgeschwindigkeiten in Nieren oder Venen, bis hin zu starken Flüssen wie in Arterien oder gar verletzten Blutgefäßen.
Besonders ungewöhnlich ist, dass das Pump System direkt im Zellkultur-Brutschrank betrieben werden kann. Denn dort ändern Elektrogeräte sonst das austarierte Verhältnis von Wärme und Gasgemisch/ pH-Wert massiv, wodurch die Zellen leiden oder zerstört werden und das Gerät korrodiert. Aber im ibidi Pump System sind Pumpleistung und Anschub entkoppelt. Deshalb kann die Elektropumpe außerhalb des Brutschrankes stehen, während sie über den Luftdruck den Flüssigkeitsschub ins Innere weiterreicht. Zellkultur und Elektrogerät bleiben so jeweils intakt.
Mit gängigen Mikroskop-Typen wird das laufende Experiment in Echtzeit beobachtet. Denn die ibidi Kanal-Slides, in welchen die Zellen so schön wachsen, sind optisch hochqualitativ, also störungsfrei lichtdurchlässig. Sonst ist das ein Widerspruch in sich, welchen aber die Erfinder von ibidi mit vielen patentbeschützten Innovationen zu verbinden wussten. Deshalb fällt auch in der Flusssituation hier der Blick frei auf lebende Zellkerne, Organellen und die Interaktion mehrerer Zellen selbst in hochauflösenden Mikroskopieverfahren.
„Das 1000. Pump System haben wir gerade nach Athen verschickt – und unsere ersten laufen immer noch stabil!“, freut sich Wolfgang Öffner, der die Elektropumpe klug konzipierte. Das ibidi Pump System hat seitdem viele wegweisende Zellexperimente ermöglicht. Die besten Ergebnisse erscheinen in international renommierten Fachzeitschriften (als sogenannte „Paper“), um den Fortschritt in Human- und Tierbiologie, Medizin und Pharmazie zu befördern.
Ein Beispiel für die Veränderungen von Zellen unter Fluss
Endothelzellen kleiden die Innenwände von Blutgefäßen aus. Sie reagieren augenfällig, wenn die zunächst über ihnen ruhende Flüssigkeit auf einmal in Bewegung gesetzt wird. Denn der Fluss übt auf sie einen mechanischen Reiz, in Form von Scherspannung (Shear Stress), aus. Unter der neuen Beanspruchung verändern sie schnell ihre Morphologie, also Aussehen und Struktur, indem sich ihr Zellskelett in Fließrichtung ausrichtet. Aber die mechanische Kraft des Flusses greift weitaus tiefer und beeinflusst die biochemische Funktion der Zelle. Denn sobald die „äußeren Antennen“ der Zelle (die Rezeptoren) das Fließen ihrer Umgebung spüren, motivieren sie die zelleigenen Gene endothelzell-typische Bausteine zu produzieren. Daraufhin entwickelt die Zelle besonders effiziente „Anker-Füßchen“ (Adhäsionsmoleküle), mit denen sie sich an der Oberfläche festhält und sich den Kräften des Flusses entgegenstemmt. Viele andere Vorgänge und Mechanismen lassen sich aus der veränderten Genexpression und Proteinsynthese für Zellen unter Fluss beobachten.
Schritte in die Zukunft
Die Eigenschaften des ibidi Pump Systems sind höchstgefragt. Denn die Zellbiologie in 3D strebt aktuell danach, gute zellbasierte Modelle von Sphäroiden und Organoiden, also räumliche Labor-Kleinstformen mit körperähnlichen Organfunktionen, zu entwickeln. Auch hier kommt das ibidi Pump System zum Einsatz. Denn anders als die statische Zellkultur der (Petri-)Schale hat es das vordringlichste Problem, der ständigen Versorgung von lebenden Zellen und Zellhaufen schon gelöst. Zudem liegt inzwischen eine Vielzahl kreativer ibidi Slides vor, welche der Forscherphantasie alle Möglichkeiten für Zellversuche bietet – mit unterschiedlichen Oberflächen, in mehreren Kanälen und Etagen, mit Wirkstoffreservoiren und computergesteuert fein veränderbaren Bedingungen. Sogar vier parallel arbeitende, unterschiedliche Experimente kann ein einziges Pump System zugleich bewegen.
„Wir verstehen uns als Vorreiter, um neue Wissenslücken mit unseren Produktinnovationen schließen zu helfen. Das Pump System ist eine davon – ihr Erfolg motiviert! Momentan erweitern wir den Funktionsumfang des Pump Systems, mit dem Ziel dreidimensionale Zellkulturen über sehr lange Zeiträume mit Nährstoffen zu versorgen. Dieser Übergang in die dritte Dimension ermöglicht die Nachbildung von menschlichen Organen oder auch Tumoren, um biomedizinische Untersuchung ohne Tierversuche unter körpertypischen Bedingungen durchzuführen.“, sagt Dr. Roman Zantl voraus.
Mehr zum Flüssigkeitssystem mit der ibidi-Pumpe:
Weitere Informationen zum ibidi Pump System finden Sie auf unserer Website.