Das neue Verfahren, genannt "High Thermal Conductivity Interface Technology" , erlaubt eine zweifache Verbesserung in Wärmeabführ gegenüber derzeit gängigen Verfahren. Dies ebnet den Weg für eine weitere Entwicklung kreativer Elektronikprodukte durch die Nutzung leistungsfähigerer Chips ohne komplexe und teure Systeme, um diese zu kühlen.
In dem Maß wie die Chipleistung analog zu Moore's Law steigt, ist effektive Chipkühlung eines der drängendsten Probleme für die Entwickler von Elektronikprodukten geworden. Das heute vorgestellte IBM Verfahren ist einer von mehreren Wegen, die derzeit von Wissenschaftlern am Züricher IBM Forschungslabor untersucht werden.
Der Ansatz, der von IBM verfolgt wird, adressiert den Verbindungspunkt zwischen dem heißen Chip und den verschiedenen Kühlkomponenten, die heute eingesetzt werden, um die Hitze abzuziehen, inclusive der Heat Sinks. Spezielle partikel-gefüllte viskoseartige Pasten werden typischerweise an diesen Schnittstellen eingesetzt, um sicherzustellen, daß Chips sich gemäß der Wärmeentwicklung ausdehnen und zusammenziehen können. Die dabei eingesetzten Pasten werden so dünn als möglich gehalten, um eine effiziente Wäremabfuhr vom Chip zu den Kühlkomponenten zu ermöglichen. Ein zu dünner Auftrag jedoch könnte den Chip beschädigen oder gar zerstören beim Einsatz konventioneller Technologien.
Unter Einsatz moderner Mikrotechnoloige haben IBM Forscher jetzt eine Chip-Kappe mit einem Netz von baumähnlich verzweigten Kanälen auf ihrer Oberfläche entwickelt. Das Muster wurde so entwickelt, daß im Falle einer Druckausübung die Paste gleichmäßiger verteilt wird und der Druck über den Chip hinweg gleichmäßig verteilt wird. Dies ermöglicht den Erhalt einer Gleichartigkeit bei zweifach geringerem Druck und zehnfach besserem Hitzetransport über die Schnittstelle.
Dieses bisher einzigartige und extrem leistungsfähige Design für Chipkühlung stammt aus der Biologie. Systeme hierarchischer Kanäle finden sich vielfach in der Natur, beispielsweise bei Blättern, Wurzeln oder im menschlichen Kreislauf. Diese bedienen sehr große Volumen mit geringer Energie, was für alle Organismen, die größer als einige Millimeter sind, äußerst bedeutsam ist. Altertümliche Wasserverteilsysteme hatten einen ähnlichen Ansatz.
Der vorgestellte Prototyp ist Teil einer großen Anstrengung innerhalb der Forschungs- und Entwicklungsorganisation von IBM, um die Kühlleistung der nächsten und künftiger Generationen von Computersystemen zu verbessern.
Der Kühlungs-"Flaschenhals" resultiert aus dem Hunger nach permanent leistungsstärkeren Computerchips und wird einer der ernsthaftesten Engpässe der Chipleistung insgesamt. Heutige Hochleistungschips erzeugen bereits eine Energiedichte von 100 Watt pro Quadratzentimeter - das entspricht bereits einer Größenordnung (i.e. Faktor 10) mehr als der einer typischen Kochplatte. Chips von morgen könnten sogar noch höhere Energiedichten erreichen, die Oberflächentemperaturen erzeugen würden, die der Sonnenoberfläche entsprächen (ca. 6000 Grad Celsius), würden sie nicht gekühlt werden. Gegenwärtige Kühlungstechnologien, hauptsächlich basierend auf verstärkter Luftumwälzung (Lüfter), die über Hitzeleiter mit dicht gepackten Ventilatoren blasen, haben mit der heutigen Generation von Elektronikprodukten ihre Grenzen voraussichtlich erreicht. Was die Situation verschlimmert, ist, daß die Energiemenge zur Kühlung von Computersystemen sich rasant der Energiemenge annähert, die für das Computing selbst erforderlich ist. Damit verdoppelt sich fast der Kostenblock für die Energieversorgung.
"Kühlung ist eine ganzheitliche Herausforderung - vom individuellen Transistor bis ins Rechenzentrum. Leistungsfähige Verfahren, die so nah als möglich an den Chip herangebracht werden, wo die Kühlung am meisten gebraucht wird, werden essentiell für die Bewältigung der Stromverbrauchs- und Kühlungsaufgaben sein", sagt Bruno Michel, Manager Advanced Thermal Packaging Research Group, IBM Forschungslabor Zürich.
Mit Blick jenseits der Grenzen von luftgekühlten Systemen haben die Züricher Forscher vor, ihr Konzept eines verzweigten Kanaldesigns weiter zu entwickeln. Dabei geht es um einen neuartigen und vielversprechenen Ansatz für Wasserkühlung. Unter dem Namen "Direct Jet Impingement" wird dabei Wasser auf die Rückseite eines Chips verteilt und wieder abgesaugt in einem komplett geschlossenen System, das aus einer Aufstellung von bis zu 50.000 winzigen Ausbringungspunkten und einer komplexen baumartigen Rückführungsarchitektur besteht.
Durch die Entwicklung eines komplett geschlossenen Systems gibt es kein Risiko, daß Kühlflüssigkeit mit der Elektronik auf dem Chip in Berührung kommt. Darüberhinaus war das IBM Team in der Lage, die Kühleigenschaften des Systems zu verbessern, indem Wege gefunden wurden, die Strukturen direkt auf der Rückseite des Chips aufzubringen und dadurch die Widerstand erzeugenden Wärmeschnittstellen zwischen Kühlsystem und Silizium zu vermeiden.
Die ersten Laborergebnisse sind beeindruckend. Das Team hat die Kühlung von Energiedichten von bis zu 370 Watt pro Quadratzentimeter mit Wasser als Kühlungsmittel nachgewiesen. Dies liegt weit jenseits der Grenzen gegenwärtiger Luft-Kühlungstechnologien, die circa 75 Watt pro Quadratzentimeter erreichen. Dennoch verbraucht das neue System viel weniger Energie für die Umwälzung als andere Kühlsysteme derzeit.